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unilex 1–2/2007 - ULV

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udolf Feik / berufungsverfahren nach § UG 2002<br />

UNILEX <strong>1–2</strong>/<strong>2007</strong> 22<br />

versität erhalten hat. Und die Rektorin bzw. der Rektor darf<br />

den Berufungsvorschlag nicht zurückverweisen, nur weil unter<br />

den drei Bestgeeigneten auch ein/e Hausbewerber/in ist,<br />

welche/r die Zusatzqualifikationen nicht aufweist. Rechts-,<br />

wissenschafts- oder universitätspolitische Ziele eines Hausberufungsverbots<br />

(z.B. Verhinderung von Schulenbildung,<br />

Zurückdrängung unsachlicher Entscheidungen, Forcierung<br />

der Mobilität, etc.) dürfen eben nur so weit verfolgt werden,<br />

wie sie die gesetzlichen Kriterien für die Personalauswahl<br />

unberührt lassen. Ziel des Berufungsverfahrens nach dem<br />

UG ist das Finden der am besten geeigneten Personen für<br />

eine bestimmte Professur, nicht aber die Personalvermehrung<br />

auf Kosten hochqualifizierter Beschäftigter. Zulässig sind<br />

Vorkehrungen gegen unlautere Mittel bei der Personalauswahl,<br />

nicht aber eine unverhältnismäßige Behinderung der<br />

hauseigenen Dozent/inn/en. Wenn aus objektiven Gründen<br />

jemand berücksichtigt werden muss, weil sie/er den gesetzlichen<br />

Anforderungen voll entspricht, muss der Wille des Universitätsorgans<br />

zurücktreten; eine/n Hausbewerber/in nicht<br />

auf den Besetzungsvorschlag zu nehmen, obwohl sie/er zu<br />

den drei Bestgeeigneten gehört, wäre Willkür.<br />

Nach Thienel geht es bei der Beschränkung der Hausberufung<br />

um die Sicherstellung, dass die/der Berufene eine über<br />

ihre/seine Stammuniversität hinausgehende wissenschaftliche<br />

Anerkennung genießt 100 . Der „Ruf“ an eine andere<br />

Universität ist sicherlich ein geeignetes Mittel für den Nachweis<br />

eines hohen wissenschaftlichen Standards; adäquat,<br />

d.h. verhältnismäßig im engeren Sinne, ist das aber nicht<br />

unbedingt. Bei der Abwägung der gegenüber stehenden<br />

Interessen („Blutauffrischung“ versus „Beförderung“) ist<br />

auf die tatsächlichen Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen.<br />

Dabei ist zu beachten, dass der Nachweis der geforderten<br />

Reputation nicht ausschließlich dadurch erfolgt, dass man<br />

zwischendurch die Universität gewechselt hat. Es könnten<br />

auch die Gutachter/innen beauftragt werden, festzustellen,<br />

ob die Hausbewerber/innen in der Scientific Community<br />

(sehr) gut verankert sind. In manchen Fachgebieten wird<br />

wegen der geringen Anzahl von Berufungsverfahren auch<br />

schon ein einziger Listenplatz als (alternativer) Nachweis der<br />

überregional anerkannten Qualifikation gelten müssen. Und<br />

man wird auch das Umfeld beachten müssen: In einzelnen<br />

Fachgebieten wird sich der einschlägige Arbeitsmarkt allenfalls<br />

noch auf Deutschland ausdehnen lassen (z.B. Rechtsgeschichte);<br />

und dort herrscht in einigen Fächer ein übergroßes<br />

Angebot an jobsuchenden Privatdozent/inn/en 101 .<br />

Andere Länder schreiben u.U. nur wenige Professuren aus,<br />

weil sie großteils auf Selbstergänzung im Wege eines tenure<br />

track setzen 102 . Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass<br />

die Berufung von außen, also das deutsch-österreichische<br />

Lehrstuhlmodell, tendenziell zu Gunsten der internen Beförderung<br />

an Gewicht verliert 103 . Dem entsprechend wird<br />

sich eine sachliche Regelung des Berufungsverfahrens nicht<br />

gegen die europaweite Tendenz zur Laufbahnförderung vor<br />

Ort stellen können.<br />

Letztlich ermächtigt das UG zu Regelungen, die sicherstellen,<br />

dass die Personalauswahl nach der Qualifikation für<br />

die spezifische Professur erfolgt und ungerechtfertigte Bevorzugungen<br />

verhindert werden. Es geht darum, dass nicht<br />

persönliche Vernetzung und Selbstmarketing an die Stelle<br />

der Qualifikation tritt; oder mit anderen Worten: dass persönliche<br />

Bekanntschaft nicht die wissenschaftliche Bekanntheit<br />

ersetzt. Personalentscheidungen sind immer so sachlich<br />

wie die, die sie fällen. Fehlt es an innerer ethischer Disziplin,<br />

Sachlichkeit und Urteilskraft, helfen äußere Kriterien fast<br />

nichts; schlimmer noch: Das Bedürfnis nach solchen äußerlichen<br />

Behelfen und Leitplanken ist selbst Indiz dafür, dass es an<br />

inneren Gesetzen gelegentlich fehlt 104 . Inneruniversitäre Regelungen,<br />

die mehr als eine besondere Begründung 105 für die<br />

Aufnahme in den Besetzungsvorschlag verlangen, sprechen<br />

den potentiellen Berufungskommissionsmitgliedern und den<br />

Gutachter/inne/n den „Amtsethos der Sachlichkeit“ 106 ab.<br />

Sie geben nur vordergründig „Auslegungshilfen“, gehen aber<br />

über das vom Gesetz geforderte, nämlich die „Bestenauslese“<br />

hinaus. Satzungen und Richtlinien unterliegen eben auch<br />

100 Thienel, Berufungsverfahren 296.<br />

101 Bis Ende 2004 galt in Deutschland ein generelles Hausberufungsverbot; seit 2005 ist die Regelung von Hausberufungen den<br />

jeweiligen Ländern vorbehalten.<br />

102 So z.B. USA, Schweden, die Niederlande oder England; vgl. Centrum für Hochschulentwicklung, Berufungsverfahren 16, 27, 34<br />

und 40.<br />

103 Centrum für Hochschulentwicklung, Berufungsverfahren 11.<br />

104 So Dieter Suhr, Zur Rationalität im Verwaltungsverfahren am Beispiel der Besetzung von Hochschullehrerstellen, DÖV 1975, 767<br />

(771).<br />

105 In der Begründung des Besetzungsvorschlags bzw. der Auswahlentscheidung ist der Nachweis für eine verfassungs- und gesetzeskonforme<br />

Auswahl nach Eignung, Leistung und Befähigung zu erbringen; die Begründungspflicht bringt also eine erhöhte Sorgfaltspflicht<br />

für die mit der Auswahl verantwortlichen Berufungskommissionen und Rektor/inn/en.<br />

106 Suhr, DÖV 1975, 771.

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