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50 Jahre Verfassungsschutz und politischer Extremismus in Nordrhein-Westfalen 29<br />
hört es, dass wir uns als Autonome nicht für oder gegen inhaltliche Zielsetzungen<br />
des Staates aussprechen, sondern für die Abschaffung des Staates überhaupt.«<br />
Vor diesem Hintergrund bekamen die Orte und die dortigen zum Teil militanten<br />
Auseinandersetzungen einen Symbolcharakter für die Öffentlichkeit (z.B. Wyhl,<br />
Brokdorf, Wackersdorf, Gorleben, Ahaus), der mit der Besetzung der Baustelle zur<br />
Startbahn West in Frankfurt verglichen werden kann.<br />
Mit den Castor-Transporten nach Gorleben geriet die Anti-Kernkraft-Thematik in<br />
den letzten Jahren wieder neu in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Die Transporte<br />
waren begleitet von einer Vielzahl von Einzelaktionen bis hin zu Massenausschreitungen<br />
und Sabotage in bis dahin nicht dagewesenen Ausmaßen. Der mit dem<br />
Transport verbundene Aufwand wurde in der Folge als »Achillesferse der Atomindustrie«<br />
erkannt. Beim dritten und vierten Castor-Transport (»Tag X 3 « bzw. »Tag<br />
X 4 «) 1997 und 1998 beteiligten sich neben den örtlichen Protestgruppen und nichtorganisierten<br />
Bürgerinnen und Bürgern auch Autonome aus dem gesamten<br />
Bundesgebiet und dem angrenzenden Ausland.<br />
4 30 Jahre Terrorismus von RAF und RZ - Ende einer Bedrohung?<br />
Terrorismus ist der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von<br />
Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden<br />
sollen. Dies unterscheidet den Terrorismus von anderen extremistischen Bestrebungen,<br />
die mit subtileren Methoden - wenn auch nicht weniger gefährdend -<br />
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorgehen.<br />
Seit 30 Jahren Konfrontation und Herausforderung<br />
Die Bundesrepublik Deutschland war seit etwa 30 Jahren mit terroristischen Bestrebungen<br />
konfrontiert. Zu Anfang der siebziger Jahre entstanden an verschiedenen<br />
Orten des Bundesgebietes und in Berlin linksterroristische Gruppen, die eine<br />
revolutionäre Umwälzung des Gesellschaftssystems durch bewaffneten Kampf<br />
nach dem Vorbild der südamerikanischen Stadtguerilla erreichen wollten. Einige<br />
Gruppen zerfielen nach kurzer Zeit oder wurden mit polizeilichen Mitteln zerschlagen.<br />
Demgegenüber entwickelten die Rote Armee Fraktion (RAF), die Bewegung<br />
2. Juni und die Revolutionären Zellen ein beachtliches personelles und logistisches<br />
Potential, mit dem sie über lange Zeit immer wieder brutalste Terroranschläge<br />
ausführten.<br />
Fehleinschätzungen<br />
Zunächst unterschätzten die Verfassungsschutzbehörden das Rekrutierungspotential<br />
und die politische Ausstrahlungskraft dieser Terrorgruppen. Sie wurden als<br />
anarchistische Kleingruppen am Rande der »Neuen Linken« betrachtet, die ihre<br />
kriminellen Neigungen ausleben wollten. Dieser Eindruck wurde dadurch verstärkt,<br />
dass Gruppen wie die RAF und die Bewegung 2. Juni aus dem Untergrund agierten<br />
und zunächst mit bewaffneten Banküberfällen zur Geldbeschaffung in Erscheinung<br />
traten.<br />
Erste Ermittlungserfolge<br />
Erste Ermittlungserfolge verleiteten zu dem Fehlschluss, die Gruppierungen seien<br />
schon kurze Zeit nach ihrer Gründung weitgehend zerschlagen. Bereits 1972 wur-