Publikation downloaden - MIK NRW
Publikation downloaden - MIK NRW
Publikation downloaden - MIK NRW
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
50 Jahre Verfassungsschutz und politischer Extremismus in Nordrhein-Westfalen 50<br />
ihrer Arbeit, wie der Teil des Verfassungsschutzes, der ihnen zur Aufgabe gemacht<br />
worden ist, teilweise synonym für die Ablehnung der streitbaren Demokratie<br />
an sich steht. 50 Jahre Bundesrepublik reichten erwiesenermaßen nicht aus, um<br />
die Phänomene des Dritten Reiches zu erklären und um deren Gräuel zu bewältigen,<br />
und auch die Zukunft wird Erinnerung und Auseinandersetzung erfordern; sie<br />
reichen aber offensichtlich, um für Kritiker vergessen zu machen, dass die Wertentscheidungen<br />
unserer Verfassung u.a. in einem wesentlichen Punkt genau darauf<br />
abzielen, Rückfälle in jedwede Art von Diktatur unmöglich zu machen. Sicherlich<br />
sind, um im Bogen vom inhaltlichen zum institutionellen Verfassungsschutz<br />
nur zwei Beispiele zu nennen, die Regelung des Artikels 79 Abs. 3 GG, wonach<br />
bestimmte Festlegungen des Grundgesetzes unabänderlich sind, oder die Errichtung<br />
von Verfassungsschutzbehörden infolge des Artikels 73 Nr. 10 Buchstabe b<br />
GG nicht Ausprägungen liberaler, wohl aber freiheitlicher Verfassungsentscheidungen:<br />
Sie verbieten Experimente mit den Eckpfeilern unserer dmo kratischen<br />
Verfassung und sollen die frühzeitige Enttarnung solcher Absichten garantieren.<br />
Das heißt zugleich, wer inhaltlichen Verfassungsschutz hinnimmt oder sogar bejaht,<br />
kommt auch nicht umhin, den Verfassungsauftrag und die dementsprechende<br />
Staatspraxis zu tolerieren, die der rechtzeitigen politischen Auseinandersetzung<br />
wesentliche Informationen liefert. Das heißt aber auch, für den Teil des inhaltlichen<br />
Verfassungsschutzes, der dem Aufgabenspektrum der Behörden für Verfassungsschutz,<br />
»eine der umstrittensten Institutionen in der Bundesrepublik<br />
Deutschland« 16) zugewiesen ist, deren Arbeit zu bejahen, wenigstens aber zu ertragen.<br />
Dabei lässt sich nicht leugnen, dass die sicherheitspolitische Lage, anders als zur<br />
Zeit des Kalten Krieges und auch anders als zur Zeit terroristischer Verunsicherung,<br />
heute andere Fragen in den Vordergrund rückt als die, wie wir die freiheitliche<br />
demokratische Grundordnung sichern wollen. Aber: »Die Gefahr des Totalitarismus<br />
ist nicht gänzlich gebannt und wird wohl auch nie ausgeräumt werden können<br />
17) . Niemand wird vorhersagen können, in welchen Gefahren sich die freiheitliche<br />
demokratische Grundordnung morgen befinden könnte. Insofern wäre es in<br />
der Tat leichtsinnig, den Verfassungsschutz 18)<br />
als Seismographen abzuschaffen,<br />
der erkennt, welche extremistischen Strömungen sich entwickeln«. 19)<br />
Verfassungsschutzbehörden bleiben notwendig<br />
Dieses Plädoyer zugunsten des inhaltlichen und des institutionellen Verfassungsschutzes<br />
in der heutigen Zeit und für die Zukunft wird wohl für die abstraktbeschreibenden<br />
Regeln des inhaltlichen Verfassungsschutzes eher hingenommen<br />
als für den institutionellen Verfassungsschutz. »Angezweifelt wird, ob der Verfassungsschutz<br />
in seiner gegenwärtigen Form tatsächlich zum Schutz des freiheitlichen<br />
demokratischen Gemeinwesens beiträgt oder nicht im Gegenteil eine Gefahr<br />
für dieses darstellt. Dies gilt insbesondere deshalb, weil sich der Verfassungsschutz<br />
seit seiner Errichtung immer weiter von der ihm ursprünglich zugedachten<br />
Aufgabe entfernt und deshalb von manchen die Entstehung einer »Superbehörde»<br />
befürchtet wird«. 20)<br />
Diese Zweifel, diese Kritik beruhen auf Ängsten, die wohl auch bedingt sind durch<br />
Arbeitsmethoden unter Zuhilfenahme nachrichtendienstlicher, also geheimer Mittel<br />
21) . Führt man sie auf die rationale Ebene zurück, so sollte die Besinnung auf<br />
das Wesentliche in der Lage sein, die bis in politisch gestaltende Kreise reichende<br />
Ablehnung der Institution Verfassungsschutz zu modifizieren. Der gesetzlich ein-