Eliten und Untertanen.pdf - AStA Uni Hannover
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Doch nicht nur das Engagement einzelner Kandidaten belegte die rechtsextreme<br />
Einstellung der Liste Leibniz, auch die hannoverschen Burschenschaften,<br />
deren Mitglieder den Löwenanteil der 2006er Wahlliste stellten, sind der extremen<br />
Rechten zuzuordnen. Als Mitglieder des Dachverbandes „Deutsche<br />
Burschenschaft“ sind diese Verbindungen in dem Spektrum zwischen Konservatismus<br />
<strong>und</strong> offensiv antidemokratischen Rechtsextremismus (bis hin zum<br />
Neonazismus) angesiedelt <strong>und</strong> stellen gewissermaßen eine Brückenfunktion innerhalb<br />
der Rechten dar. Mit ihrer explizit politischen Ausrichtung (die sie von<br />
den meisten anderen Verbindungen unterscheidet) werden auf den Burschentagen<br />
Beschlüsse zum politischen Zeitgeschehen gefasst. Ferner veranstalten alle<br />
Burschenschaften so genannte „burschenschaftliche Abende“ auf denen oftmals<br />
bekannte Vordenker (meist Männer) der extremen Rechten referieren, darunter<br />
Publizisten, Autoren der rechtsextremen Wochenzeitung „Junge Freiheit“, Mitarbeiter<br />
des Instituts für Staatspolitik, Funktionäre von Vertriebenenverbänden<br />
<strong>und</strong> rechte Politiker. Hier werden immer wieder völkisch-nationalistische <strong>und</strong><br />
revanchistische Positionen vertreten: mit dem so genannten „volkstumsbezogenen<br />
Vaterlandsbegriff“ ist Deutschland für die Deutsche Burschenschaft<br />
größer als die BRD. 4 Einige besonders extreme Burschenschaften haben Verbindungen<br />
zu militanten Neonazis, besonders in die Schlagzeilen gerieten die<br />
Münchener Danubia 5 <strong>und</strong> die Hamburger Germania. Im Verbindungshaus der<br />
Hamburger Germania wohnten bereits ein Neonazikader der FAP, ein Mitarbeiter<br />
des Nazi-Anwalts Jürgen Rieger, der Betreiber des neonazistischen<br />
„Hammer-Versandes“. Mitansässig im Haus der Hamburger Germania ist die<br />
„Penale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg“. Auch die PB! Chattia<br />
ist offen neonazistisch. Auf ihrer Internetseite waren in der Vergangenheit<br />
(neben blutüberströmten Mensur-Fechtern) schwarz-weiß-rote Fahnen, Fackelmärsche<br />
<strong>und</strong> Sonnenwendfeiern zu bew<strong>und</strong>ern, ihr Wahlspruch „Volkstum –<br />
Wahrheit - Recht“ spricht für sich. 6<br />
In den letzten Jahren pflegte die <strong>Hannover</strong>sche Burschenschaft Germania ein<br />
offensichtlich fre<strong>und</strong>schaftliches Verhältnis zur Chattia. Das ist Einträgen vom<br />
29.06.2004 <strong>und</strong> 24.05.2005 im Gästebuch auf der Homepage der Germania<br />
zu entnehmen: Dort bedankt sich André Busch von der Chattia Hamburg für<br />
die Gastfre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> lädt die hannoverschen Germanen nach Hamburg zu<br />
einem Rosenberg-Vortrag 7 bzw. zum Stiftungsfest der Chattia ein. 8<br />
Natürlich sind nicht alle Verbindungen gleichermaßen rechtsextrem wie die<br />
Burschenschaften, <strong>und</strong> auch in <strong>Hannover</strong> lassen sich einige eher einem konservativen<br />
Spektrum zuordnen. Zum Teil wird sich auch von den rechten Umtrieben<br />
innerhalb der Deutschen Burschenschaft distanziert. Dennoch müssen sich<br />
die anderen Verbindungen die Frage gefallen lassen, warum ihre Mitglieder auf<br />
einer Wahlliste kandidierten, bei der Rechtsextreme federführend waren. Eine<br />
Betrachtung der Tätigkeiten <strong>und</strong> des Umfeldes der „Liste Leibniz“ lassen jedoch<br />
wenig Zweifel an ihrem Charakter.<br />
2007 trat die „Liste Leibniz“ ein letztes Mal an <strong>und</strong> konnte auch erneut einen<br />
Platz im Studentischen Rat erringen. Die Wahlliste fiel allerdings um einiges<br />
kürzer aus als noch im Jahr zuvor. Zur <strong>Uni</strong>wahl 2008 trat die „Liste Leibniz“<br />
schließlich nicht mehr an.<br />
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