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2012 - Forschung & Lehre

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710 WISSENSCHAFT UND WEIN <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 9|12<br />

Ist er nun gesund oder nicht?<br />

Wein biologisch betrachtet<br />

| HEINZ D ECKER | Über den gesundheitlichen Nutzen<br />

bzw. Schaden von Wein wird immer wieder kontrovers diskutiert. Um seine<br />

positiven und negativen Effekte genauer zu benennen, lohnt es, sich die Wirkung<br />

verschiedener Weininhaltsstoffe auf den Organismus anzuschauen.<br />

Wein ist ein Kulturgetränk,<br />

das seit mehreren Jahrtausenden<br />

weltweit konsumiert<br />

wird. Schon der bekannte Arzt<br />

Hippokrates (460–375 v. Chr.) fasste die<br />

Vor- und Nachteile des Weines für die<br />

Gesundheit in etwa so zusammen: „Das<br />

erste Glas Wein ist für die Gesundheit,<br />

das zweite Glas ist für die Fröhlichkeit,<br />

das dritte für den guten Schlaf und jedes<br />

weitere Glas eine Gefahr.” Im Altertum<br />

war Wein gesünder als das oft verdorbene<br />

Trinkwasser. Die betörende Wirkung<br />

durch den Anteil an Alkohol förderte die<br />

Beliebtheit des Weins. Bis vor zwei Jahrhunderten<br />

konnte Wein auch als Medizin<br />

aus Apotheken bezogen werden. Etwa<br />

zur gleichen Zeit begann man, den Weinkonsum<br />

sehr kritisch zu hinterfragen.<br />

Zwei Positionen<br />

Heute gibt es zwei Positionen zum Wein.<br />

Die Verfechter der einen Seite raten vom<br />

Wein ab. Er sei wegen seines Alkoholgehaltes<br />

gesundheitsgefährdend und begünstige<br />

den Ausbruch einiger Krebsarten<br />

(Speiseröhre, Magen, Leber, Bauchspeicheldrüse<br />

etc., insbesondere auch<br />

Brustkrebs bei Frauen) und erhöhe dadurch<br />

die Sterblichkeitsrate relativ zu<br />

Abstinenzlern. Die Befürworter des<br />

Weins stellen die schützenden Eigenschaften<br />

des Weines in den Vordergrund.<br />

Wein wirke sich günstig auf Herz/Kreis-<br />

lauferkrankungen, Typ-2-Diabetes, Demenz<br />

und andere Krankheiten aus.<br />

Für diese Diskussion ist neben einer<br />

günstigen genetischen Disposition der<br />

Verbraucher die Menge an konsumiertem<br />

Wein entscheidend. Die Abhängigkeit<br />

zwischen der relativen Sterblich-<br />

keitsrate und der Menge an Alkohol<br />

durch Weinkonsum kann durch einen Jförmigen<br />

Zusammenhang beschrieben<br />

werden. Ein Minimum mit einer im Vergleich<br />

zu Abstinenzlern reduzierten relativen<br />

Sterblichkeitsrate liegt bei etwa<br />

20 bis 24 mg/Tag für den Mann und etwa<br />

10 bis 12 mg/Tag Alkohol für die<br />

Frau. Dies entspricht etwa zwei Gläsern<br />

Wein für den Mann und einem Glas<br />

Wein für die Frau pro Tag und einem<br />

Alkoholgehalt des Weins von 13 Prozent.<br />

Bei diesen Mengen leitete man aus<br />

vielen Studien das höchste Schutzpotenzial<br />

von Wein ab. Das Risiko sinkt<br />

bis zu 30 Prozent, an Herz/Kreislauferkrankungen<br />

wie arterielle Hypertonie<br />

und koronarer Herzkrankheit zu versterben.<br />

Ab der etwa zwei- bis dreifachen<br />

Menge ist das relative Risiko gegenüber<br />

Abstinenzlern dagegen erhöht.<br />

Positive Effekte<br />

Die positiven Effekte auf die Gesundheit<br />

werden zum Teil dem Alkohol und<br />

phenolischen Weininhaltsstoffen zugeschrieben.<br />

Sie scheinen die Menge an<br />

„gutem“ HDL-Cholesterin zu erhöhen<br />

und den Gehalt an „schlechtem“ LDL-<br />

Cholesterin zu senken. Zudem wird die<br />

Thrombozytenaggregation leicht gehemmt<br />

und damit eine Verklumpung<br />

des Blutes verhindert. Auch die Insulinsensitivität<br />

scheint durch Alkohol erhöht<br />

zu wer-<br />

»Den phenolischen Weininhaltsstoffen<br />

wie z.B. Resveratrol wird eine gesundheitsunterstützende<br />

Wirkung nachgesagt.«<br />

AUTOR<br />

Professor Heinz Decker ist Leiter der Instituts für Molekulare Biophysik der Universität<br />

Mainz. Zu seinen <strong>Forschung</strong>sschwerpunkten zählt u.a. die strukturelle und<br />

funktionelle Charakterisierung von Proteinen im Wein und deren Bedeutung für die<br />

Gesundheit.<br />

den. Das Risiko<br />

sinkt, ein<br />

Metabolisches<br />

Syndrom, eine<br />

arterielle Hypertonie<br />

oder Herzkranzgefäßerkrankungen<br />

zu entwickeln. Auch wird den<br />

phenolischen Weininhaltsstoffen wie<br />

dem bekannten Resveratrol, Tanninen<br />

und Anthocyane gesundheitsunterstützende<br />

Wirkung nachgesagt. In Pflanzen<br />

dienen sie als Radikalfänger dem<br />

Schutz vor oxidativem Stress. Für Resveratrol<br />

ist bekannt, dass es die Genexpression<br />

beeinflusst, so dass es bei primitiven<br />

tierischen Organismen eine lebensverlängernde<br />

Wirkung bewirkt –<br />

ähnlich wie bei einer Kalorienrestriktion.<br />

Noch bedeutender scheinen die antioxidativen<br />

Eigenschaften der Phenole<br />

zu sein. Diese Substanzen sind in der<br />

Lage, Sauerstoffradikale, die in allen<br />

Zellen gebildet werden, im Körper zu<br />

neutralisieren.<br />

Negative Effekte<br />

Wein kann indes auch problematisch<br />

für die Gesundheit sein, insbesondere<br />

bei einem stark erhöhten Konsum. Dies<br />

ist auf die Wirkung verschiedener Weininhaltsstoffe<br />

zurückzuführen, wie dem<br />

Alkohol, den biogenen Aminen und<br />

verschiedenen Inhaltsstoffen, die eine

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