Eliten und Untertanen.pdf - AStA Uni Hannover
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Institutionalisierte Fre<strong>und</strong>schaft<br />
AlexAndrA KUrtH<br />
Zur Geschichte <strong>und</strong> Soziologie studentischer Verbindungen<br />
Ihrem eigenen Selbstverständnis nach sind studentische Verbindungen Vereinigungen<br />
mit einem stark positiv besetzten Traditionsbezug. Ihre Ursprünge<br />
verorten viele an den ersten christlichen mittelalterlichen Hochschulen<br />
<strong>und</strong> <strong>Uni</strong>versitäten seit der Wende zum 13. Jahrh<strong>und</strong>ert. Zu diesem Zeitpunkt<br />
schlossen sich zuerst in Bologna, Paris <strong>und</strong> Oxford Lehrer <strong>und</strong> Schüler zu universitates<br />
magistrorum et scholarium zusammen. Ein Studium an einer derartigen<br />
Einrichtung bedeutete für diejenigen, die aus den unteren Schichten stammten,<br />
in der Regel den sozialen Aufstieg. Viele von ihnen strebten eine Versorgung im<br />
Kirchendienst an.<br />
Die älteste studentische Organisationsform des hohen <strong>und</strong> späten Mittelalters,<br />
die seitens der Studentenverbindungen als Vorläufer reklamiert werden, sind die<br />
so genannten nationes. Diese sind ungeachtet des Terminus nicht mit dem Begriff<br />
der Nation zu verwechseln, denn die mittelalterlichen nationes waren nicht<br />
nationalstaatlich im modernen Sinne geprägt1 – es existierten schließlich weder<br />
Nation noch Nationalstaat – sondern sie umfassten ortsfremde Studenten verschiedener<br />
staatlicher Einheiten.<br />
Die nationes haben mit den heutigen Studentenverbindungen weniger Gemeinsamkeiten<br />
als mit den ASten <strong>und</strong>/oder Fachschaften: sie waren eine Art<br />
studentische Interessenvertretung, die sich in der vergleichsweise gering funktional<br />
differenzierten mittelalterlichen Hochschule vor allem um die praktischen<br />
Belange der scholares kümmerten. So halfen sie beispielsweise bei der Immatrikulation<br />
oder verhandelten mit Hausbesitzern über die Miete. Außerdem<br />
nahmen sie universitäre Aufgaben wahr, die später entweder innerhalb der sich<br />
stärker funktional differenzierenden <strong>und</strong> professionalisierenden Institution <strong>Uni</strong>versität<br />
von Fachkräften ausgeübt oder aber ausgelagert wurden. 2<br />
Die Vorläufer der heutigen Studentenverbindungen sind nicht die nationes,<br />
sondern die societates nationales, die Kränzchen <strong>und</strong> die studentischen Orden,<br />
die entstanden, nachdem die nationes bis zum 16. Jahrh<strong>und</strong>ert immer mehr an<br />
Bedeutung verloren hatten.<br />
„Exklusivität“<br />
Während ursprünglich jeder scholar universitätsoffiziell einer natio zugewiesen<br />
wurde, rekrutierten die von den <strong>Uni</strong>versitäten nicht anerkannten societates<br />
nationales ihre Mitglieder selbst, wobei gezwungen wurde, wer nicht „freiwillig“<br />
eintrat. Im Unterschied dazu wählten die studentischen Orden des 18. Jahrhun-<br />
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