RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
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Wiener Jahre 33^<br />
Ich, das Steiner in späteren Schriften auch mit «Christus» identifiziert.<br />
Auf die Beurteilung dieser Ansichten gehe ich weiter<br />
unten ein.<br />
Die Begegnung mit Goethe nun, die ihm in den Vorlesungen<br />
des Germanisten Karl Julius Schwer ab Herbst 1879 zuteil<br />
wird, gewinnt für Steiner schicksalhafte Bedeutung. Schon<br />
von der ersten Vorlesung an - sie handelt über «Deutsche Literatur<br />
seit Goethe» - ist er «gefesselt». Schröer ist «ganz an<br />
Goethes Geistesart hingegeben» (636, 41). Hier wird Steiner<br />
sein Programm für die nächsten Lebensjahrzehnte aufgegeben.<br />
Denn nach seinem Studium wird er von 1882 bis 1897 Goethes<br />
Naturwissenschaftliche Schriften in Kürschners «Deutscher<br />
National-Literatur» herausgeben, 1886 zur Mitarbeit bei der<br />
Herausgabe der großen «Sophien-Ausgabe» von Goethes Werken<br />
berufen werden und 1890-1897 am Goethe- und Schiller-<br />
Archiv in Weimar mitarbeiten. Die Prägung durch Goethe, wie<br />
Steiner ihn versteht, geht schließlich so weit, daß er seine anthroposophische<br />
Weltanschauung auch als «Goetheanismus»<br />
bezeichnen kann und für das von ihm konzipierte Zentralgebäude<br />
der anthroposophischen Bewegung ab 1917 den Namen<br />
«Goetheanum» wählt.<br />
Angesichts der schicksalhaften Bedeutung der Begegnung<br />
Steiners mit Karl Julius Schröer und durch diesen mit Goethe<br />
ist es angebracht, bereits an dieser Stelle in einem Überblick auf<br />
die Goethe-Rezeption durch Steiner einzugehen und eine Beurteilung<br />
dieser Weltanschauung zu versuchen - wobei klar ist,<br />
daß die Ausgestaltung der nachfolgend genannten Lehren sich<br />
für Steiner erst im Laufe der jahrelangen Beschäftigung mit<br />
Goethes Schriften (und nicht schon 1879) ergibt.<br />
Zunächst sei einiges zu Steiners Methode der Goethe-Interpretation<br />
gesagt. Er ist sehr beeindruckt von Schröers intuitivem<br />
Zugang zu Goethe, der aber aus diesem Grund «von den<br />
Bekennern der herrschend gewordenen literarhistorischen Methoden»<br />
angefeindet wurde. Schröer «trug gewisse Empfindungen<br />
und Ideen über die literarischen Erscheinungen in sich<br />
und sprach diese rein menschlich aus, ohne viel das Auge im<br />
Zeitpunkt des Schreibens auf die 'Quellen' zu lenken. Man hat