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Auch im Sprachunterricht gab es eine Reihe von Vorstellungen, die besonders<br />
überzeugend klangen und so nur allzu rasch Anhänger fanden. Verständlicher Input ist<br />
eine solche Lehrmeinung, authentische Sprache eine weitere. Beide sind vielleicht<br />
begründete Annahmen, doch wir müssen uns davor hüten, sie als unverrückbare<br />
Wahrheiten zu übernehmen und verlangen, dass Argumente und Belege vorgebracht<br />
werden. Das Problem ist, dass beide Lehrmeinungen als Glaubensbekenntnisse<br />
gehandelt werden und keine Auseinandersetzung mit der Sache an sich erfolgt. Eine<br />
kritische Überprüfung zeigt jedoch, dass die beiden Annahmen schwer in Einklang zu<br />
bringen sind. Authentische Sprache, d.h. Sprache, die in natürlichen muttersprachlichen<br />
Kontexten produziert wird, ist wahrscheinlich für viele Lernende unverständlich.<br />
Sprache für Lernende verständlich machen heißt aber, dass sie auf die Lernenden<br />
abgestimmt werden muss, wodurch sie nicht mehr authentisch ist.<br />
4 Der angemessene Einsatz von Theorie<br />
Theorie könnte man definieren als Abstraktion vom Besonderen, als das Ableiten von<br />
allgemein gültigen Betrachtungsweisen aus Einzelerfahrungen. Das Theoretisieren ist<br />
der Vorgang, aufgrund dessen eine Theorie gebildet wird, und eine Theorie ist eine<br />
bestimmte Konstellation von Betrachtungen und Einsichten. Nicht die Theorie an sich<br />
– so möchte ich behaupten – ist das Wesentliche, sondern die Theoriebildung, die<br />
Auseinandersetzung mit einer Theorie, weil uns durch die kritische Beurteilung<br />
unterschiedlicher Theorien auch die unserem eigenen Unterricht zugrunde liegenden<br />
Prinzipien bewusst werden.<br />
Aus dieser Sichtweise folgt, dass der Wert einer Theorie nicht an ihrer Überzeugungswirkung<br />
zu messen ist, sondern daran, ob sie zur kritischen Reflexion anregt. Eine<br />
wertvolle Theorie wird nicht einfach angewandt, sondern zuerst kritisch beurteilt. Man<br />
verwendet sie als Katalysator für das Nachdenken über die eigenen Unterrichtsbedingungen,<br />
oder mit einer anderen Metapher ausgedrückt, als Orientierungspunkt,<br />
nach dem ich meine eigene Praxis ausrichte.<br />
Sehen wir uns also an, was das im konkreten Fall heißt. Nehmen wir als Illustration die<br />
beiden vorhin erwähnten Theorien, nämlich verständlicher Input und authentische<br />
Sprache. Die erste leitet sich von Krashens Hypothese ab (z.B. Krashen 1985), dass<br />
durch verständlichen Input ein natürlicher Spracherwerbsprozess eingeleitet wird und<br />
dass dieser Prozess behindert wird, wenn der/die Lehrende versucht, den Lernprozess<br />
zu steuern und zu kontrollieren. Spätere Untersuchungen zeigten, dass diese Art des<br />
natürlichen Spracherwerbs Mängel aufweist und dass auch der gesteuerte Spracherwerb<br />
durchaus seinen Platz hat. Dazu Ellis:<br />
Inzwischen gibt es eine große Anzahl von Studien, die untersuchten, ob sich gesteuerter<br />
Spracherwerb positiv auf das Zweitsprachenlernen auswirkt ...<br />
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