unilex 1–2/2007 - ULV
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Anni Koubek, die ehemalige Geschäftsführerin der FH<br />
Joanneum, strebt eine Neupositionierung der Fachhochschulen<br />
im Bildungssystem an. Sie sieht die Beziehungen<br />
zwischen Fachhochschulen und Universitäten wegen der<br />
abnehmenden Differenzierungen (zB durch zunehmende<br />
Gleichschaltung durch den Bolognaprozess) und wegen der<br />
unterschiedlichen gesetzlichen Rahmengestaltung verbesserungsbedürftig<br />
und denkt einen österreichweiten Masterplan<br />
für den Fachhochschulbereich an. Die Autorin erkennt<br />
so manche Schwächen des Bologna-Prozesses, wie zB die<br />
höchst heterogene Umsetzung der Bologna-Deklaration in<br />
den europäischen Nationalstaaten durch die unterschiedlichen<br />
Rahmenbedingungen für die Institutionen des dritten<br />
Sektors. Zudem gibt es Probleme bei der verbindlichen Festlegung<br />
von Learning Outcomes. Mit der Bedeutung der<br />
neuen englisch bezeichneten akademischen Grade bei gleichzeitigem<br />
Wegfall des Beisatzes „FH“ für die Internationalisierung<br />
des österreichischen Fachhochschulsektors befassen sich<br />
Kurt Koleznik und Heidi Scheuringer, Generalsekretär<br />
und Mitarbeiterin in der Österreichischen Fachhochschul-<br />
Konferenz. Die rechtlichen Regelungen, auf deren Basis<br />
akademische Grade für den Abschluss eines Bachelor- bzw.<br />
Masterstudiums an Fachhochschulen sowie Universitäten<br />
neuerdings hinter dem Namen geführt werden, stammen<br />
aus dem Jahre 2006. Lediglich der Titel Diplomingenieur/in<br />
bleibt in der bisherigen Form erhalten. Claus Raidl, der<br />
Vorstandsvorsitzende von Böhler-Uddeholm und Präsident<br />
des Fachhochschulrates, behandelt das Thema Fachhochschule<br />
vertiefend und zeichnet die Entwicklungsgeschichte<br />
der Fachhochschulidee mit Christian Brünner als zentralem<br />
Akteur nach.<br />
Günter Klauzer, ehemaliger Verwaltungsleiter der Pädagogischen<br />
Akademie des Bundes, nimmt in seinem Beitrag zum<br />
Thema „Schule im Umbruch“ Aspekte zur Bildungspolitik<br />
wie die PISA-Studie, die Gesamtschule, Evaluierungsmaßnahmen,<br />
die Ganztagesschule (Nachmittagsbetreuung), das<br />
Verhältnis Eltern/Schule, die Schulgesetzgebung, die neue<br />
Kulturtechnik Informatik, aber auch die Bewegungserziehung<br />
und die Ferialordnung sowie die allgemeine Berufsbildung<br />
auf und verknüpft sie mit mehrheitlich schon bekannten<br />
Reformüberlegungen. Ein bildungspolitisches Plädoyer hält<br />
der ehemalige Universitätsprofessor für Privatrecht an der<br />
Universität Graz und ehemalige Präsident des Landesschulrates<br />
Bernd Schilcher. Erfahrungslernen sollte in Abkehr<br />
zum deutschen Idealismus, der der hehren Wissenschaft das<br />
Wort redet, einen neuen Stellenwert erhalten. Daher ist es<br />
wünschenswert, dass sich das Wissenschaftspersonal wieder<br />
mehr Praxiserfahrung aneignet (186), ein Rat an die verantwortliche<br />
Politik und so manchen führenden akademischen<br />
Funktionsträger. Grundsätzliche Fragen greift John Pratt,<br />
Professor emeritus der Universität East-London (Centre for<br />
Institutional Studies), in seinem Artikel zu policy, politics,<br />
theory and research unter Bezugnahme auf Karl Popper<br />
auf. Mit der Spezialfrage nach der rechtskonformen Auflassung<br />
des Schultyps der Bundeserziehungsanstalten befasst<br />
sich Bernd Wiesers Beitrag, der auch eine rechtshistorische<br />
Rückschau unternimmt.<br />
Im zweiten Kapitel sind Beiträge zu den Themen Wissenschaft,<br />
Politik und Gesellschaft zusammengefasst.<br />
Die Grußadresse vom ehemaligen Präsidenten der Israelitischen<br />
Kultusgemeinde Graz Konsul Kurt David Brühl<br />
ist von Dankbarkeit für Christian Brünners Initiative zur<br />
Gründung des David-Herzog-Fonds als sichtbares Zeichen<br />
nachhaltiger Toleranzbestrebungen getragen. In diesem Sinne<br />
präsentiert die Pädagogin Michaela Kapfer-Buchberger das<br />
pädagogische Selbstverständnis von Janus Korczak und stellt<br />
dessen Verständnis von Kinderrechten in den Gegenwartsbezug.<br />
Der polnische Arzt, Schriftsteller und Pädagoge wirkte<br />
außerhalb der so genannten Reformpädagogik im ersten<br />
Drittel des 20. Jh. in Warschau und musste nach der Deportation<br />
aus dem Warschauer Ghetto gemeinsam mit 200 von<br />
ihm betreuten Waisenkindern in Treblinka sein Leben lassen.<br />
Einen ganz persönlichen Geburtstagsgruß entbietet auch der<br />
Mürzzuschlager Facharzt Babak Bahadori stellvertretend für<br />
„Brünners Kinder“, ehemaligen ausländischen Studierenden,<br />
denen vom ehemaligen Rektor der Karl-Franzens Universität<br />
in den 80iger Jahren bei der Zulassung zum Medizinstudium<br />
in Österreich unbürokratisch und nachhaltig geholfen wurde.<br />
Ein Fachbeitrag zum BodyMassIndex bezeugt die seither<br />
angeeignete Kompetenz. Auch der Sprecher der Plattform<br />
für offene Politik Walter Marschitz wählte für seine Ausführungen<br />
einen in der Person Christian Brünner liegenden<br />
Ansatz. Ausgehend von dessen ehemaligem politischen Engagement<br />
– zuerst als ÖVP-Mandatar und später aus Enttäuschung<br />
über die konservativen Kräfte der ÖVP als Abgeordneter<br />
des Liberalen Forums – setzt sich der Geschäftsführer<br />
des Österreichischen Hilfswerks mit zwei zentralen liberalen<br />
Themen auseinander. Es geht um Freiheit und Sicherheit<br />
sowie um das Selbstverständnis und die Struktur des Staates.<br />
Den österreichischen Förderalismus sieht er als hypertroph.<br />
In dieselbe Kerbe stößt auch der Journalist Peter Bermann<br />
mit seinem kritischen Beitrag zur spezifisch österreichischen<br />
Form des Bürokratismus und zum offenkundigen Reformbedarf<br />
(Förderalismus). Eine Dedikation der besonderen Art,<br />
quasi eine nachgereichte Begründung für Brünners inner-<br />
und außeruniversitäres operatives Engagement, steuert der<br />
für Öffentliches Recht habilitierte Rechtsanwalt Alfred Noll<br />
bei. Er erinnert an die von Johann Gottlieb Fichte vertretene<br />
Handlungsmaxime, wonach auf die Spekulation die<br />
Tat zu folgen habe. Fichte verstand seine „Philosophie der<br />
Tat“ als eine auf „praktische Obliegenheiten hinführende<br />
>> rEzENsIoNEN<br />
UNILEX <strong>1–2</strong>/<strong>2007</strong>