Eliten und Untertanen.pdf - AStA Uni Hannover
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Des Weiteren existieren bestimmte Kulturtechniken, die als Männlichkeitsrituale<br />
bezeichnet werden <strong>und</strong> die dazu dienen, sich von als weiblich verstandenen<br />
Eigenschaften abzuheben oder zu lösen. Die kritische Männerforschung<br />
hat dazu herausgearbeitet, dass bestimmte Rituale nicht nur die Männlichkeit<br />
des Einzelnen ausdrücken <strong>und</strong> unterstreichen sollen, sondern auch wesentliche<br />
Elemente jedes Männerb<strong>und</strong>es sind. Dort besitzen sie für die Ordnung in der<br />
Gruppe <strong>und</strong> für ihr männliches Selbstverständnis eine besondere Bedeutung.<br />
Die Aufnahme weiblicher Mitglieder in diesen Gruppen ist hier als falsch<br />
verstandener Ausdruck von Emanzipation zu verstehen, da die Frauen dort „ihren<br />
Mann stehen“ <strong>und</strong> in diesem Sinne ebenfalls einen männlichen Geschlechtscharakter<br />
annehmen.<br />
60<br />
Teilhabe am großen Ganzen<br />
Die Verbindungen suggerieren ihren Mitgliedern zunächst eine besondere<br />
Aufgabe oder höhere Idee, die nur gemeinsam im B<strong>und</strong>, nicht aber von dem<br />
Einzelnen allein gemeistert werden könne. Hierbei kann es sich sowohl um politische<br />
Gedanken als auch um die Förderung von Sportarten oder die Unterhaltung<br />
von Wohnheimen handeln.<br />
Um an dieser Idee <strong>und</strong> der Macht des B<strong>und</strong>es, sie zu fördern, teilhaben<br />
zu können, lassen sich seine Mitglieder systematisch entindividualisieren,<br />
bis sie schließlich voll darin aufgegangen sind. Dies gelingt den Verbindungen<br />
durch das Einfordern einer bedingungslosen Anwesenheitspflicht<br />
zu den Konventen, geselligen Veranstaltungen <strong>und</strong> anderen regelmäßigen<br />
gemeinsamen Aktivitäten. Durchgesetzt wird dies mit einer regressiven Disziplinierung<br />
durch Regeln <strong>und</strong> Rituale, die gerade die „Neuen“ vor die Wahl<br />
stellen, entweder voll <strong>und</strong> ganz mit dem B<strong>und</strong> zu verschmelzen oder wieder<br />
Abstand zu nehmen.<br />
Hierarchisierung <strong>und</strong> Sozialisation<br />
Zunächst wird den „Neuen“, die in Verbindungen als Füxe bezeichnet werden,<br />
von den Alteingesessenen, den Burschinnen <strong>und</strong> Burschen, suggeriert, dass<br />
sie noch nicht reif genug seien, um die B<strong>und</strong>idee erfolgreich zu verkörpern. Die<br />
Regeln <strong>und</strong> Rituale der Verbindung dienen in der Folgezeit – unabhängig davon,<br />
ob sie komisch, unsinnig, diskriminierend oder erniedrigend sind – der<br />
Erziehung zum vermeintlich richtigen Charakter. Aggressivität, Selbstdisziplin<br />
sowie körperliche <strong>und</strong> mentale Härte gegen sich selbst <strong>und</strong> andere stehen hier<br />
im Vordergr<strong>und</strong>. Dies drückt sich zum Beispiel in den Strafordnungen im jeweiligen<br />
(Bier-)Comment der Verbindungen oder durch das Durchhalten körperlicher<br />
Grenzerfahrungen aus.<br />
In Verbindungen, die regelmäßig am Biertisch offizielle Kneipen abhalten,<br />
gibt es in diesem Zusammenhang Bierstrafen <strong>und</strong> Bierduelle. Besonders perfide<br />
ist dabei die Tatsache, dass die „Neuen“ im Gegensatz zu den Alteingesessenen