26.11.2012 Views

Download turrisbabel 69

Download turrisbabel 69

Download turrisbabel 69

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

92<br />

Reise<br />

Viaggi<br />

Julia Brunner<br />

Bauen in der Luft,<br />

zwischen Himmel und Erde<br />

Ich erinnere mich noch an die Frage Zumthors<br />

bei der Tagung „Bauen in der Landschaft“:<br />

Wie würdet ihr ein Haus auf dem<br />

Gipfel eines Berges bauen…? Und die Einsicht,<br />

dass es ein erfolgloser Versuch wäre,<br />

seine majestätische Würde nachzuahmen.<br />

Mit noch so viel Masse, noch so viel Größe<br />

oder noch so viel Raffinesse in der Ausarbeitung<br />

der Oberfläche, im Vergleich zum<br />

Berg selbst bliebe es ein kärgliches Nachahmen.<br />

Und überhaupt: Einen Bau in die<br />

Landschaft einfügen? Da entstehen Fragen<br />

wie: Soll es sich unauffällig mit den Elementen<br />

der Landschaft tarnen und darin<br />

untergehen? Oder ist es einfach nur das<br />

Wiederholen einer bereits existenten Formsprache<br />

und vorhandener Materialien?<br />

In Griechenland fand ich meine Antwort:<br />

Nicht den Berg nachahmen, sondern ihn<br />

miteinbeziehen, als Sockel, als Träger oder<br />

als festen Bestandteil des Gebäudes selbst.<br />

Und dann selber weiter formen, dem<br />

menschlichen Gebäude versuchen eine<br />

eigene Seele einzuhauchen, abgestimmt<br />

auf den Zweck oder die Situation.<br />

Die Meteora-Klöster<br />

Die Geschichte dieser pittoresken monastischen<br />

Felsenburgen begann damit, dass<br />

sich im 9. Jahrhundert Eremiten von 200<br />

März Marzo 2006 <strong>turrisbabel</strong> <strong>69</strong><br />

bis 300 m hohen Felsen in die Schluchten<br />

abseilten, um dort in Höhlen und Felsspalten<br />

Gebetsstellen zu errichten. Gut<br />

300 Jahre später, im 12. Jh., wurde der<br />

Grundstock zum ersten Klosterbau gelegt.<br />

Begründer des ersten Klosters war der<br />

Mönch namens Athanássios Kinovitis,<br />

auch Meteoritis genannt, der sich 1356 in<br />

der Gegend niederließ und auf dem 613 m<br />

hohen Platys-Lithos-Felsen „Metéora“<br />

gründete, was so viel bedeutete wie „in<br />

der Luft, zwischen Himmel und Erde, zu<br />

schweben“. Die Übersetzung braucht es<br />

eigentlich gar nicht; steht man vor diesen<br />

Felsen, die so plötzlich in den Himmel ragen,<br />

versteht man dieses „Schweben zwischen<br />

Himmel und Erde“ von selbst. Es<br />

ist ein beeindruckendes Panorama. Allein<br />

schon die wunderbare Struktur der Felsen:<br />

Obwohl aus Stein, erscheinen sie weich<br />

und strahlen etwas Mystisches aus, diese<br />

bizarren Felssäulen, auf deren Enden Klostermauern<br />

und -türme thronen, in denen<br />

gläubige Menschen sich ganz auf Gott<br />

konzentrieren und sich einem asketischen<br />

Dasein hingeben. In den folgenden 200<br />

Jahren entstanden weitere Klöster. Sogar<br />

nach dem Zerfall des Byzantinischen Reiches<br />

im 15./16. Jh. und der darauf folgenden<br />

Türkenherrschaft konnten sich die<br />

Klöster ihre Eigenständigkeit durch Tribut-

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!