RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
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Weimarer Zeit 69<br />
naturwissenschaftlichen Aspekt der Evolution zu beschränken<br />
suchte. Haeckel hingegen propagiert in einer aggressiven und<br />
polemischen Weise das «Ende des dogmatischen Christentums»<br />
und den Sieg seiner neuen «monistischen Religion». So<br />
führt er aus: «Der unvermeidliche Kampf zwischen den herrschenden<br />
dualistischen Kirchen-Religionen und unserer vernunftgemäßen<br />
monistischen Natur-Religion muß früher oder<br />
später mit dem vollständigen Siege der letzteren endigen - wenigstens<br />
in den wahren Kulturstaaten!» (Haeckel 1984,438).<br />
Haeckel hat sich geirrt! Der Evolutionismus ist heute umstrittener<br />
als noch vor Jahren und wird von einer wachsenden<br />
Zahl von Wissenschaftlern in Frage gestellt. Der atheistische<br />
Monismus hat sich nicht durchgesetzt, sondern wurde entweder<br />
ganz abgelehnt oder vielfach variiert.<br />
Bereits Rudolf Steiner vertritt eine andere Form des Monismus<br />
als Haeckel - eben einen «spirituellen» oder «geistgemäßen<br />
Monismus». Wie sieht dieser aus? Steiner schreibt:<br />
«So stand die naturwissenschaftliche Entwickelungsreihe, wie<br />
sie Haeckel vertrat, niemals vor mir als etwas, worin mechanische<br />
oder bloß organische Gesetze walteten, sondern als etwas,<br />
worin der Geist die Lebewesen von den einfachen durch die<br />
komplizierten bis herauf zum Menschen führt» (636,300).<br />
Steiners Ausgangspunkt ist nicht wie bei Haeckel eine Materie,<br />
die aus sich selbst heraus die unterschiedlichen Lebensformen<br />
hervorbringt, sondern eine Geistwelt, aus der heraus<br />
sich diese entfalten. Auch hier sind seine hellseherischen Erfahrungen<br />
für ihn prägend. Zu seiner endgültigen Anschauung<br />
von der «geistigen Evolution» gelangt er allerdings erst nach<br />
der Jahrhundertwende. Dann wird ihm bewußt, daß «der<br />
Mensch als Geist-Wesen älter ist als alle anderen Lebewesen,<br />
und daß er, um seine gegenwärtige physische Gestaltung anzunehmen,<br />
sich aus einem Weltenwesen herausgliedern mußte,<br />
das ihn und die andern Organismen enthielt. Diese sind somit<br />
Abfälle der menschlichen Entwickelung; nicht etwas, aus dem<br />
er hervorgegangen ist, sondern etwas, das er zurückgelassen,<br />
von sich abgesondert hat, um seine physische Gestaltung als<br />
Bild eines Geistigen anzunehmen. Der Mensch als makrokos-