RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
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38 Wiener Jahre<br />
(Ps. 115,3; vgl. Ps. 33,9; Jer. 18,lff.). Es entspricht hingegen<br />
dem sündhaften Wesen und Streben der Heiden, daß sie<br />
«Gottes Wahrheit in Lüge verkehrt und das Geschöpf verehrt<br />
und ihm gedient haben statt dem Schöpfer» (Rom. 1,25) - eine<br />
deutliche Absage an jede Form von Pantheismus und Naturreligion<br />
(auch in ihrer aufklärerischen und idealistischen Gestalt).<br />
Genauso wie die andere Schöpfung ist auch der Mensch nicht<br />
Teil Gottes. Vielmehr ist er - und das ist sein Spezifikum -<br />
«nach dem Bild» Gottes geschaffen (1. Mose 1,27), was aber<br />
nicht Wesensidentität, sondern Abbildcharakter meint. Auch<br />
die neutestamentliche Formel vom «Sein in Christus» (z.B. 2.<br />
Kor. 5,17) bezeichnet niemals eine Identität. Vielmehr drückt<br />
das Wörtchen «in» sowohl die Unterschiedenheit als auch die<br />
Gemeinschaft zwischen Christus und dem Glaubenden aus,<br />
wobei die personale Gemeinschaft durch die Unterschiedenheit<br />
erst ermöglicht wird. Der Mensch ist Gottes Gegenüber, das zu<br />
Gott (etwa im Gebet) «Du» sagen, das von ihm abtrünnig werden<br />
(Sünde) und wieder zu ihm zurückkehren kann (Umkehr).<br />
Der «faustische» Mensch hingegen, wie er namentlich in<br />
Goethes «Faust» begegnet und wie er Steiner inspiriert hat, versucht<br />
mit Hilfe von «Mephistopheles» (= Satan), die Grenzen<br />
seines Daseins und Erkennens zu überwinden und in übersinnliche<br />
Bereiche einzudringen, die ihm Gott mit gutem Grund<br />
verwehrt. Denn im Gegensatz zu Goethes Finale in «Faust II»<br />
findet er auf diesem Weg des «immer strebenden Sich-<br />
Bemühens» in den übersinnlichen, okkulten Bereich hinein<br />
nicht die Erlösung, sondern die Verdammnis in der Gottesferne.<br />
Der faustische Weg des eigenmächtigen Eindringens in höhere<br />
Welten endet im Abgrund dämonischer Versklavung - und<br />
nur durch die Umkehr zu Jesus Christus und durch sein rettendes<br />
Opfer am Kreuz kann Rettung erfolgen.<br />
1880: Der Begriff «Anthroposophie»<br />
Neben seinem Studium an der Wiener Technischen Hochschule<br />
besucht Rudolf Steiner zeitweise auch Vorlesungen an der