Eliten und Untertanen.pdf - AStA Uni Hannover
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<strong>und</strong> Burschen bei diesen Ritualen aussetzen, eine untergeordnete Rolle. Wie<br />
bei den Strafen ist auch hier das Symbolische von Bedeutung, weil es positive<br />
Charaktereigenschaften suggeriert.<br />
62<br />
Korporativer Freiraum <strong>und</strong> antipluralistische Gegenkultur<br />
Die Aktivitas schafft sich so eine Gegenöffentlichkeit, die durchaus etwa mit<br />
derjenigen von autonomen oder jugendlichen Subkulturen vergleichbar ist. Die<br />
verbindungsspezifischen Regeln <strong>und</strong> Normen, die teilweise bewusst gegen gesellschaftliche<br />
Normen <strong>und</strong> Gebote verstoßen, sollen Außenstehende abstoßen,<br />
um so einen sozialen Raum zu schaffen, in dem sich die Verbindung ungestört<br />
entfalten kann. Hierher fliehen denn auch die Alten Herren gerne aus ihrem<br />
beruflichen <strong>und</strong> familiären Alltag <strong>und</strong> gebärden sich im Verbindungsbetrieb ungeachtet<br />
ihres Alters oder ihrer gesellschaftlichen Stellung betont jugendlich.<br />
Die selbstgewählte Isolation – die die Mitglieder allerdings nicht als solche<br />
wahrnehmen – suggeriert außerdem, sich mit einer fremden, andersartigen<br />
Gesellschaft konfrontiert zu sehen, was schließlich zu einer antipluralistischen<br />
Fre<strong>und</strong>-Feind-Perspektive führt. Verbündete werden dann in befre<strong>und</strong>eten Verbindungen<br />
gef<strong>und</strong>en, andere Korporationen oder gesellschaftliche Gruppen<br />
werden hingegen als Feinde wahrgenommen.<br />
Familienbande <strong>und</strong> homoerotische Beziehungen<br />
Viele Verbindungsmitglieder verlieren nach <strong>und</strong> nach ihre sozialen<br />
Kontakte zum nichtkorporativen Umfeld. Dies ist einerseits<br />
durch ihre zeitliche Vereinnahmung, andererseits<br />
durch die Selbstisolation der Verbindungen zu erklären.<br />
Der B<strong>und</strong> nimmt so schrittweise die Stelle von<br />
Fre<strong>und</strong>eskreis <strong>und</strong> Familie ein, wobei die Verbindung<br />
als Institution die Mutterrolle für ihre Mitglieder übernimmt.<br />
Sie ist es, die sich um sie kümmert, ihnen eine<br />
Aufgabe gibt, Wohnraum zur Verfügung stellt <strong>und</strong> ihren<br />
sozialen Umgang regelt. Mit den Verbindungsbrüdern<br />
<strong>und</strong> -schwestern findet sich das einzelne Mitglied<br />
schließlich in einem großfamiliären Umfeld wieder.<br />
In einigen Verbindungen bilden sich wiederum soziale<br />
Kleingruppen heraus, die so genannten Bier- oder Leibfamilien.<br />
Zugr<strong>und</strong>e liegt diesen die Leibburschen- beziehungsweise<br />
Leibfuxenregelung: Ein neues Mitglied wählt<br />
sich einen Leibburschen, welcher es in die Gepflogenheiten<br />
der Verbindung nach <strong>und</strong> nach einführt, sowie einen entsprechend<br />
sozialisierenden Einfluss auf den Fux ausübt. Im Laufe der Jahre bilden<br />
sich so generationsweise Leibverhältnisse heraus, die schließlich jene Leiboder<br />
Bierfamilien bilden, die aber weiterhin die Verbindung als gemeinsames<br />
Weiblichkeit?