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William Shakespeare

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Timon.<br />

Hatt' ich einen Verwalter, der so getreu, so redlich, und nun so hülfreich ist? Diß könnte<br />

mein verwildertes Gemüth beynahe zahm machen. Laß mich dein Gesicht sehen;<br />

wahrlich, dieser Mann ist von einem Weibe gebohren. Verzeihet mir mein allgemeines,<br />

keine Ausnahme machendes, zu rasches Urtheil, ihr unsterblichen, weisen Götter! Ich<br />

gestehe nun einen ehrlichen Mann zu; verstehet mich wol, nur Einen; keinen mehr, ich<br />

bitte euch; und der einzige ist ein Verwalter! Wie gerne wollt' ich das ganze Menschen-<br />

Geschlecht gehasset haben, und du kaufst dich los; doch alle andre, dich ausgenommen,<br />

mögen meine Flüche treffen! Mich däucht, du seyest mehr ehrlich als klug; denn, wenn<br />

du mich betrogen und verrathen hättest, so hättest du desto bälder eine andre<br />

Bedienstung erhalten können; viele kommen auf diese Art zu ihren zweyten Herren, auf<br />

ihres ersten Herrn Naken. Aber sage mir aufrichtig, (denn ich muß immer zweifeln, ob ich<br />

gleich niemals weniger Ursach dazu hatte;) ist nicht diese deine Zärtlichkeit listig und<br />

eigennüzig, eine wuchernde Zärtlichkeit, wie reiche Leute Geschenke machen, um<br />

zwanzig mal so viel dafür zurük zu bekommen?<br />

Flavius.<br />

Nein, mein würdiger Herr, (in dessen Brust Zweifel und Argwohn, ach leider! zu spät Plaz<br />

nehmen;) ihr hättet falsche Freundschafts-Versicherungen vermuthen sollen, da ihr<br />

Bankette gabt. Das was ich euch zeige, der Himmel weiß es, ist lauter Liebe, Pflicht und<br />

Ergebenheit gegen ein Herz, das seines gleichen nicht hat, Sorge für euern Unterhalt und<br />

euer Leben; und glaubt mir, es ist kein Vortheil weder gegenwärtig, noch den ich hoffen<br />

könnte, den ich nicht um diesen einzigen Wunsch vertauschen wollte, euch wieder in<br />

Glük und Wohlstand zu sehen.<br />

Timon.<br />

Gut, ich glaube dir, es ist so; du einzelner ehrlicher Mann, hier, nimm. (Er giebt ihm<br />

einen Sak mit Gold.) Die Götter haben dir aus meinem Elend einen Schaz zugeschikt.<br />

Geh, lebe reich und glüklich; aber mit dieser Bedingung, daß du von den Menschen<br />

abgesondert wohnen sollst. Haß' alle, verwünsch' alle, thue keinem Gutes; laß einem<br />

Bettler eh sein verhungertes Fleisch von den Knochen fallen, eh du ihm ein Almosen<br />

gäbest. Gieb den Hunden, was du den Menschen versagst. Daß Gefängnisse sie<br />

verschlingen, daß sie in Schulden verderben, daß die Menschen einem verdorrten Walde<br />

gleich sehen, und verpestete Krankheiten ihr falsches Blut aufleken! Und hiemit lebe<br />

wohl, und gedeyhe!<br />

Flavius.<br />

O laßt mich bey euch bleiben, mein gütiger Herr, und euch unterstüzen - -<br />

Timon.<br />

Wenn du meinem Fluch ausweichen willst, so säume dich nicht, flieh; flieh, weil du noch<br />

gesegnet und frey bist. Sieh du keinen Menschen mehr, und laß dich nimmer vor mir<br />

sehen.<br />

63<br />

(Sie gehen auf verschiedne Seiten ab.)<br />

* Hier vergißt unser Autor, daß seine Personen keine Christen sind, noch seyn können;<br />

kein Wunder, da er durch das ganze Stük vergessen hat, daß sie Athenienser sind.<br />

Zweyte Scene.<br />

Der Poet und der Makler treten auf.

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