DAS QUERY PROJEKT - European Commission - Europa
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s tAt U s B E r I c h t E D E r l ä n D E r<br />
einander widersprechende Gutachten vor, wird im Zivilverfahren<br />
eine Oberbegutachtungskommission zugezogen (von dieser<br />
sollen die Widersprüche geklärt, nicht aber ein neues Gutachten<br />
erstellt werden). Im Strafverfahren kann bei Vorlage eines gegensätzlichen<br />
Gutachtens ein weiterer Sachverständiger bestellt werden,<br />
jedoch nur zur Klärung der Frage, woraus sich die Differenz<br />
zwischen den beiden Gutachten ergibt, bzw. ob und wie eines der<br />
Gutachten zu ergänzen ist, bzw. ob ein weiteres Gutachten in der<br />
Sache eingeholt werden soll.<br />
Für das Strafverfahren gilt auch, dass die Verteidigung innerhalb<br />
einer bestimmten Zeit nach Verlesung der Anklageschrift die<br />
Bestellung eines anderen Sachverständigen beantragen kann,<br />
welchem Antrag das Gericht statt zu geben hat.<br />
Der Sachverständige weist sich vor dem Gericht durch Vorlage<br />
seines Sachverständigenausweises aus, und nach der Belehrung<br />
bezüglich der Folgen eines falschen Gutachtens kommt es zur<br />
Anhörung.<br />
Arbeitsumfeld<br />
Das arbeitsrechtliche Umfeld der forensischen Tätigkeit zeigt<br />
ein ziemlich heterogenes Bild. Die meisten Sachverständigen<br />
arbeiten nebenberuflich und nutzen dabei oft die Infrastruktur<br />
ihres Hauptarbeitgebers. Viele Sachverständige sind als Staatsangestellte<br />
in den Instituten des Justizministeriums tätig. Verglichen<br />
mit anderen EU-Staaten ist die Zahl der unabhängigen<br />
Sachverständigen mit selbständiger Berufsexistenz gering. Diese<br />
arbeiten als Einzelunternehmer oder als Pensionisten. Sachverständige<br />
dürfen sich nicht zu Sachverständigenbüros oder<br />
Wirtschaftskörperschaften zusammenschließen, weil die gültigen<br />
Rechtsvorschriften dies nicht zulassen.<br />
In Sachen Kostenabrechnung sieht es sehr schlimm aus. Der<br />
(offizielle) Stundensatz für Kfz-Sachverständige beträgt 1600 HUF<br />
+ 35% Kostenpauschale + MwSt. (1600 HUF sind ca. 6 – 7 €). Die<br />
gegenwärtige absurde Lage ist unhaltbar, nicht einmal wenn der<br />
Sachverständige täglich zwei Stunden in Rechnung stellt (laut<br />
Gesetz ist ausnahmsweise auch ein 2,5-Multiplikator zulässig).<br />
Unter den Kosten können (unrealistisch niedrig angesetzte)<br />
Kopier-, Foto- und Reisekosten abgerechnet werden.<br />
Das novellierte Gesetz über das Zivilverfahren räumt die Möglichkeit<br />
zur vorherigen Festlegung der Sachverständigenkosten<br />
noch vor der Bestellung des Sachverständigen ein.<br />
Arbeitsgebiete<br />
Sachverständigenaufträge können folgende Aufgaben und<br />
Problembereiche erfassen:<br />
• Untersuchung von Unfällen vor Ort (Spurenermittlung, Untersuchung<br />
von Fahrzeugen, Sichtbarkeitsfragen usw.)<br />
• Biomechanische Untersuchungen (in der Regel gemeinsam<br />
mit einem ärztlichen Sachverständigen)<br />
• Feststellen von technischen Mängeln, Untersuchung der<br />
Unfallursache<br />
• Reparaturkalkulation<br />
• Fahrzeugidentifizierung, Wertermittlung<br />
