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DAS QUERY PROJEKT - European Commission - Europa

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Nach der Datenerhebung wurden die Partner zum zweiten<br />

<strong>QUERY</strong>-Workshop, der am 20. 10. 2005 in Bratislava stattfand,<br />

eingeladen.<br />

2.2.2.2. Abschlusskonferenz Bratislava<br />

Im zweiten und letzten <strong>QUERY</strong>-Workshop wurde die Auswertung<br />

der Befragung den Partnern präsentiert. Damit stand den<br />

Konferenzteilnehmern auch ein quantifizierter Überblick zu den<br />

spezifischen Ländersituationen und den Meinungen der Teilnehmer<br />

zu den minimalen Anforderungen für die Qualifikation zur<br />

Unfallanalyse zur Verfügung.<br />

Anschließend wurden unter dem Titel „Berufstraining vs. akademische<br />

Studien“ zwei Referate gehalten. Dabei stellte sich heraus,<br />

dass in <strong>Europa</strong> zwei unterschiedliche Positionen zur Qualifizierung<br />

des Unfallanalytikers vorhanden sind:<br />

Der Query-Partner aus den Niederlanden führte in das niederländische<br />

System ein. Dort können nur Polizeibeamte mit einer<br />

spezialisierten Ausbildung Verkehrsunfälle einschließlich ihrer<br />

Rekonstruktion bearbeiten. Es gibt dort detaillierte Richtlinien<br />

(GT-Normen), die die Gerichtsmedizin und technische Verfahren<br />

betreffen. Hierin ist festgelegt, welche Ausbildungskurse ein Polizeibeamter<br />

besucht haben muss, um Spurensicherung an einer<br />

Unfallstelle zu betreiben und welche Kurse erforderlich sind, um<br />

Fahrzeuge auf technische Mängel zu überprüfen oder einen Unfall<br />

zu rekonstruieren. Für jeden Arbeitsbereich gibt es eine separate<br />

„GT-Norm“. Dort existiert auch noch eine übergeordnete Institution,<br />

das NFI (Netherlands Forensic Institute). Das NFI überwacht<br />

im Wesentlichen die Polizeiarbeit. Im Falle von unterschiedlichen<br />

Auffassungen zur Spurensicherung oder zur Rekonstruktion eines<br />

Unfalls kann das NFI angerufen werden.<br />

In den Niederlanden besitzen die Polizeibeamten, die in diesem<br />

Bereich arbeiten, im allgemeinen keine akademische Qualifizierung.<br />

Der niederländische Konferenzteilnehmer vertrat die<br />

Meinung, dass die berufliche Ausbildung bei der Polizei auf einem<br />

vergleichbaren Niveau zu den akademischen Ausbildungen in<br />

anderen Ländern gesehen werden könne. Da das niederländische<br />

Modell ohne vergleichbare staatliche Strukturen jedoch nicht<br />

auf andere Länder übertragbar ist, stufte er das niederländische<br />

Modell als ebenbürtiges, aber nicht übertragbares System zu<br />

anderen Ländern ein.<br />

Der Partner aus England vertrat auch diese Meinung. Das dort<br />

vorhandene System ist dem niederländischen sehr ähnlich. In<br />

England gibt es eine „City & Guilds“-Qualifikation für Polizeibeamte,<br />

die sie autorisiert, Untersuchungen nach Verkehrsunfällen<br />

durchzuführen. Es gibt dort auch eine übergeordnete Organisation,<br />

das Forensic Science Laboratory.<br />

Aber auch in England existieren Richtlinien, die die Kompetenzen<br />

und die Verantwortlichkeit von Polizeibeamten beschränken.<br />

Sie sind im ‘Road Death Investigation Manual’ zusammengefasst,<br />

das von der Association of Chief Police Officers (APCO)<br />

publiziert wird. Ein Auszug ist dem <strong>QUERY</strong>-Report als Anhang<br />

