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2012 - Forschung & Lehre

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9|12 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> BÜCHER 741<br />

Lesen und<br />

lesen lassen<br />

Ethik geistiger Arbeit<br />

Den aktuellen Hintergrund des Essays<br />

bilden die spektakulären Plagiate<br />

in den Dissertationen von Politikern.<br />

Theisohn geht es aber nicht darum,<br />

die Skandalfälle aufzuarbeiten.<br />

Sein Anspruch greift darüber weit hinaus.<br />

Die Schrift ist eine kulturkritische<br />

Auseinandersetzung mit der Praxis des<br />

literarischen Schreibens in den Bereichen<br />

der Kunst, der Politik und der<br />

Geisteswissenschaft.<br />

Wesentlicher Leitgedanke und Anknüpfungspunkt<br />

der Kritik ist die paradigmatische<br />

Feststellung einer „Entpersönlichung<br />

der Literatur auf der einen<br />

und der Entliterarisierung der Persönlichkeit<br />

auf der anderen Seite“. Dieser<br />

Befund manifestiert sich nach Theisohn<br />

in einer Vielzahl von Phänomenen einer<br />

„Entmenschlichung der Produktion<br />

von Literatur“. Unter dem Blickwinkel<br />

der „Interkontextualität“ befasst er sich<br />

mit dem in der breiten Öffentlichkeit<br />

diskutierten Fällen Hegemann und Tellkamp,<br />

die in ihren Romanen Textpassagen<br />

aus anderen Werken übernommen<br />

haben, was zum Teil zu einem neuen<br />

Genre der Kunst hochstilisiert wurde.<br />

Als Rechtfertigungsgrund, den Theisohn<br />

nachdrücklich zurückweist, wird das<br />

Argument angeführt, dass es „ohnehin<br />

keine Grenzen mehr zwischen Leben<br />

und Schreiben gibt“. Gewagt ist die<br />

These, dass die Dissertationsplagiate<br />

von Politikern ein Indiz für eine umfassende<br />

„Aneignung von geistiger Arbeit“<br />

darstellen. Es werde im Sinne eines unausgesprochenen<br />

Konsenses hingenommen,<br />

dass sie permanent literarisches<br />

Eigentum veruntreuen. Theisohn wendet<br />

sich gegen eine Reduktion der Plagiatskontrolle<br />

durch einen oberflächlichen<br />

maschinisierten Textvergleich im<br />

Internet. Darüber hinaus erblickt er das<br />

Problem vieler wissenschaftlicher Arbeiten<br />

nicht im wissenschaftlichen Fehlverhalten,<br />

sondern darin, dass überhaupt<br />

Texte entstehen, die keinerlei<br />

Substanz besitzen, sondern sich auf reine<br />

Kompilation beschränken. Zustimmung<br />

verdient es, wenn Theisohn im<br />

Rahmen der Behandlung der Open-Access-Problematik<br />

eine gesetzlich ange-<br />

ordnete Übertragung urheberrechtlicher<br />

Verwertungsrechte von wissenschaftlichen<br />

Autoren an die Hochschule nachdrücklich<br />

ablehnt.<br />

Seiner Kritik am Verlust der Individualität<br />

des literarischen Schreibens<br />

stellt Theisohn eine neue Textethik gegenüber,<br />

in deren Mittelpunkt die literarische<br />

Arbeit steht. Ein lesenswertes<br />

Buch, es ist kurz genug,<br />

um es zweimal zu lesen.<br />

Philipp Theisohn: Literarisches<br />

Eigentum. Zur Ethik<br />

geistiger Arbeit im digitalen<br />

Zeitalter. Essay. 137 Seiten,<br />

Verlag Kröner, 11,90 €.<br />

Professor Dr. Horst-Peter Götting<br />

Nicht wegzudenken<br />

Von Büchern und Banknoten bis zu<br />

Zeitungen – die Universalität des<br />

Papiers in allen Lebensbereichen ist offenkundig.<br />

Eine Geschichte dieses Trägermediums<br />

in all seinen Formen und<br />

Funktionen hat nun Lothar Müller, Redakteur<br />

im Feuilleton der Süddeutschen<br />

Zeitung und Honorarprofessor an der<br />

HU Berlin, geschrieben. Sie reicht von<br />

der Herkunft des Papiers aus China bis in<br />

die heutige Zeit, in der die elektronischen<br />

Medien das Papier zu verdrängen scheinen,<br />

und ist immer wieder mit einem<br />

Blick auf die Literatur verknüpft. Die Geschichte<br />

des Papiers umfasst weit mehr<br />

als das gedruckte Papier, und so bettet<br />

der Autor die Gutenberg-Ära in die Epoche<br />

des Papiers ein, um die Gutenbergwelt<br />

besser verständlich zu machen und<br />

Rückschlüsse auf die künftige Bedeutung<br />

des Papiers zu ziehen. Das Papier wird<br />

wohl Schlüsselpositionen verlieren, aber<br />

trotz der rasant fortschreitenden Digitalisierung<br />

weiter notwendig sein. Grund genug,<br />

diesem elementaren<br />

Medium ein facettenreiches<br />

Buch zu widmen.<br />

Lothar Müller: Weiße Magie.<br />

Die Epoche des Papiers. Carl<br />

Hanser Verlag, München<br />

<strong>2012</strong>, 383 Seiten, 24,90 €.<br />

Ina Lohaus<br />

BÜCHER ÜBER<br />

WISSENSCHAFT<br />

Christa Cremer-Renz / Bettina<br />

Jansen-Schulz (Hg.): Von der<br />

Internationalisierung der<br />

Hochschule zur Transkulturellen<br />

Wissenschaft<br />

Nomos Verlag, Baden-Baden<br />

<strong>2012</strong>, 350 Seiten, 64,- €.<br />

DAAD (Hg.): Wissenschaft<br />

Weltoffen <strong>2012</strong><br />

Daten und Fakten zur Internationalität<br />

von Studium und<br />

<strong>Forschung</strong> in Deutschland.<br />

W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld<br />

<strong>2012</strong>, 100 Seiten, 29,90 €.<br />

Daniel Krausnick: Staat<br />

und Hochschule im Gewährleistungsstaat<br />

Verlag Mohr Siebeck, Tübingen<br />

<strong>2012</strong>, 660 Seiten, 114,- €.<br />

Bernd-Olaf Küppers: Die Berechenbarkeit<br />

der Welt<br />

Grenzfragen der exakten Wissenschaften.<br />

Hirzel Verlag, Stuttgart<br />

<strong>2012</strong>, 307 Seiten, 32,- €.<br />

Nadia Primc: Das Verhältnis<br />

von Lebenswelt und Wissenschaft<br />

Verlag Königshausen & Neumann,<br />

Würzburg <strong>2012</strong>, 184 Seiten,<br />

28,- €.<br />

Rainer Scharf: Ausgezeichnete<br />

Physik<br />

Der Nobelpreis und die Geschichte<br />

einer Wissenschaft. Verlag<br />

Bückle & Böhm, Regensburg<br />

<strong>2012</strong>, 303 Seiten, 22,90 €.<br />

Alfred North Whitehead: Die Ziele<br />

von Erziehung und Bildung<br />

Und andere Essays. Suhrkamp<br />

Verlag, Berlin <strong>2012</strong>, 234 Seiten,<br />

14,- €.<br />

Torsten Wilholt: Die Freiheit<br />

der <strong>Forschung</strong><br />

Begründungen und Begrenzungen.<br />

Suhrkamp Verlag, Berlin<br />

<strong>2012</strong>, 372 Seiten 16,- €.

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