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EKD-Text 106 - Evangelische Kirche in Deutschland

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lustes staatlicher Souveränität mit e<strong>in</strong>em häufig kritischen Unterton <strong>in</strong> den Blick<br />

kommen, ohne dass jedoch deren Legitimation grundsätzlich <strong>in</strong> Frage gestellt wird.<br />

Die von se<strong>in</strong>en Gegnern gestellte Fangfrage nach der Legitimation der Steuerzahlung<br />

an die Römer, wird durch den berühmten Satz Jesu, „dem Kaiser zu geben, was<br />

des Kaisers ist, Gott aber zu geben, was Gottes ist“ (Mk. 12, 17), beantwortet. Diese<br />

Antwort ist nicht als Problemlösung, sondern vielmehr als Problemanzeige zu verstehen:<br />

Jesus h<strong>in</strong>terfragt die Selbstverständlichkeit dieser Steuer und empfiehlt se<strong>in</strong>en<br />

Hörern, sich selbst darüber klar zu werden, wie sie sich, wenn sie den Anspruch<br />

Gottes akzeptieren, gegenüber den mit dem Bild des Kaisers geprägten Geldmünzen<br />

und der dar<strong>in</strong> repräsentierten römischen Macht verhalten sollen. Demgegenüber<br />

wird e<strong>in</strong>e deutlich neutralere Haltung gegenüber dem römischen Steuersystem von<br />

Paulus im Römerbrief (vgl. Kap. 13) entwickelt.<br />

Paulus, als Angehöriger der christlichen M<strong>in</strong>derheit aus jüdischer Familie stammend<br />

und selbst römischer Staatsbürger wusste die damit verbundenen Rechtsgarantien<br />

durchaus zu schätzen und zu nutzen und erklärte die Zahlung von Abgaben<br />

und Zöllen für rechtmäßig, da er die Obrigkeit – speziell den römischen Staat<br />

– <strong>in</strong> ihrer Ordnungsfunktion durchaus zu würdigen wusste. Er betont <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Briefen e<strong>in</strong>e Loyalität der Christen gegenüber den politischen Machthabern. Dabei<br />

versteht er deren ordnungs- und friedensstiftende Funktion als Auftrag Gottes, der<br />

sie auch zu bewerten erlaubt.<br />

(9) Die biblischen Schriften nehmen also die Verpflichtungen zu Steuerzahlungen<br />

und Abgaben gegenüber staatlichen Autoritäten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr differenzierten Weise<br />

wahr. Während die Entfaltung e<strong>in</strong>er staatlichen Hofhaltung und die entsprechenden<br />

Repräsentationslasten kritisch thematisiert werden, wird die sozial motivierte<br />

Abgabe für arme Bevölkerungsschichten geradezu als Voraussetzung e<strong>in</strong>er dem<br />

Willen Gottes entsprechenden und nicht zuletzt ökonomisch erfolgreichen Gesellschaftsordnung<br />

angesehen. Schließlich zeigt die relativ häufige Thematisierung<br />

und zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong>direkte Infragestellung der Steuerzahlungen speziell <strong>in</strong> den<br />

Schriften des Neuen Testaments, dass diese <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den als problematisch<br />

und ke<strong>in</strong>esfalls selbstverständlich angesehen worden s<strong>in</strong>d. Jedes Steuersystem<br />

muss also se<strong>in</strong>e Legitimation erweisen können. Dies gilt im Blick auf die Ordnungsund<br />

Rechtsfunktion des Staates ebenso wie im Blick auf die Verteilungsaufgaben.<br />

In biblischer Perspektive müssen Rechtssetzung und staatliche Ordnung an Gottes<br />

Geboten gemessen werden. Steuern für die Versorgung und Unterstützung sozial<br />

Schwacher können sich – trotz aller historischen Differenzierungen – auf biblische<br />

Grundlagen beziehen und haben deswegen für Christen e<strong>in</strong>e hohe Plausibilität.<br />

Dabei sollten nicht nur die Armen und Marg<strong>in</strong>alisierten <strong>in</strong> den Blick genommen<br />

werden, sondern alle, die selbst nicht <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, politische Prozesse aktiv mit<br />

zu gestalten. Dazu gehören alle Gruppen, die am Rand der Gesellschaft stehen, aber<br />

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