german open 2012 - Erste Westernreiter Union Deutschland e.V.
german open 2012 - Erste Westernreiter Union Deutschland e.V.
german open 2012 - Erste Westernreiter Union Deutschland e.V.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
pferderecht<br />
Ein aktueller Rechtsfall: Pferdehalterin zu 27.000 Euro Geldstrafe<br />
verurteilt wegen tierschutzwidriger Tierhaltung<br />
Tierschutz im Wandel?<br />
In den letzten Monaten wurde in namhaften<br />
Pferdezeitungen, und nicht nur dort, ein Urteil<br />
des Amtsgerichts Starnberg publiziert und diskutiert,<br />
da dieses Gericht eine Pferdehalterin zu<br />
einer Geldstrafe von 27.000 Euro wegen Tierquälerei<br />
verurteilte.<br />
Was ist nun so besonders an dieser Verurteilung?<br />
Dazu soll hier ein wenig weiter<br />
ausgeholt werden:<br />
Das erste deutsche Tierschutzgesetz wurde am<br />
24. November 1933 verabschiedet. Der Tierschutz<br />
war jedoch im Nationalsozialismus den<br />
ökonomischen Zielen untergeordnet. Ein neuer<br />
Anlauf erfolgte 1972, insbesondere durch die<br />
Publikationen von Horst Stern. Im Mai 2002<br />
wurde der Tierschutz auch in das Grundgesetz<br />
aufgenommen, um ihm mehr Gewicht zu verleihen.<br />
Eine weitere Reform des Tierschutzgesetzes<br />
wurde soeben beschlossen. Demnach sollen<br />
Pferde nicht mehr gebrandmarkt werden.<br />
Das Tierschutzgesetz umfasst die wesentlichen<br />
Vorschriften zur Tierhaltung, zur Tötung von<br />
Tieren, zu Eingriffen und Versuchen an Tieren<br />
sowie zahlreichen Regelungen betreffend Zucht<br />
und Handel mit Tieren.<br />
Der Kernsatz lautet: Niemand darf einem Tier<br />
ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden<br />
oder Schaden zufügen.<br />
Das Amtsgericht Starnberg hat eine Pferdehalterin<br />
nun zu 27.000 Geldstrafe verurteilt, da sie<br />
wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz<br />
in drei Fällen schuldig gesprochen wurde.<br />
Als tierschutzwidrig hat das Gericht angesehen,<br />
dass seit April 2009 die Angeklagte ihre Pferde<br />
dauerhaft in Einzelboxen ohne die Möglichkeit<br />
des Freilaufs auf Koppel oder Paddock hielt. Den<br />
Pferden war es in den Einzelboxen nicht möglich,<br />
ihr angeborenes Sozialverhalten artgemäß<br />
auszuleben. Bei den Tieren wurden Muskelverspannungen<br />
und erhebliche Rückenschmerzen<br />
festgestellt. Bei den täglichen, ca. einstündigen<br />
Trainingseinheiten wurden die Pferde derart<br />
stark ausgebunden, dass durch die Hyperfl exionsstellung<br />
schmerzhafte Muskelverspannungen<br />
im Nacken-, Hals- und Rückenbereich<br />
entstanden. Der Einsatz von Sporen und Gerte<br />
fügte den Pferden wiederholt offene blutende<br />
Wunden zu.<br />
Was ist nun besonders an diesem Urteil?<br />
Das Besondere ist, dass ein Gericht den zuvor<br />
zitierten Leitgedanken des Tierschutzgesetzes<br />
inhaltlich in Bezug auf die Pferdehaltung ausgefüllt<br />
hat. Dieses Gericht hat eine Pferdehaltung<br />
und Pferdeausbildung, die hierzulande immer<br />
noch weit verbreitet ist, erstmalig in erheblichem<br />
Maße sanktioniert.<br />
Mit diesem Urteil dürfte ein Grundstein dafür<br />
gelegt sein, ein Umdenken in der Pferdehaltung<br />
und Pferdeausbildung herbeizuführen. Jeder<br />
Pferdehalter, der seinem Pferd keinen regelmäßigen<br />
Auslauf und natürliches Sozialverhalten<br />
ermöglicht, muss nunmehr damit rechnen, dass<br />
ein Einschalten von Behörden auch mit erheblichen<br />
strafrechtlichen Konsequenzen verbunden<br />
sein kann.<br />
Es bleibt abzuwarten, ob dieses Urteil auch in<br />
der Berufung Bestand hat und ob ein Umdenken<br />
bei den Pferdehaltern einsetzt, die immer<br />
noch nichts Ungewöhnliches darin sehen, ihre<br />
Pferde 24 Stunden in der Box zu halten.<br />
Susanne Güldenpfennig-Hinrichs,<br />
Rechtsanwältin u. Notarin, Hameln<br />
Susanne Güldenpfennig-Hinrichs ihres Zeichens Rechtsanwältin und Notarin, ist als Juristin<br />
spezialisiert auf Pferderecht. Seit 1995 bearbeitet Susanne Güldenpfennig-Hinrichs Pferdesachen;<br />
vor allem seit der Schuldrechtsreform ist sie fast ausschließlich in diesem Bereich tätig<br />
und übernimmt bundesweit und international Fälle.<br />
WESTERNREITER – August <strong>2012</strong>