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William Shakespeare

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Flavius.<br />

Ach, meine lieben Cameraden, was soll ich euch sagen? So wahr als ich wünsche, daß die<br />

wohlthätigen Götter sich meiner erinnern, ich bin so arm als ihr.<br />

1. Bedienter.<br />

Daß ein solches Haus gebrochen, ein so edler Herr gefallen seyn soll! Alles hin! und nicht<br />

ein einziger Freund, der ihm in seinem Unglük unter die Arme greiffe?<br />

2. Bedienter.<br />

Wie wir uns von einem Bekannten wegwenden, der in sein Grab gesenkt worden, so<br />

schleichen seine Freunde von seinem begrabnen Glüksstand alle hinweg, hinterlassen<br />

ihm ihre treulosen Schwüre und Versprechungen; und er selbst, ein dem freyen Himmel<br />

preißgegebner Bettler, mit einem Uebel das alle Welt von ihm scheucht, mit Dürftigkeit<br />

behaftet, geht, bleibt, gleich der Verachtung, allein. - - Noch mehr von unsern<br />

Cameraden.<br />

Es treten noch einige Bediente auf.<br />

Flavius.<br />

Lauter zerbrochnes Geräthe eines zerstörten Hauses!<br />

3. Bedienter.<br />

Doch tragen unsre Herzen noch Timons Liverey, das seh' ich in euer aller Gesicht. Wir<br />

sind noch alle Cameraden, die, da sie ihrem Herrn sonst nichts mehr dienen können, ihre<br />

Treu durch ihren Kummer zeigen. Unsre Barke ist lek, und wir armen Tropfen stehen auf<br />

dem sinkenden Verdek, und hören die Wellen dräuen; wir müssen alle in dem Meer der<br />

weiten Luft, jeder so gut er kan, seine Rettung suchen.<br />

Flavius.<br />

Meine guten Cameraden, ich will das äusserste meines Vermögens mit euch theilen. Wo<br />

wir uns jemals wieder antreffen, wollen wir, um Timons willen, immer gute Freunde seyn,<br />

unsre Köpfe schütteln, und sagen: Wir haben bessere Tage gesehen. Jeder nehme seinen<br />

Antheil; nein, streket alle eure Hände aus - - Kein Wort mehr - -<br />

(Er giebt ihnen Geld, sie umarmen einander und scheiden, der eine diesen, der andre<br />

einen andern Weg.)<br />

Wer wollte sich Reichthum wünschen, wenn Reichthum in Elend und Verachtung aufhört?<br />

Wer wollte (nach diesem Beyspiel,) sich durch einen Traum von schimmerndem Glük und<br />

Freundschaft täuschen lassen? Durch ein Gepränge von Herrlichkeit und Wohlleben, aber<br />

alles nur gemahlt, wie diese gefirnißten Freunde! Mein armer redlicher Herr! durch sein<br />

eignes gutes Herz so weit herunter gebracht! Durch Güte zu Grunde gerichtet! Wie<br />

seltsam, daß zuviel Güte eines Menschen gröste Sünde seyn soll! Unbegränzte Güte<br />

macht Götter, und verderbt Menschen - - Mein theurester Herr, einst so glüklich um<br />

desto elender, so reich um desto dürftiger zu seyn; dein grosser Wohlstand ist die<br />

Gelegenheit zu deinen grösten Widerwärtigkeiten worden! Ach! der gütige Herr! Er ist in<br />

Wuth aus dem undankbaren Siz unnatürlicher Freunde geflohen, und hat nichts mit sich<br />

genommen, was sein Leben unterhalten, oder diesen Unterhalt verschaffen kan. Ich will<br />

ihm folgen und ihn aufsuchen; ich will ihm um seines Herzens willen immer mit bestem<br />

Willen dienen, und, so lang ich Gold habe, immer sein Verwalter bleiben.<br />

Dritte Scene.<br />

(Der Wald.)<br />

48<br />

(Er geht ab.)

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