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RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE

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18 Kindheit und Jugend<br />

Zugang zu den übersinnlichen Welten als etwas methodisch<br />

Erlernbares nach naturwissenschaftlicher Analogie verstanden<br />

wissen. Dazu steht aber das unmittelbare Erleben, wie es dem<br />

Knaben zuteil wurde, im Widerspruch. Zum dritten tritt ein<br />

solch frühes hellseherisches Erlebnis bei einem sieben- oder<br />

achtjährigen Knaben in Gegensatz zu Steiners Lehre, daß das<br />

Hellsehen erst mit der Ausbildung des «Astralleibes», also ab<br />

dem 15. Lebensjahr, möglich wird.<br />

Dennoch ist dieses Ereignis gegeben und wird auch von verschiedenen<br />

Schülern und Biographen Steiners bezeugt (z.B.<br />

Rittelmeyer 1983,102; Hemleben 1983,23f.). Wehr nennt die<br />

Möglichkeit, daß man ein solches Hellsehen, das sich «spontan»<br />

und «ohne eine besondere spirituelle Schulung des<br />

Betreffenden» einstellt, nach anthroposophischer Lehre als<br />

«letzten Rest eines alten Hellsehvermögens», als «atavistisches<br />

Hellsehen» bezeichnen könne. Dieses sei in früheren Jahrhunderten<br />

weitverbreitet gewesen und könne als «Erbstück der<br />

archaischen Menschheit» gelten (Wehr 1993,24). Unwillkürlich<br />

wird man hier an Carl Gustav Jungs Lehre vom «kollektiven<br />

Unbewußten» erinnert, die ebenfalls okkulte Elemente aufweist<br />

(vgl. Nannen 1991,181ff.).<br />

Rudolf Steiners Eltern nehmen dieses hellseherische Erlebnis<br />

ihres Jungen nicht ernst und bezeichnen es als dummen<br />

Aberglauben. Mit seinem Erlebnis alleingelassen und mit der<br />

technischen Welt seines Vaters konfrontiert, reift in Steiner der<br />

Gedanke, die übersinnliche Welt mit der naturwissenschaftlich-technischen<br />

Erfahrung zusammenzubringen. Keimhaft beginnt<br />

von nun an in ihm die Suche nach einem Weg, um in voller<br />

Aufnahme des aufklärerischen, naturwissenschaftlichen<br />

und technischen Denkens das Dasein der übersinnlichen Geisterwelt<br />

zu erforschen und in sie einzudringen. «Da waren die<br />

'Grenzen der Erkenntnis'. Und ich hätte diese Grenzen so gern<br />

überschritten», resümiert Steiner im Rückblick auf die Pottschacher<br />

Zeit (636, 13).<br />

Welche Wertung dieses hellseherischen Erlebnisses ergibt<br />

sich aus christlich-biblischer Sicht? Gehen wir einmal von der<br />

Wahrhaftigkeit der Erzählung Steiners aus, dann handelt es sich

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