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Eliten und Untertanen.pdf - AStA Uni Hannover

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„Familienoberhaupt“ anerkennen. Die Leibverhältnisse sind ein besonders anschauliches<br />

Beispiel dafür, wie es einem Männerb<strong>und</strong> gelingt, sich geschlechtslos<br />

„fortzupflanzen“. Eine Sozialwissenschaftlerin<br />

nannte dies spitzfindig die „Selbsterfindung<br />

von Männlichkeit“.<br />

Die Mitglieder eines Männerb<strong>und</strong>es<br />

stehen – unabhängig<br />

davon, ob Leibverhältnisse<br />

praktiziert werden – in einer<br />

homoerotischen Beziehung zueinander,<br />

die als F<strong>und</strong>ament der<br />

Korporation die Aktivitas zusammenhält.<br />

Dieser Begriff stammt aus<br />

dem Männerb<strong>und</strong>milieu des beginnenden<br />

20. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> ist zunächst<br />

von der körpergeschlechtlichen Identität, also<br />

einer Hetero- oder Homosexualität der Mitglieder zu<br />

trennen. Die kritische Männerforschung hat sich der Frage,<br />

ob es sich aber nicht doch um eine verdrängte oder tabuisierte Homosexualität<br />

in den Männerbünden handelt, auf der der enge Zusammenhalt<br />

auch in den Verbindungen basiert, bisher nicht überzeugend genug gewidmet.<br />

Entscheidend ist das vermittelte Menschenbild<br />

Nicht nur ihre Leitidee <strong>und</strong> die in einer Verbindung vermittelten politischen<br />

Vorstellungen sind Kriterien dafür, ob sie als problematisch einzuschätzen<br />

ist. Vielmehr ist zu hinterfragen, welchen Männlichkeits- <strong>und</strong><br />

Weiblichkeitsentwurf, kurz welches Menschenbild sie ihren Mitgliedern<br />

vermittelt.<br />

Ist hier lediglich „gelobt, was hart macht“? Werden empfindsame Eigenschaften,<br />

der Ausdruck von Schmerz, Trauer oder (Mit)Leid als Schwäche deklariert?<br />

Wie stark vereinnahmt der B<strong>und</strong> seine Mitglieder, akzeptiert er ihre<br />

Kontakte <strong>und</strong> Interessen außerhalb seiner Sphären? Und welches Bild hat die<br />

Verbindung von ihren neuen Mitgliedern? Warum müssen sie eine bis zu zwei<br />

Semester andauernde Probezeit ableisten, in denen sie zum Teil den Burschinnen<br />

<strong>und</strong> Burschen ausgeliefert sind? Was ist das für ein Menschenbild, in dem sich<br />

die Neuaufgenommenen einerseits erst zu bewähren haben <strong>und</strong> andererseits erst<br />

verbindungsgerecht sozialisiert werden müssen, um als ganzer Mensch akzeptiert<br />

zu werden?<br />

Gerade diese durch Regeln <strong>und</strong> Rituale offen oder symbolisch-unterschwellig<br />

zur Schau getragene Unmenschlichkeit ist es, an der die Verbindungen zu messen<br />

sind.<br />

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