unilex 1–2/2007 - ULV
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dieser Fragen ein Gutachten einholen kann“ 94 . Auch die<br />
Universität Innsbruck fordert von ihrem eigenen Personal,<br />
dass dieses „im Verhältnis zu den externen Bewerber/inne/n<br />
über eine besonders herausragende Eignung verfügt“ 95 . An<br />
der Wirtschaftsuniversität Wien sind Hausberufungen im<br />
Hinblick auf bestimmte Kriterien „besonders zu begründen,<br />
wenn die/der an der Universität Habilitierte noch keinen<br />
Ruf auf eine Professur an eine andere Universität erhalten<br />
hat“ 96 . Dann ist zu prüfen ist, ob sie/er „1. eine besondere<br />
z.B. im Rahmen eines Berufungsverfahrens deutlich gewordene<br />
Reputation in der Scientific Community aufzuweisen<br />
hat 97 und 2. während der wissenschaftlichen Laufbahn eine<br />
einschlägige mindestens einjährige (= akademisches Studienjahr)<br />
hauptberufliche Tätigkeit an einer anderen Universität<br />
oder gleichrangigen Forschungseinrichtung nachweisen<br />
kann“. Ähnlich ist die Klagenfurter Regelung, dass<br />
die Berufungskommission „besonders zu prüfen hat, ob<br />
die/der Bewerber/in eine besondere, z.B. im Rahmen eines<br />
Berufungsverfahrens deutlich gewordene Reputation in der<br />
Scientific Community aufzuweisen hat und ob ausreichend<br />
Erfahrung mit wissenschaftlicher Tätigkeit an einer anderen<br />
Universität oder gleichrangigen Forschungseinrichtung vorliegt;<br />
wird eine solche Person durch die Berufungskommission<br />
in den Besetzungsvorschlag aufgenommen, ist vor der<br />
Weiterleitung des Vorschlags an die Rektorin/den Rektor<br />
eine Stellungnahme des Senats durch geheime Abstimmung<br />
einzuholen, die ebenfalls der Rektorin/dem Rektor vorzulegen<br />
ist“ 98 . An objektivierbare Kriterien knüpft auch die<br />
Regelung der Medizinuniversität Innsbruck an: „Reihung<br />
in einem Berufungsverfahren einer anderen Universität als<br />
Rang 1-3 oder Leitung eines mehr als 3jährigen Forschungsprojektes,<br />
das einem internationalem Evaluierungsverfahren<br />
(peer-reviewed) unterzogen wurde“.<br />
Bei einigen dieser Regelungen stellt sich freilich die Frage,<br />
warum es gerechtfertigt erscheint, vom hauseigenen Personal<br />
Zusatzqualifikationen zu verlangen. Warum müssen<br />
sie „Listenplätze“ oder gar einen „Ruf“ vorweisen oder ein<br />
„mehr als dreijähriges international evaluiertes Forschungsprojekt“<br />
geleitet haben und ihre Mitbewerber/innen nicht?<br />
Ist es tatsächlich sachlich, Zusatzqualifikationen vorzusehen,<br />
die von hausfremden Bewerber/inne/n nicht erfüllt werden<br />
müssen? Der Berufungsvorschlag hat nach § 98 Abs. 7 UG<br />
die am besten Geeigneten zu enthalten. Diesen Grundsatz<br />
kann die Satzung nicht außer Kraft setzen, indem sie von<br />
Hausbewerber/inne/n zusätzliche Qualifikationen fordert.<br />
Ist die/der Hausbewerber/in – auch ohne die Zusatzqualifikationen<br />
– unter den drei am besten Geeigneten, so ist sie/er<br />
auch dann in den Besetzungsvorschlag aufzunehmen, wenn<br />
sie/er die von der Satzung aufgestellten Zusatzkriterien nicht<br />
erfüllt 99 . Es wäre gesetzeswidrig, eine/n schlechter Qualifizierte/n<br />
zu nominieren, nur weil die/der besser qualifizierte<br />
Hausbewerber/in z.B. noch keinen Ruf an eine andere Uni-<br />
