Publikation downloaden - MIK NRW
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50 Jahre Verfassungsschutz und politischer Extremismus in Nordrhein-Westfalen 49<br />
organisatorisch neben den Landesbehörden für Verfassungsschutz das Bundesamt<br />
für Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst und der Militärische Abschirmdienst<br />
gezählt 12) ; allerdings sind nicht alle ihnen zugewiesenen Aufgaben<br />
dem Spektrum des Verfassungsschutzes zuzuordnen. Bei den Verfassungsschutzbehörden<br />
ist dies z.B. fraglich hinsichtlich der Spionageabwehr, denn die<br />
streitbare Demokratie meint historisch und in ihrer verfassungsmäßigen Ausprägung<br />
die Abwehr der »Binnentäter«.<br />
Aus guten und vielfach erörterten Gründen haben diese Behörden, insbesondere<br />
die im Folgenden näher zu betrachtenden Verfassungsschutzbehörden, keine<br />
klassischen Aufgaben der ordnenden oder leistenden Verwaltung, die typischerweise<br />
in Entscheidungen gegenüber Bürgerinnen und Bürgern oder juristischen<br />
Personen einmünden, sie haben vor allem keine polizeilichen Aufgaben, auch<br />
nicht in Hilfsfunktion für die Staatsanwaltschaft im strafrechtlichen Bereich. Nach<br />
außen wird die Behörde »Verfassungsschutz« erfassbar durch ihre Berichte, in<br />
denen sie als »Frühwarnerin« vor allem auf »Bestrebungen und Tätigkeiten« hinweist,<br />
»die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand o-<br />
der die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche<br />
Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes<br />
oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben« 13) . Dahinter steht ihr Auftrag,<br />
Informationen, Nachrichten und Unterlagen über solche Bestrebungen zu<br />
sammeln und auszuwerten, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht<br />
derartiger Aktivitäten vorliegen. Dieser Aufgabe kommen sie öffentlich, aber auch<br />
mit sog. nachrichtendienstlichen Mitteln nach. Nachrichtendienstliche Mittel zeigen<br />
sich in Arbeitstechniken, die demjenigen, gegen den sie angewandt werden, zunächst<br />
verborgen bleiben (sollen). Sie sind heute zwar akribisch gesetzlich aufgelistet<br />
14) , das ändert aber nichts daran, dass sie in der Anwendung in vielfachem<br />
Sinne belastend sind oder sein können:<br />
• Sie können für die Verfassungsschutzbehörde heimlich Informationen zu Tage<br />
fördern, die belegen, ob Personenzusammenschlüsse, ausnahmsweise auch<br />
einzelne Personen, als Bestrebungen zu verstehen sind, die gegen die freiheitliche<br />
demokratische Grundordnung usw. gerichtet sind;<br />
• sie werden erst dann publik, wenn die Verfassungsschutzbehörde der Meinung<br />
ist, tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht seien erhärtet und wenn sie<br />
dann darüber berichtet;<br />
• sie sind personenzentriert, wenn nur die Aktionen bestimmter Mitglieder oder<br />
Sympathisanten einer »Bestrebung« zu wertenden Erkenntnissen führen;<br />
• sie sind in manchen Fällen intensiv, denn das Belauschen von Gesprächen,<br />
die langfristige Observation, die Überwachung von Telefonaten - um nur einige<br />
Beispiele zu nennen - vermitteln unstrukturiert auch Erkenntnisse über private<br />
Gewohnheiten, obwohl extremistische Aktivitäten Ziel der Informationsbeschaffung<br />
sind.<br />
Das heißt aber, »hier zeigt sich ein in seiner abstrakten Form hingenommenes«,<br />
sogar von den Verfassungsschöpfern unbedingt gewolltes »Verfassungsprinzip im<br />
grellen Licht administrativer Alltäglichkeit« 15) . Auch wenn die Behörden für Verfassungsschutz<br />
keine andere wesentliche außenwirksame Aufgabe haben als die, die<br />
Parlamente, die Regierungen und die Öffentlichkeit auf Gefährdungspotentiale<br />
frühzeitig aufmerksam zu machen, um damit eine öffentliche Sensibilisierung zu<br />
ermöglichen und wenn sie zusätzlich bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit noch an die<br />
enge datenschutzrechtliche Leine gelegt sind, zeigt sich in der mannigfachen Kritik