unilex 1–2/2007 - ULV
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Jetzt sind auch wir in Saarbrücken dabei, „auf BA/MA umzustellen“.<br />
Ob und inwieweit es Personalmanagement überhaupt<br />
in der Lehre noch geben wird, ist offen. Auf keinen<br />
Fall wird durch diese Umstellung die Ausbildungsqualität<br />
aus dem integrierten 5-Jahres-Programm erreicht werden.<br />
Dass die substanzielle Breite fehlt, liegt auf der Hand. Aber<br />
selbst wenn man sich nur auf eine (einseitige) Spezialisierung<br />
in Personalmanagement („Master in Personalmanagement“)<br />
konzentrieren würde, ist das Ergebnis mit Fragezeichen besetzt:<br />
Denn man müsste in den vier Semestern gleichzeitig<br />
betriebswirtschaftliche Grundlagen vermitteln (da ja auch<br />
Nicht-Betriebswirte in diesem Masterprogramm studieren<br />
werden) und eine Vertiefung in Personalmanagement anbieten.<br />
Das ist schwer realisierbar. Und falls man sich auf einen<br />
Teilbereich des Personalmanagements beschränken würde<br />
(„Master in Personalentwicklung“), wäre das Ergebnis noch<br />
weniger berauschend: Es gäbe einige allgemeine BWL-Kurse<br />
und etwas Personalentwicklung. Die Absolventen/innen<br />
dieses Studienganges – und solche Mini-Master gibt es schon<br />
– sind danach allenfalls qualifiziert, Personalentwicklungsprogramme<br />
zu konzipieren und „nett über Personalentwicklung<br />
zu plaudern“. Aber bereits bei der Frage nach einer<br />
Personalstrategie oder der Gestaltung einer Stellenanzeige<br />
werden sie abwinken. Also: Auch das kann es eigentlich<br />
nicht sein!<br />
Um es im Ergebnis ganz deutlich zu sagen: Die Aufbauarbeit<br />
von über 20 Jahren in Saarbrücken, die (und dies lässt sich<br />
durch externe Aussagen belegen) zu einer der zentralen Professuren<br />
für Personalmanagement geführt hat, ist auf einen<br />
Schlag zunichte gemacht. Dies macht betroffen, ratlos und<br />
deprimiert.<br />
Was sind generell die bisherigen<br />
Erfahrungen?<br />
Weder Studierende noch Unternehmen als „Abnehmer“ wurden<br />
und werden ernsthaft in die Diskussion einbezogen: Es<br />
gab nie eine Meinungsbildung bei Kunden/innen (und auch<br />
nicht bei Hochschulen als Produzentinnen) zum Thema<br />
„Bologna: Ja oder Nein?“ – allenfalls Marginaldiskussionen<br />
zu Umsetzungsdetails. Also: Autoritär statt demokratisch!<br />
Sieht man von letztlich nicht zulässigen zwangskonsekutiven<br />
Programmen ab, kann man im Prinzip von jedem Bachelor<br />
zu jedem Master wechseln, solange man nur ausreichend<br />
Stunden vorweist. Dies bedeutet, dass ein Master kaum auf<br />
irgendetwas aufbauen und sich kaum vom Bachelor unterscheiden<br />
kann: Alles fängt immer wieder bei Null an. Also:<br />
Qualitätsabsenkung statt Exzellenz!<br />
Bereits oben wurde darauf hingewiesen, dass Bologna eine<br />
wahre Bürokratielawine losgetreten hat. Vor diesem Hintergrund<br />
ist die Einführung neuer Kurse und aktueller Lehrinhalte<br />
unmöglich. Also: Bürokratie statt Flexibilität!<br />
Systemumstellungen, zwangsläufig ineffiziente Modulsysteme<br />
und vor allem die europaweite Administration hin zu<br />
einem Europäischen Einheitshochschulraum verschlingen<br />
Unsummen. So musste beispielsweise Bayern alleine für die<br />
Gebühren, die von den Akkreditierungsagenturen kassiert<br />
wurden, rund 100 Millionen Euro einplanen. In dieser Summe<br />
ist der tatsächliche Aufwand der Hochschulen ebenso<br />
wenig eingerechnet wie die Kosten für „Akkreditierungsberatung“<br />
und „Akkreditierungsmitarbeiter“. Also: Kostensteigerung<br />
statt Kostenneutralität!<br />
Zumindest in Österreich und Deutschland verbringen Dozenten/innen<br />
gegenwärtig immer mehr Zeit damit, Tonnen<br />
unsinnigen Papiers zu produzieren, die von Akkrediteuren,<br />
Evaluatoren/innen und Kommissionen Schritt für Schritt zu<br />
Tonnen unsinniger Gutachten verarbeitet werden. Zudem<br />
weiß kaum jemand, wie man ein früher stimmiges Lehrprogramm<br />
in exakt reglementierte und weitgehend fixierte<br />
Module festschreiben soll. Also: Innovationshemmend statt<br />
fortschrittsfördernd!<br />
Die angekündigte Internationalisierungswelle führt gegenwärtig<br />
allenfalls dazu, dass an manchen Hochschulen österreichische<br />
Dozenten/innen vor österreichischen Studierenden<br />
in Englisch unterrichtet werden. Ansonsten macht es die<br />
verschulte Modulstruktur immer schwieriger, während der<br />
Bachelor- oder Masterphase ins Ausland zu gehen. Zudem<br />
haben die Amerikaner laut Newsweek angekündigt, dass für<br />
sie Europa immer weniger interessant werde, weil hier die<br />
Hochschulen überlastet, überevaluiert und unterfinanziert<br />
sind. Also: Nationalisierung statt Internationalisierung!<br />
Es wird immer zweifelhafter, ob ein Bachelorprogramm<br />
tatsächlich in drei Jahren Studienzeit studiert werden kann,<br />
wenn Praktika und Auslandsaufenthalte integriert werden<br />
sollen. Addiert man jetzt noch rund zwei Jahre für ein<br />
Masterprogramm dazu, hat sich der Mythos einer Studienzeitverkürzung<br />
in Luft aufgelöst. Gleichzeitig gibt es eine<br />
dramatisch verschulte Festschreibung der Arbeitsleistung,<br />
verbunden mit dem aus der Existenz von Studiengebühren<br />
abgeleiteten Postulat nach Überschneidungsfreiheit. Folgerichtig<br />
werden viele Kurse am Samstag und in der vorlesungsfreien<br />
Zeit stattfinden müssen. Also: Studienzeitverlängerung<br />
statt Verkürzung!<br />
Inzwischen gibt es Lehrbücher, die damit werben, „auch<br />
für Bachelors“ lesbar zu sein. Zudem nimmt der Anteil der<br />
Schulungsunterlagen mit dem Untertitel „Einführung“ überproportional<br />
zu. „Richtige“ Lehrbücher werden aussterben.<br />
Letztlich sind bald alle Kurse nur noch Einführungen, weil<br />
in der aktuellen „Modulvielfalt“ kaum noch ein Kurs verpflichtend<br />
auf irgendeinem anderen aufbauen kann: Für<br />
Studierende vielleicht auf den ersten Blick ein Paradies, für<br />
die Praxis ein mittelfristiges Fiasko. Also: Verflachung statt<br />
Spitzenleistung!<br />
>> sTUdIENrEchT<br />
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UNILEX <strong>1–2</strong>/<strong>2007</strong>