• Untersuchung von Versicherungsbetrug<br />
• Beurteilung von Reparaturen<br />
• Untersuchung von Fahrzeugbelastung und Ladegutbefestigung,<br />
usw.<br />
6<br />
Sonstiges<br />
Die Sachverständigen sind zum großen Teil bereits Mitglieder<br />
des EVU-Hungary und nehmen großenteils an den vom EVU und<br />
IbB-Hungary seit Jahren veranstalteten jährlichen Fortbildungen<br />
teil. (IbB ist ein deutsches Franchise-Unternehmen auf dem Gebiet<br />
der Unfallrekonstruktion.)<br />
Einige Sachverständige (ihre Zahl wächst kontinuierlich) nehmen<br />
an ausländischen Konferenzen und Veranstaltungen (EVU,<br />
AREC, DEKRA, MAS, DSD, IbB, usw.) teil.<br />
Die Anbieter von Unfallanalysesoftware veranstalten ebenfalls<br />
Seminare, dabei wird allerdings allgemein der Standpunkt vertreten,<br />
dass die Preise (vor allem bei den neuen, aktuell weiterentwickelten<br />
Programmen) hoch sind. In Ungarn werden folgende<br />
Simulationsprogramme eingesetzt: Carat, PC-Crash, Analyzer,<br />
IbB-Zusatzmodule, usw.<br />
Gelesen werden die Fachzeitschriften „Verkehrsunfall und<br />
Fahrzeugtechnik“ bzw. „ATZ“ (Automobiltechnische Zeitschrift).<br />
Ein selbständiges Fachblatt existiert in Ungarn leider noch nicht,<br />
aber die Zeitschrift der Landeskammer wird vielleicht auch für<br />
den fachlichen Erfahrungsaustausch Raum bieten.<br />
Schlussbemerkungen<br />
Die Situation der Kfz-Gerichtssachverständigen in Ungarn<br />
ist von außerordentlich vielen Problemen der seit der Wende<br />
ungenutzt verstrichenen 15 Jahre geprägt. Dies wird schon allein<br />
anhand des Vorbeschriebenen deutlich. Die Probleme wurzeln<br />
vielleicht darin, dass die Justizreform den Sachverständigensektor<br />
– aus welchem Grund auch immer – unverändert beließ.<br />
Das Justizministerium plant, ein Gesetz über das Sachverständigenwesen<br />
im Parlament einzubringen. Dabei ist mit folgender<br />
Regelungsphilosophie zu rechnen:<br />
• zum allmählichen Ausbau der Autonomie der Gerichtssachverständigenkammer<br />
sollen die Aufgaben im Zusammenhang<br />
mit der Zulassung, der Aufnahme und Löschung von<br />
Sachverständigen festgelegt werden,<br />
• normative Regelung der Zulassungsordnung und der Voraussetzungen,<br />
Festlegung der maximalen Verfahrensdauer,<br />
• Gewährung von Rechtsmitteln gegen die Beschlüsse der<br />
Gerichtssachverständigenkammer,<br />
• Vorschreibung einer obligatorischen Schulung und Prüfung<br />
in Jura,<br />
• Reduzierung der gegenwärtigen Kompetenzen des Justizministeriums<br />
bezüglich der Gerichtssachverständigenkammer,<br />
Bestimmen des Inhalts der Gesetzlichkeitsaufsicht,<br />
• Umgestaltung des forensischen Tarifsystems bei teilweiser<br />
Auflösung des behördlichen Festpreissystems,<br />
• Ermöglichung der Ausübung der Gerichtssachverständigentätigkeit<br />
in Form von Wirtschaftskörperschaften,<br />
• neue Verfahrensordnung für die Tätigkeit der Oberbegutachtungskommissionen,<br />
• sukzessive Umwandlung der forensischen Einrichtungen in<br />
erwerbsorientierte Haushaltsstellen,<br />
• Schaffung der Möglichkeit zur Bestellung von Gerichtssachverständigen<br />
in selbständigen Verfahren.