hört auf zu lernen - fangt an zu denken - JungdemokratInnen/Junge ...
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20 Hört <strong>auf</strong> <strong>zu</strong> <strong>lernen</strong> -<br />
Dass SchülerInnen dieses Funktionieren nach den<br />
Vorgaben erst <strong>lernen</strong> mußten und müssen, zeigt<br />
der folgende Text. Es ist ein Zeitpl<strong>an</strong>-Vorschlag<br />
vom Beginn des letzten Jahrhunderts für eine<br />
Schulstunde. Dass er gemacht wurde, zeigt, wie<br />
nötig die Disziplinierung war und wie sie vor<strong>an</strong>getrieben<br />
wurde:<br />
„8.45 Eintritt des Monitors, 8.52 Ruf des Monitors,<br />
8.56 Eintritt der Schüler und Gebet, 9 Uhr Einrükken<br />
in die Bänke, 9.04 erste Schiefertafel, 9.08<br />
Ende des Diktats, 9.12 zweite Schiefertafel...“<br />
Heute wirkt all das etwas lockerer - aber die Kinder<br />
bringen schon von <strong>zu</strong> Hause, aus dem Kindergarten<br />
usw. mehr Zeitdisziplin mit.<br />
Zitiert nach: Michel Foucault: Überwachen und<br />
Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Fr<strong>an</strong>kfurt<br />
am Main 1976<br />
Gleichgültigkeit gegenüber dem Inhalt,<br />
die mit vorgesetztem Lernstoff und unter<br />
Zw<strong>an</strong>g stattfindendem Lernen produziert<br />
wird, wird d<strong>an</strong>n auch noch verstärkt,<br />
wenn Inhalte als<br />
Disziplinierungsinstrumente benutzt<br />
werden (Haus<strong>auf</strong>gaben als Strafe etc.,<br />
Tests).<br />
Die Kontrolle und Bewertung der eigenen<br />
Arbeit durch <strong>an</strong>dere wird so selbstverständlich.<br />
In der Schule treten Kinder<br />
in der Regel <strong>zu</strong>m ersten Mal Autoritäten<br />
gegenüber, <strong>zu</strong> denen sie kein<br />
emotionales Verhältnis haben (dass<br />
GrundschülerInnen ein solches d<strong>an</strong>n<br />
schaffen, macht die Bewertung durch<br />
diese Autoritäten noch einmal besonders<br />
übel für sie).<br />
Aber auch die Verlagerung der Kontrolle<br />
nach Innen - also sie gleich selber<br />
über sich selbst aus<strong>zu</strong>üben - im Interesse<br />
des besseren Überlebens im System<br />
Schule - ge<strong>hört</strong> <strong>zu</strong> den unbestreitbaren<br />
Lernerfolgen. So wird Herrschaft<br />
über sich selbst, Unterdrückung eigener<br />
Bedürfnisse und Bewirtschaftung<br />
der eigenen Zeit hergestellt, wie sie für<br />
das Überleben und Funktionieren im<br />
Kapitalismus nötig sind. Die Schule ist<br />
<strong>zu</strong>gleich der erste Kontakt des Nachwuchses<br />
mit dem Staat. Daß dies in<br />
Form eines Zw<strong>an</strong>gsverhältnisses geschieht,<br />
ist dabei sehr bezeichnend.<br />
Auch das Welt- und Menschenbild<br />
wird durch die<br />
Schule geprägt. Die Verinnerlichung<br />
der Selektion<br />
("es gibt Gute und weniger<br />
Gute") und des<br />
Zw<strong>an</strong>gs ("ohne Druck<br />
läuft nichts")sind durchaus<br />
konsequente Verarbeitung<br />
schulischer Realität.<br />
Dass es Gute und<br />
Schlechte gibt, schreibt<br />
die Schule locker fest:<br />
Wer bei einer Arbeit/<br />
Klausur etwas nicht gewußt<br />
hat, kriegt eine<br />
Sechs und nicht etwa den<br />
fraglichen Sachverhalt<br />
noch einmal erklärt. Ausgleichen k<strong>an</strong>n<br />
sie/er diese "Schlappe", die <strong>auf</strong> das<br />
Selbstwertgefühl durchschlägt, höchstens<br />
beim nächsten Mal.<br />
Den SchülerInnen wird in der Schule<br />
so konsequent die Lust <strong>zu</strong>m Lernen<br />
ausgetrieben, dass sie in<br />
der Regel bei Wegfall der<br />
sie überwachenden Autorität<br />
den Freiraum für etwas<br />
<strong>an</strong>deres nutzen. Daraus<br />
schließen sie: Der<br />
Mensch muß <strong>zu</strong>m Guten<br />
gezwungen werden; mit<br />
Spaß können Lernen und<br />
Arbeiten gleich gar nichts<br />
<strong>zu</strong> tun haben. Der Mensch<br />
ist dem Mensch ein Faulpelz.<br />
Das ist die Rechtfertigung<br />
für jede Sorte<br />
Zw<strong>an</strong>g und Gewalt als<br />
Vorausset<strong>zu</strong>ng menschlicher<br />
Kultur. Dabei <strong>lernen</strong><br />
die SchülerInnen aber<br />
auch, dass es neben dieser<br />
öffentlichen Sphäre,<br />
die erst die Schule und<br />
später der Betrieb ist,<br />
auch eine private Sphäre<br />
gibt, wo das Individuum<br />
sein Selbst und seine Freiheit<br />
ausleben k<strong>an</strong>n. Ich<br />
leb mein Leben g<strong>an</strong>z