Lessico - Administration
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Über diesen Verpflichtungen steht jedoch die<br />
persönliche Haltung, als Unternehmer und Berufsausübender<br />
unabhängig zu sein. Diese<br />
Einstellung, die aus der Überzeugung heraus<br />
entstanden ist, das Richtige tun zu wollen und<br />
nicht bloss dem Recht zu genügen, macht den<br />
Unterschied aus: Unabhängigkeit!<br />
Der zentrale<br />
berufsethische Grundsatz des VSV<br />
Unabhängige Vermögensverwaltung ist ein<br />
Geschäft, das primär auf Vertrauen beruht.<br />
Dieses wird nicht geschenkt, sondern muss<br />
erworben und gepflegt werden.<br />
Die Unabhängigkeit, wie sie der VSV von<br />
seinen Mitgliedern erwartet, ist in dem gegenüber<br />
allen Marktteilnehmern im Vermögensverwaltungsgeschäft<br />
erzwingbaren Recht nicht<br />
verankert. Sie ist eines der Kernelemente, das<br />
die Mitglieder des VSV eint. Und sie ist ein berufsethischer<br />
Grundsatz, auf den sich die Aktivmitglieder<br />
des VSV freiwillig verständigen.<br />
Die Legitimität des Berufsstands unabhängiger<br />
Vermögensverwalter hängt stark<br />
von der unabhängigen Berufsausübung ab.<br />
Dort, wo das erzwingbare Recht die Behandlung<br />
von Interessenkollisionen nicht befriedigend<br />
lösen kann, vermag die Unabhängigkeit<br />
der Berufsausübung, wichtige<br />
Lösungsansätze zu vermitteln.<br />
Unabhängigkeit ist damit der zentrale berufsethische<br />
Grundsatz des VSV. Er beruht<br />
nicht nur auf einer inneren Haltung zur Berufsausübung.<br />
Verbunden mit (nach aussen<br />
getragener) Transparenz schafft sie die nötige<br />
Vermittlung und den richtigen Ausgleich zwischen<br />
kollidierenden Interessen.<br />
Berufsgeheimnis und Ethik<br />
Dass ethische Fragen die Diskussion oft über<br />
längere Zeiträume beherrschen, zeigt die Debatte<br />
um das Berufsgeheimnis der Banken<br />
und Effektenhändler in der Schweiz. Wie allen<br />
gesetzlich geschützten Berufsgeheimnissen<br />
liegt auch dem Bankkundengeheimnis<br />
ein ethisches Postulat 30) zu Grunde: Der<br />
Schutz der Privatsphäre des Individuums 31)<br />
vor der Einwirkung Dritter einschliesslich des<br />
Staats und dessen Organen.<br />
Diesem ethischen Postulat werden andere<br />
gegenübergestellt: Der Anspruch des Bürgers<br />
auf Sicherheit, 32) wie er unter anderem durch<br />
die Pflicht des Staats zur Verfolgung von<br />
Straftaten rechtlich erfasst wird, der demokratisch<br />
und rechtsstaatlich legitimierte Anspruch<br />
eines Staats auf Steuererhebung 33) und<br />
andere mehr.<br />
Auch in der heutigen Welt können legitime<br />
Gründe dafür bestehen, Vermögen und Einkünfte<br />
ins Ausland zu verlagern, selbst wenn<br />
dabei Steuer- und Devisenbestimmungen<br />
verletzt werden. Dass sich der Bürger der<br />
Konfiskation und der illegitimen Beschlagnahmung<br />
oder Vernichtung von Vermögens-<br />
30) Vgl. die Darstellung der verschiedenen Berufsgeheimnisse (Beichtgeheimnis, Arztgeheimnis, Postgeheimnis,<br />
Redaktionsgeheimnis etc.) in denaris 2/2001, Seite 24 ff.<br />
31) Wie auf der rechtlichen Ebene durch Art. 13 Bundesverfassung (BV), Art. 27 Schweizerisches Zivilgesetzbuch<br />
(ZGB), Art. 1 Datenschutzgesetz (DSG), Art. 321 ff. Strafgesetzbuch (StGB), Art. 47<br />
Bankengesetz (BankG), Art. 43 BEHG und weitere Erlasse gewährleistet.<br />
32) Das Konfliktpotenzial der beiden ethischen Postulate Schutz der Privatsphäre und Sicherheitsanspruch<br />
des Bürgers zeigt sich in besonderem Masse an der in den USA geführten Debatte um den so genannten<br />
Patriot Act, der im Rahmen der Bekämpfung terroristischer Aktivitäten den Behörden ausserordentlich<br />
weitreichende Befugnisse zum Eingriff in die Privatsphäre gibt und eine Überprüfung der Rechtmässigkeit<br />
dieser Eingriffe stark einschränkt.<br />
33) Die korrekte Bezahlung demokratisch legitimierter und rechtsstaatlich im Ausland erhobener Steuern<br />
durch die Steuerpflichtigen ist nicht nur rechtens, sondern stellt auch unter ethischen Gesichtspunkten einen<br />
legitimen Anspruch dar. Steuerflucht oder -hinterziehung sind kein allgemein legitimer Notwehrakt des<br />
Bürgers gegenüber seinem Staat. Krasse Ausnahmetatbestände, wie die illegitime Konfiskation mit vorgeschobener<br />
steuerlicher Begründung, bleiben allerdings vorbehalten.<br />
Ethik in der Vermögensverwaltung 69