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William Shakespeare

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die Eichen tragen Eicheln, die Gesträuche, Hambutten; die gutthätige Hausmutter, Natur,<br />

legt auf jedem Busch ihren ganzen Kram vor euch aus - - Bedürfnisse? Warum<br />

Bedürfnisse?<br />

1. Dieb.<br />

Wir können nicht von Gras, Beeren und Wasser leben; wie Thiere, Vögel und Fische.<br />

Timon.<br />

Auch nicht von den Thieren, Vögeln und Fischen selbst; ihr müßt Menschen essen. Doch<br />

muß ich euch Dank dafür sagen, daß ihr offenbare Diebe seyd, und euch nicht in heiligere<br />

Gestalten einhüllet; denn es herrscht grenzenlose Dieberey auch in gesezmässigen<br />

Lebensarten. Galgenschwengel, Diebe, hier ist Gold! (Er giebt ihnen Geld.) Geht, saugt<br />

das flüchtige Blut der Traube, bis das hizige Fieber euer Blut zu Schaum kocht, und<br />

entgeht dadurch dem Galgen. Vertraut euch keinem Arzt, seine Arzneyen sind Gift, er<br />

tödtet mehr Menschen als ihr beraubt, und nimmt ihnen ihr Geld mit samt dem Leben.<br />

Treibt eure Bubenstüke, treibt sie, weil ihr euch dazu bekennt, wie ein andres Handwerk;<br />

ich will euch Beyspiele genug von Dieberey geben. Die Sonn' ist ein Dieb, und beraubt<br />

durch ihre starke Anziehung das weite Welt-Meer. Der Mond ist ein ausgemachter Dieb,<br />

und maußt sein blasses Licht der Sonne. Das Meer ist ein Dieb, dessen schmelzende<br />

Wellen Dämme in salzichte Thränen auflösen. Die Erde ist ein Dieb, die uns das Futter,<br />

wovon sie lebt, aus dem Unrath aller Dinge zusammenstiehlt; ein jedes Ding ist ein Dieb.<br />

Die Geseze, die euch binden und mit Ruthen streichen, haben ungestraften Diebstahl in<br />

ihrer rauhen Gewalt. Liebt euch selbst nicht, hinweg, beraubt einander, hier habt ihr<br />

mehr Gold; schneidet Kehlen ab; alle die euch begegnen sind Diebe: Geht nach Athen,<br />

brecht in offne Buden ein, denn ihr könnt nichts stehlen; das nicht von Dieben verlohren<br />

wird; stehlt nichts desto minder, weil ich euch Gold gebe, und Gold verderbe euch,<br />

Amen!<br />

3. Dieb.<br />

Er hat mir mein Handwerk schier erleidet, indem er mich dazu aufmunterte.<br />

61<br />

(Er geht ab.)<br />

1. Dieb.<br />

Das ist die allgemeine Bosheit der Menschen; er giebt uns einen Rath, in Hoffnung, daß<br />

er uns an den Galgen bringen werde.<br />

2. Dieb.<br />

So will ich ihm glauben wie einem Feind, und meine Profeßion aufgeben.<br />

1. Dieb.<br />

Wir wollen erst warten, bis zu Athen Fried' ist.<br />

2. Dieb.<br />

Es ist kein so schlimmer Zustand, worinn ein Mensch nicht noch gut werden kan.<br />

(Sie gehen ab.)

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