2012 - Forschung & Lehre
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722 HOCHSCHULFUSION BRANDENBURG <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 9|12<br />
Hybrid Gesamthochschule<br />
Plädoyer für eine Integration der Hochschule Lausitz<br />
in die BTU Cottbus<br />
| HEYNO G ARBE | Die Brandenburgisch Technische<br />
Universität Cottbus (BTU) soll nach dem Willen der Landesregierung mit der<br />
Hochschule Lausitz (HL) zu einer Gesamthochschule in der Lausitz fusioniert<br />
werden. Dagegen hat sich massiver Widerstand von Hochschullehrern, Studenten<br />
und Verbänden formiert. Ein Beitrag über die Hintergründe und die aktuelle<br />
Situation.<br />
Am 9. Februar <strong>2012</strong> überraschte<br />
die brandenburgische Ministerin<br />
Professor Sabine<br />
Kunst die BTU Cottbus sowie auch die<br />
Hochschule Lausitz (HL) mit der Ankündigung,<br />
beide Hochschulen zu<br />
schließen und als eine neue Universität<br />
– damals noch mit dem Begriff „Energie-Universität“<br />
– neu zu errichten. An<br />
diesem Tag stellte Professor Rolf Emmermann<br />
sein Gutachten vor, an dem<br />
eine im Mai 2010 von der damaligen<br />
Wissenschaftsministerin Dr. Martina<br />
Münch einberufene Expertenkommission<br />
mit rund 30 Mitgliedern gearbeitet<br />
hatte. Diese Kommission sprach sich für<br />
den Erhalt der beiden selbstständigen<br />
Hochschulen aus, wenngleich sie nicht<br />
mit Kritik in einigen Bereichen sparte.<br />
Auch eine stärkere Kooperation der<br />
beiden Lausitzer Hochschulen wurde<br />
gefordert – jedoch nicht ihre Schließung.<br />
Die Landesstrukturkommission, die<br />
im März 2011 von Ministerpräsident<br />
Platzeck den Auftrag erhielt, alle brandenburgischen<br />
Hochschulen zu evaluieren,<br />
kam ebenfalls nicht zu dem Ergebnis,<br />
beide Hochschulen zu schließen<br />
und neu zu errichten; statt dessen<br />
schlug sie eine Holding als Dach von<br />
zwei eigenständigen Einrichtungen vor.<br />
Auch die Expertise dieser von Professor<br />
Friedrich Buttler geleiteten Kommission,<br />
die ihr Ergebnis Ende Mai <strong>2012</strong> der<br />
Öffentlichkeit vorstellte, konnte die Ministerin<br />
nicht umstimmen. Die am<br />
9. Februar <strong>2012</strong> getroffene politische<br />
Entscheidung steht seither fest; auch<br />
wenn diese nichts mit den Empfehlungen<br />
von beiden Kommissionen zu tun<br />
hat.<br />
Im Verlauf des Frühjahrs <strong>2012</strong> gab<br />
es einige öffentliche Veranstaltungen<br />
mit der Ministerin; unter anderem auch<br />
»Die Pläne des Ministeriums<br />
stießen an der BTU Cottbus auf<br />
eine breite Ablehnung.«<br />
in der Cottbuser Stadtverordnetenversammlung,<br />
bei der sie nicht vermitteln<br />
konnte, worum es ihr ging, so dass etliche<br />
Medien von einem „Kommunikationsdesaster“<br />
sprachen.<br />
Wenig später ernannte die Ministerin<br />
Dr. Thomas Grünewald, bis dahin<br />
Vize-Präsident der Uni Potsdam, zum<br />
Beauftragten für die Entwicklung der<br />
Hochschulregion Lausitz, der ab 1. Mai<br />
<strong>2012</strong> viele Gespräche mit den verschie-<br />
AUTOR<br />
Professor Dr.-Ing. Heyno Garbe lehrt Grundlagen der Elektrotechnik und Messtechnik.<br />
Er ist Vorsitzender von 4ING, des Dachvereins der Fakultätentage der<br />
Ingenieurwissenschaften und der Informatik an Universitäten.<br />
denen Statusgruppen an beiden Hochschulen<br />
sowie mit Vertretern von Verbänden<br />
und Politikern führte. Zwar fanden<br />
unter seiner Regie gemeinsam mit<br />
einem Moderator sogenannte „Lausitz-<br />
Dialoge“ statt, doch diese wurden nicht<br />
ergebnisoffen geführt, sondern dienten<br />
der Darstellung des jeweiligen Standpunktes.<br />
Die ministeriellen Pläne stießen an<br />
der BTU Cottbus auf eine breite Front<br />
der Ablehnung: zwei Drittel der Professoren<br />
sprachen sich dagegen aus, die<br />
Studierenden griffen die Position der<br />
Ministerin an und gingen auf die Straße,<br />
Studierende und Mitarbeiter gründeten<br />
eine Volksinitiative. Innerhalb von nur<br />
acht Wochen sammelten sie 42 000 Unterschriften<br />
zum Erhalt der beiden<br />
Hochschulen. Zudem gibt es wöchentliche<br />
Mittwochsdemos, bei denen sich<br />
Studierende und Mitarbeiter<br />
für eine halbe Stunde zum<br />
Protest versammeln.<br />
Die Stadtverordnetenversammlung<br />
Cottbus und der<br />
Oberbürgermeister standen<br />
bis zum 14. August <strong>2012</strong> hinter den Forderungen<br />
der BTU Cottbus. Bei einem<br />
Besuch des Ministerpräsidenten Matthias<br />
Platzeck am 14. August änderte der<br />
Oberbürgermeister seine Haltung und<br />
schwenkte auf den Kurs der Landesregierung<br />
mit der Begründung ein, dass<br />
fünf seiner sieben Forderungen erfüllt<br />
worden seien. Unbestritten ist, dass die<br />
Ankündigung, mit Hilfe von Hochschulverträgen<br />
den Universitäten und<br />
Fachhochschulen Planungssicherheit zu<br />
gewähren, ein erster Fortschritt ist.<br />
Position der BTU Cottbus<br />
Die BTU hat am 7. Mai <strong>2012</strong> einen eigenen<br />
Vorschlag zur Entwicklung vorgelegt,<br />
der keiner neuen gesetzlichen Regelung<br />
bedarf. Dieser geht von den