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RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE

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34 Wiener Jahre<br />

sogar gesagt, er habe seine Darstellung 'aus dem Handgelenk<br />

hingeschrieben'» (636,69).<br />

In ähnlicher Weise gerät Steiner selber immer wieder in Konflikt<br />

mit den Vertretern einer rein literarhistorischen Goethe-Interpretation,<br />

auf die es ihm selber nicht so sehr ankommt. Ihm<br />

geht es vielmehr um ein intuitives Sich-Hineinv er senken in<br />

Goethes Denk- und Vorstellungswelt - etwa in Anknüpfung an<br />

die Frage Schröers, die diesem «bei jeder Empfindung und<br />

Idee» in der Seele auftrat: «Würde Goethe so empfunden und<br />

gedacht haben?» (636,69). Steiner gesteht zu, «daß, was ich bei<br />

der Bearbeitung der Weimarischen Ausgabe in manchem einzelnen<br />

gemacht habe, als Fehler von 'Fachleuten' bezeichnet<br />

werden kann». Er führt dies auf ein mangelndes «Erkennen der<br />

Außenwelt» infolge seines Zuhauseseins in der «geistigen<br />

Welt» zurück (636, 235). Daraus ergibt sich, daß Steiners<br />

Goethe-Deutung doch recht subjektiv ist, obwohl er ihn in den<br />

wesentlichen Punkten richtig verstanden haben dürfte und<br />

nicht ganz zu Unrecht eine Geistesverwandtschaft erkannte.<br />

Steiner knüpft insbesondere auf dem Gebiet der Erkenntnistheorie<br />

an Goethe an. Für Kant konnte «das menschliche Erkennen<br />

nur bis an die Grenzen gehen», die den «Sinnesbereich»<br />

umschließen. Für alles, was darüber hinausging, war nur<br />

ein Glaube möglich. Goethe hingegen wollte - an Piaton anknüpfend<br />

- «die Ideenwelt in ihrem Wesen an der Natur»<br />

schauen, um dann «in der befestigten Ideenwelt zu einer über<br />

die Sinnes weit hinausliegenden Erfahrung zu schreiten». Er<br />

dachte die Natur «ideenerfüllt» (625, 44+46). Diese monistische<br />

Weltsicht Goethes aufnehmend, kann Steiner schreiben:<br />

«Indem sich das Denken der Idee bemächtigt, verschmilzt es<br />

mit dem Urgründe des Weltdaseins; das, was außen wirkt, tritt<br />

in den Geist des Menschen ein: er wird mit der objektiven<br />

Wirklichkeit auf ihrer höchsten Potenz eins. Das Gewahrwerden<br />

der Idee in der Wirklichkeit ist die wahre Kommunion des<br />

Menschen» (636,124).<br />

Goethe hatte ferner die Vorstellung von einer nicht empirisch<br />

nachweisbaren «Urpflanze» entwickelt, die alle sinnlich wahrnehmbaren,<br />

einzelnen Pflanzen als übergeordnete Idee enthält.

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