Eliten und Untertanen.pdf - AStA Uni Hannover
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Das „Corps <strong>Hannover</strong>ania“ schreibt kurz angeb<strong>und</strong>en, „dass wir es ablehnen,<br />
im Vorweg zu dem Pro <strong>und</strong> Contra oder politischen Gesinnungen der einzelnen<br />
Verbindungen Stellung zu nehmen“, lädt mich aber ganz herzlich zu einem gemeinsamen<br />
Wochenende ein.<br />
Ähnlich zugeknöpft gibt sich das „Corps Slesvico-Holsatia“, in dessen Name<br />
mir Jörn Laude schreibt: „Du hast in Deinem Brief an uns den Eindruck erweckt,<br />
dass Du ein ernsthafter junger Mensch bist, der weit über seine individuellen<br />
Interessen hinaus für sein Land leben möchte, <strong>und</strong> der die Gesellschaft<br />
in der er lebt, hinterfragt.“ Nun gut, so kann man das auch sagen... „Das Corps<br />
schreibt allerdings niemandem eine politische Richtung vor“, aber wie der Laden<br />
tickt, könne man am besten „in persönlichen Gesprächen“ erfahren: „In der<br />
Freude, Dich kennen zu lernen“, verbleibt Laude mit besten Wünschen.<br />
Deutlicher ist die „Burschenschaft Germania“, für die mir Jens Christopher<br />
Grefe schreibt: „In einer Zeit von Globalisierung <strong>und</strong> multikultureller Gesellschaft<br />
fühlen wir uns den Wurzeln unserer Kultur besonders verpflichtet. Neben<br />
dem klaren Bekenntnis zu Volk <strong>und</strong> Vaterland bedeutet dies für uns aber auch<br />
die Auseinandersetzung mit der Gegenwart.“ Puh, das ist schon harter Stoff.<br />
Noch weiter lässt die „Burschenschaft Ghibellinia-Leipig“ die Hosen runter:<br />
„Ihr Brief hat uns gefreut! Man erlebt es heute leider viel zu selten, dass<br />
sich junge Menschen Gedanken um ihr Vaterland <strong>und</strong> das damit verb<strong>und</strong>ene<br />
Brauchtum <strong>und</strong> die Kultur machen“, schreibt mir Florian Komander. „Wir pflegen<br />
(...) unsere deutsche Kultur <strong>und</strong> leben, wie sie es so schön fomulierten, die<br />
Werte unseres Vaterlandes mit Herz <strong>und</strong> Hand.“ In der „Ghibellinia-Leipig“<br />
spreche man auch über die „Problematik der Darstellung des deutschen Volkes<br />
in der Geschichte <strong>und</strong> in der Gegenwart“, <strong>und</strong> Florian lädt mich nicht nur<br />
„herzlich auf unser Haus“ ein, sondern bietet mir auch gleich ein Zimmer an.<br />
Ob ich annehmen soll? Oder doch lieber zur „Akademischen Landsmannschaft<br />
Niedersachsen“ gehen?<br />
In deren Namen nämlich dankt mir Detlef Schünemann „für Ihre ausgewogene<br />
Darstellung zur Position des Begriffes ‚Vaterland‘, mit der Sie sich in unserem<br />
Meinungsspektrum wiederfinden können.“ Zur Erinnerung: Es handelt sich um<br />
das Meinungsspektrum der NPD, denn aus deren Programm war die Passage<br />
zu „Volk <strong>und</strong> Vaterland“ abgeschrieben. Was Detlef daran „ausgewogen“ findet,<br />
schreibt er leider nicht.<br />
Kurzes Fazit: Wenn ein junger Nazi bei 26 studentischen Verbindungen<br />
in <strong>Hannover</strong> um Mitgliedschaft anfragt, erhält er von acht eine Antwort.<br />
Zwei möchten sich zu politischen Dingen nicht schriftlich äußern <strong>und</strong> dreien<br />
ist diese politische Haltung zu extrem, dennoch erfolgt eine Einladung<br />
zu einem persönlichen Gespräch. Die übrigen drei loben ausdrücklich die<br />
politischen Ausführungen des Jungnazis, eine davon bietet sogar gleich ein<br />
Zimmer an.<br />
Weitere Erkenntnisse: Die „Visurgia“ hat kein eigenes Briefpapier, beim<br />
„Corps <strong>Hannover</strong>ania“ wird noch mit Füller unterschrieben <strong>und</strong> nicht überall<br />
dort, wo „deutsche Kultur“ gepflegt wird, sind alle Feinheiten der deutschen<br />
Rechtschreibung bekannt. C‘est la vie.<br />
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