5 beigefügt. In diesem Text ist klar gestellt, dass die Ausbildung<br />

des Polizeibeamten nicht immer ausreichend ist, um komplizierte<br />

Unfallrekonstruktionen durchzuführen.<br />

Der zweite Vortrag wurde von dem polnischen Partner gehalten.<br />

In Polen ist ein akademischer Grad Voraussetzung, um als<br />

Gerichtssachverständiger akkreditiert zu werden. Weiterhin muss<br />

auch langjährige Berufserfahrung auf diesem Gebiet nachgewiesen<br />

werden. Zur Zeit werden in Polen die Akkreditierungs-<br />

D A s Q U E r y p r o j E K t<br />

bestimmungen noch weiter verschärft, indem eine zweijährige<br />

postgraduierte Ausbildung gefordert wird.<br />

Die große Mehrheit der Konferenzteilnehmer vertrat die Meinung,<br />

dass ein akademischer Grad im Bereich der Ingenieurswissenschaft,<br />

der Physik oder eines vergleichbaren Studienganges<br />

unverzichtbare Voraussetzung für die berufliche Qualifizierung<br />

auf diesem Gebiet sei.<br />

Alle Vertreter waren sich darüber einig, dass weder das niederländische<br />

noch das britische Modell auf andere Länder übertragen<br />

werden kann, da in den anderen Ländern keine vergleichbaren<br />

staatlichen Strukturen existieren und erst geschaffen werden<br />

müssten.<br />

Weiterhin waren sich alle darüber einig, dass ein normaler<br />

Polizeibeamter, der nur über eine Grundausbildung in Spurensicherung<br />

an der Unfallstelle verfügt, nicht die notwendigen<br />

Fähigkeiten besitzt, um einen Verkehrsunfall zu rekonstruieren.<br />

Diese Meinung spiegelt sich auch klar in den Ergebnissen der<br />

Fragebogenauswertung wieder.<br />

Bis auf die Niederlande und England gibt es in den Ländern der<br />

europäischen Union keine Ausbildungsmöglichkeit für Polizeibeamte<br />

zur Unfallrekonstruktion. Dennoch gibt es einige europäische<br />

Länder, in denen die Polizei Unfälle rekonstruiert und Beamte<br />

sogar als sachverständige Zeugen oder Sachverständige vor<br />

Gericht auftreten. Diese gerichtliche Anhörung kann auch Fragen<br />

zu den Unfallursachen beinhalten, ein Thema, in dem eigentlich<br />

keine Schlüsse ohne spezielle Qualifizierungen möglich sind.<br />

2.2.2. . Der Entscheidungsprozess für die Empfehlungen<br />

der Richtlinien<br />

In den lebhaften Diskussionen, die in Bratislava stattfanden,<br />

konnte zu der ersten Empfehlung keine gemeinsame Linie erreicht<br />

werden. Außer den Niederlanden und Großbritannien waren alle<br />

Teilnehmer der Auffassung, dass nur akademisch qualifizierte<br />

Personen Unfallrekonstruktion ausüben sollten. Die Funktion der<br />

Polizei sollte sich darauf beschränken, an der Unfallstelle Spuren zu<br />

sichern. Die Analyse des Datenmaterials sollte nur von Akademikern<br />

ausgeführt werden. Aufgrund des Einspruchs der Teilnehmer<br />

aus den genannten beiden Ländern wurde ihre abweichende<br />

Meinung in die erste Empfehlung aufgenommen.<br />

Im Mai 2006, also lange nach der Konferenz, teilte uns die<br />

österreichische Ländergruppe des EVU mit, dass in ihrem Land<br />

zur Zeit Studenten von der Universität und von der Höheren<br />

Technische Lehranstalt (HTL) als Unfallanalytiker zertifiziert werden<br />

können. Für einen Absolventen der Universität sind 5 Jahre<br />

Arbeitserfahrung notwendig. Bei einer HTL-Qualifizierung erhöht<br />

sich die notwendige Berufserfahrung auf 10 Jahre. Der Abschluss<br />

einer HTL kann in Österreich auf ein Studium einer „University of<br />

Applied Science“ angerechnet werden. In diesem Fall kann ein<br />

Abschluss an dieser Institution nach nur zwei weiteren Studienjahren<br />

erreicht werden.<br />

Die zweite Empfehlung der Richtlinien wurde einstimmig<br />

verabschiedet. Alle Teilnehmer waren der Meinung, dass ein<br />

europaweit geschützter Titel für Unfallanalytiker unbedingt erforderlich<br />

ist.<br />

Die dritte Empfehlung wurde ebenfalls einstimmig verabschiedet.<br />

Grundsätzlich soll die Spurensicherung von der Polizei<br />

durchgeführt werden. Bei sehr komplizierten Unfällen jedoch<br />

sollte die Polizei einen Sachverständigen der Unfallrekonstruktion<br />

hinzuziehen. Er kann aufgrund seiner Erfahrung und Fachkennt-<br />

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