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<strong>turrisbabel</strong> <strong>69</strong> März Marzo 2006 Peter Zumthor zum Thema Bauen in der Landschaft – Statements 27<br />
2<br />
1 Privathaus, Barbian<br />
2 Pension, Briol<br />
Fotos Ludwig Thalheimer<br />
Zürich. Vor 30 Jahren rief der Bau des Viadukts<br />
enorme Proteste hervor, heute ist<br />
dieser Ort der ‚In-Place’ von Zürich. Dinge<br />
sind in Bewegung, Änderung findet auch<br />
im Kopf der Menschen statt. Grundsätzlich<br />
kann man festhalten: Je mehr Landschaft<br />
man uns wegnimmt, umso unglücklicher<br />
sind wir. Wir sprechen von ‚zerstörten’<br />
oder ‚geschundenen’, aber nicht von ‚hässlichen’<br />
Landschaften. Wenn im Laufe der<br />
Entwicklung schließlich ‚Stadt’ entsteht,<br />
ist die Welt für uns wieder in Ordnung.<br />
Wie werden wir als Gestalter unserer Landschaften<br />
diesen gerecht? Wir müssen genau<br />
hinschauen, sie gern haben, lieben – vom<br />
großen Maßstab bis hin zu jedem einzelnen<br />
Blatt (konkret und nicht abstrakt, nicht akademisch<br />
oder juridisch). Wir müssen Sorge<br />
tragen, uns auch an der traditionellen Landwirtschaft<br />
ein Beispiel nehmen, die gleichzeitig<br />
ausbeutet und trotzdem aufpasst, dass<br />
die Landschaft erhalten bleibt. Wir müssen<br />
,das richtige Maß finden’, die richtige Menge,<br />
Größe, Form, also Harmonie oder auch<br />
Spannung (positive Gefühle können auch<br />
durch Akzente ausgelöst werden!). Was bedeutet<br />
das ‚richtige Maß’ bezogen auf die<br />
Landschaft? Das richtige Maß gibt die Landschaft<br />
selber vor – sie darf durch einen Eingriff<br />
nicht verschwinden. Es gilt, die Folgen<br />
unseres Tuns zu analysieren, zwischen<br />
‚Stadt denken’ und ‚Landschaft denken’<br />
abzuwägen und zu bewerten, in welche<br />
Richtung sich der Eingriff eigentlich bewegt.“<br />
Abschließend unterstreicht Zumthor, dass<br />
dies keine Rezepte für sicheres Gelingen<br />
seien. Er zitiert Luigi Snozzi, einen Meister<br />
der Tessiner Schule, der einmal sagte:<br />
„Baust du ein Haus, so denke Stadt.“ Und<br />
er widerspricht ihm gleich anschließend.<br />
Seiner Meinung nach trägt der Architekt<br />
meist eher zur reinen Zersiedlung bei; Verdichtung<br />
ist nicht steuerbar und er erlebt<br />
diese gar nicht mehr. „Wir sind verschieden,<br />
auch verschieden talentiert; vielleicht<br />
muss man den Anspruch ein wenig herunterschrauben,<br />
auf das, was man mit<br />
bestem Wissen und Gewissen eben kann.<br />
Man spürt den Einsatz, auch wenn nicht<br />
jeder Bau ein Meisterwerk ist.“