german open 2012 - Erste Westernreiter Union Deutschland e.V.
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przewalskipferde<br />
erhalten, setzt man Pferde und Rinder ein, um<br />
die Flächen zu beweiden. Das robuste Urwildpferd<br />
ist hierfür ein perfekter Kandidat. Neben<br />
diesen Beweidungsprojekten haben sich auch<br />
anderweitige Gehege etabliert, in denen die<br />
Takhis gehalten werden. Man versucht dabei so<br />
wenig wie möglich in das Leben der Pferde einzugreifen,<br />
dennoch ist es in strengen Wintern<br />
manchmal doch nötig, Heu zuzufüttern, wie die<br />
Gebietsbetreuerin des Reservats im Tennenloher<br />
Forst, Wiebka Bromisch, berichtet. Auch kranke<br />
Pferde werden mit Medikamenten versorgt.<br />
Bekannte so genannte Semi-Reservate stellen<br />
beispielsweise die Schorfheide in Bandenburg,<br />
der Naturpark Lelystad in Holland, Buchara in<br />
Usbekistan, der Tennenloher Forst in Bayern,<br />
das Reservat Sprakel im Emsland, der Clocaenog<br />
Forest in England, Askania Nova in der<br />
Ukraine, dem Reservat Le Villaret in Frankreich,<br />
Altyn Emel in Kasachstan oder der Nationalpark<br />
Neusiedler See im österreichischen Burgenland<br />
dar. Dabei werden jeweils eine kleine Gruppe<br />
von Pferden gehalten, wobei zu Zuchtzwecken<br />
einzelne Tiere untereinander ausgetauscht werden.<br />
So wurde im Mai <strong>2012</strong> vom Tierfreigehege<br />
in Ludwigsthal im Bayerischen Wald der Hengst<br />
Karol in die reine Hengstgruppe nach Tennenlohe<br />
gebracht, weil er zu alt und damit zu aggressiv<br />
geworden war, um in der Ludwigsthaler<br />
Gruppe zu verbleiben. In Ludwigsthal steht eine<br />
gemischte Herde mit einem Hengst, der 2011<br />
aus Tennenlohe umgesiedelt wurde, der vorige<br />
Hengst ging dafür nach Berlin. Somit sorgt man<br />
für frisches Blut und beugt möglichst Inzuchten<br />
vor.<br />
■ Aussterben vorprogrammiert?<br />
Die Austauschprogramme erfordern ein ausgeklügeltes<br />
System, um die Inzucht zu verhindern.<br />
Aufgrund der geringen Anzahl von Pferden, mit<br />
denen man die Nachzucht der Rasse beginnen<br />
musste, ist der Genpool bereits stark verarmt,<br />
so dass es zu Trächtigkeitsproblemen und Degenerationserscheinungen<br />
kommt. Um das Fortbestehen<br />
einer Art zu sichern, sollten mindestens<br />
10000 Exemplare zur Verfügung stehen, leider<br />
aber existieren aktuell lediglich 2000 Individuen<br />
der Rasse. Ein Pfleger der Przewalskipferde<br />
in Ludwigsthal sieht deshalb keine guten Chancen<br />
für den langfristigen Fortbestand der Rasse.<br />
„Ich fürchte, die Przewalskis werden trotz aller<br />
Bemühungen über kurz oder lang aussterben“,<br />
erzählt er wehmütig, „die degenerativen Erscheinungen<br />
infolge der unvermeidlichen Inzucht<br />
aufgrund zu weniger Individuen fordern<br />
ihren Tribut.“<br />
Das Europäische Erhaltungszucht-Programm für<br />
Przewalskipferde (EEPP) sieht die Wiedereinbürgerung<br />
von ingezüchteten Pferden ebenfalls<br />
skeptisch: Von den Pferden werde eine große<br />
Anpassungsfähigkeit an die neue Umgebung<br />
verlangt. Viele untereinander eng verwandte<br />
Pferde würde zur Folge haben, dass der Genpool<br />
nicht variabel genug wäre. Eine hohe Variabilität<br />
wäre allerdings Voraussetzung, um<br />
starke Individuen hervorzubringen, die den<br />
Umweltbedingungen und Lebensumständen<br />
gewachsen seien.<br />
Andere Institutionen sind zuversichtlicher und<br />
hoffen auf eine langfristige Etablierung der Rasse<br />
in der mongolischen Heimat. Auch im ungarischen<br />
Nationalpark Hortobágy werden Przewalskipferde<br />
ausgewildert. Auf über 100000<br />
Hektar breitet sich das größte mitteleuropäische<br />
Steppengebiet aus, in welches das 2400 Hektar<br />
große Semi-Reservat, ein Gebiet namens Pentezug,<br />
integriert ist. Hier erhofft man sich unter<br />
anderem Erkenntnisse über die soziale Strukturierung<br />
der als besonders aggressiv geltenden<br />
Wildpferde. Auch die Zuchtbemühungen kön-<br />
WESTERNREITER – August <strong>2012</strong><br />
nen sich sehen lassen. Vor allem hat die Kölner<br />
Stute „Ashnai“ mit seit sieben Jahren jährlich<br />
einem Fohlen einen großen Betrag zur Arterhaltung<br />
geleistet.<br />
■ Herbe Rückschläge und neue Hoffnung<br />
Nicht alle Auswilderungsversuche waren von<br />
Erfolg gekrönt. Im Jahr Sommer 2003 wurden<br />
vom Zoo Hellabrunn in München acht Przewalskipferde<br />
zunächst nach Altyn Emel gebracht,<br />
einem etwa drei Hektar großem Gehege, in<br />
dem sich die Pferde aklimatisieren sollten. Leider<br />
überlebten drei Pferde das erste Jahr nicht.<br />
Zwei Pferde erkrankten und starben an Frühsommermeningitis,<br />
ein Pferd blieb vermisst. Mit<br />
Impfungen versuchte man, die gesundheitlichen<br />
Probleme in den Griff bekommen. Doch auch<br />
hier sieht man die Wiedereinbürgerungsversuche<br />
kritisch, weil die Tiere einer einzigen Linie<br />
entstammen und sich keine genetische Vielfalt<br />
entwickeln kann.<br />
Allen Unkenrufen zum Trotz entwickelte sich<br />
die Pferdepopulation der ausgewilderten Pferde<br />
recht positiv. Die Anzahl der Pferde stieg<br />
auf 137 Takhi an, bis der sehr strenge Winter<br />
2009/2010 seinen Tribut forderte: 89 Pferde<br />
mussten ihr Leben lassen. Sie verhungerten<br />
oder erfroren. Auch mehrere Tausend Schafe<br />
und viele Rinder fielen dem harten Winter zum<br />
Opfer. Für die Wiederansiedelungsprojekte war<br />
dies ein herber Rückschlag.<br />
Mittlerweile sind diverse Auswilderungprojekte<br />
auf Eis gelegt worden, zumal der Transport eines<br />
Pferdes in die Mongolei mit immensen Kosten<br />
verbunden ist. In nächster Zeit sind deshalb<br />
keine Pferdetransporte in die Mongolei oder<br />
nach Kasachstan geplant. Dennoch bleiben die<br />
Bemühungen nicht aus, die Art langfristig zu<br />
erhalten. Eine feste Etablierung in der mongolischen<br />
Heimat scheint zwar nicht so schnell, aber<br />
hoffentlich in der Zukunft doch möglich zu sein.