unilex 1–2/2007 - ULV
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che nach den am besten Geeigneten ist vielmehr auch eine<br />
Prognoseentscheidung 47 : Neben den bisherigen Leistungen<br />
wird auch in Rechnung zu stellen sein, welche/r Bewerber/in<br />
über ein für das zu vertretende Fach erforderliches Entwicklungspotenzial<br />
verfügt 48 . Auch andere Parameter können auf<br />
die Bewerber/innen (zusätzlich) angelegt werden: Neben<br />
Erfahrung in der Praxis und/oder im Ausland, besonderen<br />
Forschungsschwerpunkten oder der Breite des bisherigen<br />
Oeuvres 49 kommen etwa auch fremdsprachiges Publizieren,<br />
Verankerung in internationalen Netzwerken oder Drittmitteleinwerbung<br />
in Betracht. Auch die Eignung zur Führungskraft<br />
lässt sich (bis zu einem gewissen Ausmaß) objektiviert<br />
feststellen 50 . Dass all diese Maßstäbe auf alle Bewerber/innen<br />
gleichermaßen angewendet und die Kriterien in einem Konnex<br />
zur Professur stehen müssen, liegt auf der Hand.<br />
Und weil das UG nicht bzw. nicht ausschließlich auf quantifizierbare<br />
Leistungen abstellt, ist bei der Auswahlentscheidung<br />
weiters zu berücksichtigen, unter welchen Umständen<br />
die bisherigen Leistungen erbracht wurden. Quantitative<br />
Minderleistungen können z.B. im Umstand einer Teilzeitbeschäftigung,<br />
einer (führenden) Tätigkeit im Betriebsrat<br />
oder Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen oder einer<br />
vorübergehenden oder partiellen Zuteilung zu einer Verwaltungseinrichtung<br />
(z.B. PR- oder Rechtsabteilung) begründet<br />
sein. Gender Mainstreaming-konforme Personalauswahlentscheidungen<br />
sind sensibel hinsichtlich der Lebensläufe, des<br />
>> orGANIsATIoNsrEchT<br />
Verhältnisses von Lebensrealität zur wissenschaftlichen Leistung<br />
oder hinsichtlich rollenstereotyper Zuschreibungen 51 .<br />
Die Gutachten haben sich oftmals nicht auf die bloße Eignungsfeststellung<br />
zu beschränken, sondern den Bewerber/<br />
innen/kreis einzuschränken 52 . Dazu werden vereinzelt auch<br />
Formblätter verwendet 53 . Die Gutachten sollten innerhalb<br />
von 6-8 Wochen 54 , 2 Monaten 55 oder 3 Monaten 56 übermittelt<br />
werden. Vereinzelt ist vorgesehen, dass das Verfahren<br />
fortgesetzt wird, wenn bei Fristablauf zumindest drei Gutachten<br />
vorliegen 57 .<br />
Die Gutachten sind für die Berufungskommission Hilfsmittel<br />
zur Beurteilung der Qualifikation. Die Kommission<br />
hat sich in weiterer Folge also mit den Gutachten auseinanderzusetzen<br />
und sich ein eigenes Urteil zu bilden. Dabei<br />
kann die Kommission einzelnen Punkten folgen oder diese<br />
ablehnen. Eine eigene Beurteilung der Sachfrage „Qualifikation“<br />
setzt aber entsprechendes Fachwissen voraus; hält die<br />
Berufungskommission ein Gutachten für mangelhaft und<br />
verfügt sie nicht selbst über das notwendige Fachwissen,<br />
so muss sie Ergänzungen oder weitere Gutachten einholen.<br />
Erforderlich ist, dass die abschließende Bewertung nachvollziehbar<br />
begründet ist - und zwar sowohl im Gutachten selbst<br />
als auch durch die Berufungskommission.<br />
Der Zugang zu den Gutachten wird an den meisten Universitäten<br />
offenbar sehr restriktiv gehandhabt. Lediglich an<br />
der TU Graz, an der WU Wien und an der Universität für<br />
47 Ebenso bereits Thienel, Berufungsverfahren 240: „Bei den für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Kriterien geht es letztlich<br />
um eine Prognoseentscheidung, ob zu erwarten ist, dass der Kandidat die Aufgaben als Professor besser als die anderen Kandidaten<br />
erfüllen werde.“<br />
48 Vgl. etwa Universität Linz oder Veterinärmedizinische Universität, wo die Gesamtbeurteilung zwar auf den durch die Bewerbung<br />
vermittelten Grundlagen aufbauen, dennoch aber auch „im Sinn einer Potenzialanalyse zukunftsorientiert sein soll“.<br />
49 So bereits Thienel, Berufungsverfahren 240.<br />
50 Vgl. etwa die DIN 33430 („Anforderungen an Verfahren und deren Einsatz bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen“), welche<br />
sich auf die Planung, Durchführung und Auswertung von Verfahren, die Interpretation der Ergebnisse und die Anforderungen an<br />
die Qualifikation der an der Eignungsbeurteilung beteiligten Personen bezieht. So macht etwa im Rahmen eines Berufungsverfahrens<br />
an der Universität für Bodenkultur eine Personalberatungsfirma eine Potenzialanalyse, die nach DIN 33430 zertifiziert ist.<br />
Näher zur Eignungsdiagnostik etwa Gourmelon, Die Bedeutung der DIN 33430 für die Management-Diagnostik, in Etzel/Etzel (Hg),<br />
Managementdiagnostik in der Praxis (2005) 19; Westhoff ua (Hg), Grundwissen für die berufsbezogene Eignungsbeurteilung nach<br />
DIN 33430 (2004); Hornke/Winterfeld (Hg), Eignungsbeurteilung auf dem Prüfstand: DIN 33430 zur Qualitätssicherung (2004).<br />
51 § 5 Bundes-GleichbehandlungsG gebietet, dass bestimmte Auswahlkriterien (z.B. Teilbeschäftigung, Lebensalter, Familienstand,<br />
Betreuungsverpflichtungen) nicht diskriminierend herangezogen werden dürfen. An der Universität Linz und der Veterinärmedizinischen<br />
Universität ist explizit angeordnet, dass spezifisch weibliche Lebens- und Karriereverläufe zu berücksichtigen sind. Zur<br />
geschlechtergerechten Personalauswahl an Universitäten vgl. insb. Barbara Hey/Julia Neissl, Gender Proofing des Auswahlverfahrens<br />
für ProfessorInnen an der Karl-Franzens Universität Graz (2005) (http://www.uni-graz/kffwww/pdf_dateien/STUDIE.pdf).<br />
52 An der Universität Graz, der Universität Linz und der Veterinärmedizinischen Universität haben die Gutachter/innen die fünf am<br />
besten Geeigneten zu benennen und vergleichend zu beurteilen; an der WU Wien sind die für Listenplätze in Aussicht genommenen<br />
Bewerber/innen vergleichend zu beurteilen.<br />
53 So etwa Universität Graz, Universität Linz, Veterinärmedizinische Universität.<br />
54 So z.B. Universität Linz, Veterinärmedizinische Universität.<br />
55 So z.B. TU Graz, Universität für Bodenkultur.<br />
56 So z.B. TU Wien, Universität Salzburg, Universität Graz.<br />
57 So z.B. TU Wien, Universität Linz, Veterinärmedizinische Universität. Bei Säumnis mehrerer Gutachter/innen entscheidet die<br />
Berufungskommission an der TU Wien auf Basis der nach 4 Monaten vorliegenden Gutachten.<br />
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UNILEX <strong>1–2</strong>/<strong>2007</strong>