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Fremdsprachenlernen und -lehren in Finnland<br />

Annikki Koskensalo<br />

1. Zum Fremdsprachenunterricht in Finnland<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im neusprachlichen Fremdsprachenunterricht an<br />

den höheren Schulen in Finnland bis in die 70er Jahre die Grammatik-Übersetzungsmethode<br />

praktiziert. Von den lerntheoretischen Grundlagen her bedeutete Sprachenlernen<br />

formale Geistesschulung und Erziehung zu ordnendem Denken. Die Literatur als<br />

geformte Sprache war dabei das Zeugnis geistiger Leistungen einer Sprachgemeinschaft,<br />

worin charakteristische, kulturelle Werte zutage traten, die es aufzunehmen und<br />

zu verstehen galt. Von den pädagogischen Grundlagen her wurde Sprachenlernen nicht<br />

nur als geistig-formale Schulung, sondern auch als Formungsprozess der Persönlichkeit<br />

verstanden, der also in der Auseinandersetzung mit Bildungsgütern einer fremden<br />

Kultur erfolgte, die mit Leistungen der eigenen Kultur in Relation gesetzt wurden<br />

(Neuner 1989, 148).<br />

Deutsch war in Finnland vor dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang die erste<br />

Fremdsprache an den Oberschulen (=Gymnasien). Dies änderte sich nach dem Krieg,<br />

denn die USA waren inzwischen zur führenden Weltmacht aufgestiegen und der<br />

‘american way of life’ setzte sich in vielen Teilen der Welt durch. Parallel dazu<br />

entwickelte sich Englisch zur Welt- bzw. Lingua-franca-Sprache. Noch zu Beginn der<br />

60er Jahre hielt sich die Anzahl der Schüler mit Deutsch bzw. Englisch als erster<br />

Fremdsprache fast die Waage (Domisch, Manuskript). Allerdings erlangte Englisch in<br />

den folgenden Jahrzehnten eine absolut dominante Position, weil das Englische zudem<br />

global zur führenden Medien- und Wissenschaftssprache aufgestiegen ist (Varpio 1999,<br />

34).<br />

Deutsch als erste Fremdsprache sank infolge der Schulreform bzw. Einführung der<br />

Gesamtschule 1972–1977 unter ein Prozent. Allerdings wurde Deutsch zur beliebtesten<br />

zweiten Fremdsprache. So wählten 1977 etwa 85% der Schüler in der gymnasialen<br />

Oberstufe Deutsch. 1981 erreichte die Deutsch-Schüleranzahl ihren Zenit: von 112.000<br />

Schülern der gymnasialen Oberstufe wählten 95.000 Deutsch. Dabei muss aber<br />

angemerkt werden, dass die zweite offizielle Fremdsprache aus Schülersicht die dritte<br />

ist, weil alle finnischen Schüler obligatorisch die zweite Landessprache (Finnisch oder<br />

Schwedisch) lernen müssen. Das Gesamtschulgesetz berechtigte die Eltern, für ihre<br />

Kinder bereits ab dem dritten Schuljahr die erste Fremdsprache (A1-Sprache =<br />

Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und Schwedisch) zu wählen. Englisch wurde<br />

von ca. 90% der Schüler gewählt. In den 80er Jahren gab es eine Reform der<br />

gymnasialen Oberstufe, wobei zunächst der Kurs-, dann der Epochenunterricht<br />

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