unilex 1–2/2007 - ULV
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gierechtsnovelle 2006 der Grazer Öffentlichrechtlerin Renate<br />
Pirstner-Ebner gibt eine aufschlussreiche und übersichtlich<br />
strukturierte Einführung in die Rechtsgrundlagen dieses<br />
wichtigen Wirtschaftsbereiches und zeigt gleichzeitig den<br />
starken Einfluss der EU auf die einschlägige nationale Normgebung.<br />
Grundlegende Aspekte greift auch der ausgewiesene<br />
Grazer Öffentlichrechtler Gerhard Schnedl in seinem informativen<br />
Beitrag zu rechtswissenschaftlichen und normativen<br />
Umwelt(schutz)begriffen im nationalen und internationalen<br />
Kontext auf und destilliert einerseits einen weiten und entwicklungsoffenen<br />
Umweltbegriff und andererseits einen<br />
extensiven und dynamischen Umweltschutzbegriff heraus.<br />
Einige der Beträge sind auch jenem Bereich gewidmet, dem<br />
sich Christian Brünner in letzter Zeit intensiver zugewandt<br />
hat. Die Ministerialmitarbeiterin Andrea Kleinsasser beleuchtet<br />
die vielfältigen Aspekte der nutzungsorientierten<br />
Weltraumpolitik und die Mitwirkungsmöglichkeiten Österreichs.<br />
Der Chairman des European Centre für Space Law,<br />
Gabriel Lafferranderie, legt seine theoretischen Überlegungen<br />
zu einem „integrated aerospace law“, ausgehend von<br />
einem kurzen historischen Abriss, dar. Der ESA-Mitarbeiter<br />
Alexander Soucek markiert in seinen Notizen zur Europäischen<br />
Weltraumpolitik historische Entwicklungslinien, zeigt<br />
die Unterschiede zwischen europäischen und amerikanischen<br />
Ambitionen und modelliert eine rechts- und wirtschaftspolitische<br />
Skizze für eine gesamteuropäische Raumfahrt.<br />
Im vierten Kapitel sind Beiträge zu einem an gesellschaftspolitischer<br />
Bedeutung gewinnenden Themenkomplex, zu<br />
Religionsvielfalt und Multikulturalität, zusammengefasst.<br />
Der Doyen der österreichischen Staatsrechtler Ludwig Adamovich<br />
betrachtet die Beziehungen zwischen Religion und<br />
Kunst nicht nur unter dem grundrechtlichen Gesichtspunkt,<br />
sondern auch aus religionswissenschaftlicher Perspektive und<br />
vermisst die Definition eines europäischen Standards für<br />
das Verständnis von Religionsfreiheit. Der Diözesanangehörige<br />
Harald Baloch schließt aus seinen Beobachtungen<br />
und Vermutungen zur Interkulturalität, dass freundliches<br />
einander Ausweichen keine religiösen Kontroversen lösen<br />
und dass Interkulturalität in einem gewissen Niemandsland<br />
der Fremdheit erfolgreich sein kann. Der Direktor der in<br />
Brüssel angesiedelten Organisation Human Rights Without<br />
Frontiers Int Willy Fautré stellt die vom Europarat, der<br />
UNO und der OSZE angedachten Möglichkeiten zur Lösung<br />
von Diskriminierungsproblemen bei Registrierung und<br />
Kategorisierung von Religions- und Glaubensgemeinschaften<br />
vor. Der praxiserfahrene ehemalige in Bosnien-Herzegowina<br />
als Verfassungsrichter tätige Grazer Staatsrechtler Joseph<br />
Marko analysiert die auf den Islam bezogene Rechtsprechung<br />
europäischer Höchstgerichte auf allfällige „modell-<br />
theoretische Grundannahmen“ und auf davon abgeleitete<br />
für eine multikulturelle demokratische Gesellschaft relevante<br />
normative Prinzipien. Die von den Gerichten herangezogenen<br />
Modelle repräsentieren eine pluralistisch ausgeformte<br />
demokratische Gesellschaft mit gegenseitiger Toleranz und<br />
Minderheitenschutz unter einer staatlichen Schutzmacht,<br />
die auf Äquidistanz zum Schutz der kulturellen Vielfalt<br />
gerichtet ist. Abweichend davon wird in einigen Erkenntnissen<br />
der Höchstgerichte dem Islam eine abstrakte Gefährdung<br />
unterstellt, wodurch konkrete religiöse Äußerungen<br />
wie das Kopftuchtragen sanktioniert werden. Die staatliche<br />
Neutralität oszilliert also zwischen Pluralismus und Verbot.<br />
Abgesehen davon ist das Leitbild der Integration erkennbar,<br />
das der Assimilation an eine Leitkultur bzw. der freiwilligen<br />
Segregation im Sinne von Parallelgesellschaften, vorgezogen<br />
wird. Eines dieser in der gesellschaftlichen Wirklichkeit<br />
nicht mehr zu leugnenden und wertebehafteten Themen<br />
hat sich Silvia Ulrich angenommen. Die mit dem Gabriele<br />
Possanner-Staatspreis ausgezeichnete Genderexpertin untersucht<br />
die Kopftuchentscheidungen des EGMR und deren<br />
Implikationen für das österreichische Bildungssystem aus der<br />
Genderperspektive. Auch sie mahnt im Ergebnis derzeit zur<br />
Zurückhaltung bei einschlägigen Verboten.<br />
Die Festgabe weist darüber hinaus besondere Merkmale<br />
auf. Sie wird mit einem mit Balance titulierten realistischen<br />
Bild des akademischen Malers Josef Bramer, dem Künstler<br />
des Rektorsporträts von Christian Brünner für die Aula der<br />
Karl-Franzens-Universität, eingeleitet. Den künstlerischen<br />
Rahmen hat der Altrektor der Hochschule für angewandte<br />
Kunst in Wien Oswald Oberhummer mit der Gestaltung<br />
des Buchumschlages beigesteuert.<br />
Das beeindruckende Schriftenverzeichnis und die Auflistung<br />
der Funktionen von Christian Brünner runden die von den<br />
HerausgeberInnen umsichtig betreute Festschrift, die eine<br />
stattliche Anzahl an Expertisen zu wichtigen gesellschaftspolitisch<br />
und rechtsdogmatisch relevanten Bereichen aber<br />
auch zu universitätsrechtlichen und universitätspolitischen<br />
Fragestellungen beinhaltet, ab. Aus Sicht der Universitätspolitik<br />
interessiert nicht nur das fachliche Wirken Christian<br />
Brünners als Staatsrechtswissenschafter, sondern vor allem<br />
die beispielhaft gelungene Verknüpfung der Fachkarriere mit<br />
den höchsten akademischen Funktionen und mit den späteren<br />
Aufgaben als Mandatar auf Bundes- und Landesebene.<br />
Ass .-Prof . Mag .DDr . Anneliese Legat<br />
Inst . für Österr . Rechtsgeschichte<br />
und Europ . Rechtsentwicklung<br />
Karl-Franzens-Universität Graz<br />
anneliese .legat@uni-graz .at<br />
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UNILEX <strong>1–2</strong>/<strong>2007</strong>