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Eliten und Untertanen.pdf - AStA Uni Hannover

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weder den Biercomment genau kennen, noch die vollen<br />

Bierrechte einer Burschin oder eines Burschen besitzen.<br />

Mit Hilfe dieses geheimen Herrschaftswissens gelingt es<br />

den Älteren, eine Hierarchie aufzubauen <strong>und</strong> gegenüber<br />

den Füxen durchzusetzen. Letztere müssen demzufolge erniedrigende<br />

Rituale <strong>und</strong> Praktiken, die so genannten Bierstrafen,<br />

über sich ergehen lassen. So können Toilettengänge<br />

während einer Kneipe verboten werden, „beizureitende“<br />

Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer werden „in die Kanne<br />

geschickt“ (Straftrinken) oder gar in den „Bierverschiss“<br />

versetzt.<br />

Zeichnet sich die Verbindung durch eine sportliche<br />

Leitidee aus, so sind die Bierstrafen mit körperlichen Strafübungen<br />

austauschbar. Liegestützen, Kniebeugen oder<br />

Klimmzüge in unterschiedlicher Zahl oder Kombination<br />

dienen hier nicht der körperlichen Ertüchtigung, sondern<br />

dem Strafexerzieren.<br />

Problematisch ist dabei die Tatsache, dass die vermeintlichen<br />

Opfer dies nicht als unmenschlichen <strong>und</strong> entwürdigenden<br />

Akt, sondern als notwendigen Bestandteil der<br />

Erziehung zur Selbstdisziplinierung betrachten, die ihnen<br />

auch später im Berufsleben nützlich sein soll: „So muss man wohl sein!“ Problematisch<br />

sind auch scheinbar harmlose oder komische Strafen <strong>und</strong> Regeln,<br />

weil sie diese gr<strong>und</strong>sätzlich als moralisch korrektes Verhalten legitimieren: „So<br />

schlimm ist das doch nicht ...“<br />

Diese Idealisierung von Charaktereigenschaften ist letztendlich auch eine<br />

Erklärung dafür, wie es im Männerb<strong>und</strong> B<strong>und</strong>eswehr zu den im Herbst 2004<br />

aufgedeckten Misshandlungen an Rekrutinnen <strong>und</strong> Rekruten kommen konnte,<br />

die genau nach diesem Schema eine erschreckend breite Legitimation fanden.<br />

In Männerbünden entstehen Automatismen, die immer wieder neue Täter- <strong>und</strong><br />

Täterinnen-Generationen reproduzieren.<br />

Männlichkeitsrituale: Blut, Eisen, Schweiß, Alkohol<br />

Die Strafen dienen nicht nur der Hierarchisierung einer Verbindung, sondern<br />

sind zugleich Männlichkeitsrituale, mit denen die Mitglieder sich <strong>und</strong> den anderen<br />

ihre vermeintlich starken, positiven, männlichen Charaktereigenschaften<br />

einerseits beweisen <strong>und</strong> sich andererseits von den vermeintlich schwachen, als negativ<br />

empf<strong>und</strong>enen, weiblichen absetzen wollen. Bierduelle <strong>und</strong> Biermensuren,<br />

Ergometer-Tests <strong>und</strong> Klimmzüge sowie schließlich die blutigen Mensuren der<br />

schlagenden Verbindungen dienen erst in zweiter Linie dazu, einen Vollrausch<br />

zu erlangen, sich körperlich zu ertüchtigen oder einen Gegner beim Fechten zu<br />

besiegen. Sie sind vielmehr Ausdruck körperlicher <strong>und</strong> mentaler Härte gegen<br />

sich <strong>und</strong> andere. Wer dem nicht standhält, gilt als weibisch-verweichlicht <strong>und</strong><br />

ehrlos. Dabei spielt der tatsächliche Grad der Gefahr, der sich die Burschinnen<br />

Männlichkeit?<br />

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