RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
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Generalsekretär der Theosophischen Gesellschaft 9H_<br />
bürgerlichen Monismus als Weltanschauung zurechtgezimmert<br />
hatten, in dem die Einheit auf Kosten des geistigen Reichtums<br />
der Welt gewonnen war, zu viel. Ein Monismus, der die<br />
materielle und geistige Seite der Welt gleichermaßen anerkannte,<br />
ging über den Horizont der meisten Hörer. Diesem<br />
'Sprengstoff' der Idee waren sie nicht gewachsen. Da stand nun<br />
Rudolf Steiner im Kreise so vieler ihm menschlich verbundener<br />
Freunde wieder völlig allein» (Hemleben 1983,76).<br />
Noch im gleichen Jahr 1902 läßt Steiner die bereits erwähnten<br />
Vorträge zum Thema «Das Christentum als mystische Tatsache<br />
und die Mysterien des Altertums» zusammengefaßt in<br />
Buchform erscheinen. An anderer Stelle bin ich ausführlich auf<br />
dieses Werk eingegangen und habe eine Beurteilung vorgenommen<br />
(Gassmann 1993,130ff.+190ff.). Hier sei nur so viel<br />
gesagt:<br />
Steiner versucht, das Christentum, wie er es interpretiert, und<br />
altheidnische Mysterienreligionen miteinander zu verbinden.<br />
In dem «Christus Jesus» sei das, was sich jahrtausendelang in<br />
den Mysterientempeln zugetragen habe, nämlich das Eindringen<br />
in die übersinnlichen Welten, in einzigartiger Weise historisches<br />
Ereignis geworden. Das Leben Jesu sei eine Wiederholung<br />
der Tempelrituale (z.B. des «Stirb und werde») in verkürzter<br />
Gestalt. «Etwas, was also Mysterienvorgang in der alten<br />
Weisheitsentwicklung war: das wird durch das Christentum<br />
zur historischen Tatsache. Dadurch wurde das Christentum die<br />
Erfüllung nicht nur dessen, was die jüdischen Propheten vorhergesagt<br />
hatten; sondern es wurde auch die Erfüllung dessen,<br />
was die Mysterien vorhergebildet hatten. Das Kreuz auf Golgatha<br />
ist der in eine Tatsache zusammengezogene Mysterienkult<br />
des Altertums» (619,164f.).<br />
Aber gerade das ist es nicht! In der Heiligen Schrift findet<br />
sich durchgehend die radikale Abgrenzung des jüdisch-christlichen<br />
Gottesglaubens von fremdreligiösen, heidnischen Systemen,<br />
Praktiken und Einweihungswegen, wie jeder unbefangene<br />
Bibelleser leicht feststellen kann. Es sei nur an 2. Mose<br />
20,2f., 5. Mose 18,9ff., 2. Kön. 23,24f., Rom. l,21ff., 1. Kor.<br />
10,20f., 2. Kor. 6,14ff. und viele ähnliche Stellen erinnert.