94 Unklar bleibt bei dieser Formulierung, ob die/der Hauskandidat/in eindeutig besser als alle anderen Bewerber/innen sein muss<br />
oder ob es genügt, dass sie/er eindeutig besser als die hinter ihr/ihm gereihten bzw. nichtgereihten Bewerber/innen ist. Mit anderen<br />
Worten: Darf mit einer/einem Salzburger Dozent/in nur verhandelt werden, wenn sie/er mit Abstand Erstgereihte/r ist? Oder reicht<br />
auch ein dritter Listenplatz, weil sie/er zwar etwas weniger brillant ist als die ersten beiden, aber deutlich besser als die anderen<br />
Bewerber/innen? Nachdem das UG die „am besten Geeigneten“ auf dem Vorschlag sehen will, wird man - gesetzeskonform interpretierend<br />
- der zweiten Variante den Vorzug geben müssen; es muss also ausreichen, dass man als Zweite/r oder Dritte/r besser ist<br />
als die danach bzw. gar nicht gelisteten Bewerber/innen. Die Beurteilung, ob ein/e Hauskandidat/in „eindeutig besser“ ist, kann<br />
auch bereits durch die Berufungskommission erfolgen, in dem sie sie/ihn in einem gereihten Vorschlag nicht aequo loco platziert.<br />
Bei aequo loco-Platzierung oder nicht gereihtem Vorschlag kann die Rektorin bzw. der Rektor ein Gutachten einholen.<br />
95 Hier stellen sich ähnliche Fragen wie bei der Salzburger Regelung: Muss die/der Innsbrucker/in im Vergleich zu allen Bewerber/innen<br />
besonders herausragend geeignet sein oder nur im Vergleich zu den hinter ihr/ihm gereihten? Nachdem von Gesetzes wegen die „drei<br />
am besten Geeigneten“ auszusuchen und in den Besetzungsvorschlag aufzunehmen sind, wird eine gesetzeskonforme Regelung wohl<br />
auf „besser als die dahinter gereihten Bewerber/innen“ reduziert werden müssen.<br />
96 WU Wien. Ein (allenfalls auch abgelehnter) Ruf an eine andere Universität ist in manchen Fächern ein nur schwer überwindbares<br />
Hindernis auf dem Weg zu einer Professur an der Universität, an der sich die/der Bewerber/in habilitiert hat. Die Ausübung einer<br />
§ 99-Professur an einer anderen Universität müsste diesen Tatbestand freilich bereits erfüllen.<br />
97 Heißt das „Ruf“ oder „Listenplatz“ oder „mehrere Listenplätze“ und muss das Berufungsverfahren zwingend an einer anderen Universität<br />
stattgefunden haben? Die Formulierung lässt mehrere Nachweise der Reputation in der Scientific Community zu. Zu berücksichtigen<br />
ist darüber hinaus, dass die Reputation auch durch andere Leistungen nachgewiesen werden könnte: z.B. Hauptvortrag bei<br />
der Jahrestagung der Fachvertreter/innen oder bei einem großen internationalen Kongress. Auf solche zusätzlichen Nachweise sollte<br />
insb. dann zurückgegriffen werden, wenn die Möglichkeit, einen Listenplatz oder gar einen Ruf zu erwerben, wegen der geringen<br />
Anzahl von Professuren sehr eingeschränkt ist (z.B. Numismatik oder Altgriechisch).<br />
98 Der Wechsel von der entscheidungsbefugten Berufungskommission zurück zum Senat ist relativ unproblematisch, weil hier dem<br />
Senat nur eine Stellungnahmemöglichkeit, nicht aber ein Eingriff in die Aufgaben der weisungsfrei gestellten Berufungskommission<br />
eingeräumt wird.<br />
99 Ebenso bereits Thienel, Berufungsverfahren 294.<br />
>> orGANIsATIoNsrEchT<br />
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UNILEX <strong>1–2</strong>/<strong>2007</strong>