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50 Jahre Verfassungsschutz und politischer Extremismus in Nordrhein-Westfalen 47<br />

Dritter richtungsweisender Faktor war die schon vorkonstitutionell erkennbare Ost-<br />

West-Polarisierung mit ihren spezifisch innerdeutschen Auswirkungen. Für den<br />

Bereich der damaligen drei Westzonen der Amerikaner, Engländer und Franzosen<br />

auf deutschem Boden und für große Teile der in ihnen lebenden Bevölkerung war<br />

es unvorstellbar, die gerade gewonnene Freiheit von Diktatur und die sich entwickelnden<br />

individuellen Freiheiten in Frage stellen zu lassen durch sozialistische<br />

Diktaturen, wie sie sich unter dem Protektorat der Sowjetunion und nach deren<br />

Vorbild in deren Hemisphäre, also einschließlich der sowjetisch besetzten Zone<br />

Deutschlands, entwickelten oder zu entwickeln drohten.<br />

Bezogen auf die beiden Grenzpflöcke, die es danach gegenüber dem Faschismus<br />

und dem Sozialismus einzuschlagen galt, sagt Jaschke 8) , zu Recht differenzierend:<br />

»Als politische Systeme zwar schwerlich miteinander vergleichbar, sind gleichwohl<br />

beide Male innenpolitische Gegner staatlicher Willkür, psychischem Druck und<br />

physischer Vernichtung ausgeliefert«.<br />

Die wehrhafte Demokratie<br />

In der Gründungsphase der (alten) Länder und des Bundes wurden die Folgerungen,<br />

die sich nach diesen Erfahrungen und Entwicklungen aufdrängten, zunächst<br />

vor allem in den verfassungsvorbereitenden Institutionen diskutiert. Es herrschte<br />

weitestgehend Konsens, solche Gefährdungen nicht bzw. nicht wieder zuzulassen.<br />

Carlo Schmidt erklärte, es gehöre nicht zum Begriff der Demokratie, dass sie<br />

selbst die Voraussetzungen für ihre Beseitigung schaffe. Man müsse vielmehr den<br />

Mut haben zur Intoleranz gegenüber allen Bestrebungen, die die Demokratie gebrauchen<br />

wollten, um sie umzubringen 9) . Damit einher gingen die uns heute so<br />

geläufigen, nuancierenden Begriffsbildungen wie »wehrhafte Demokratie«, »abwehrbereite<br />

Demokratie« oder - wie das Bundesverfassungsgericht es bevorzugt -<br />

»streitbare Demokratie«. Dementsprechend finden sich im Grundgesetz (GG) an<br />

den unterschiedlichsten Stellen Regelungen, die wertorientierte, demokratie- und<br />

verfassungsabsichernde Zielsetzungen haben. Sie richten sich gegen die politischen<br />

und militanten Strömungen, die die freiheitliche demokratische Grundordnung<br />

in der Ausprägung des GG gefährden können. Adressaten sind insoweit<br />

Personenzusammenschlüsse (z.B. Artikel 9 Abs. 2, Artikel 21 Abs. 2 GG), einzelne<br />

Staatsbürger (z.B. Artikel 18 GG) und Institutionen (z.B. Artikel 5 Abs. 3 Satz 2,<br />

Artikel 61 GG). Sie richten sich im umgekehrten Sinn an einzelne Staatsbürger, an<br />

Amtsträger und an Institutionen, um sie zu ermutigen oder zu beauftragen, aktiv<br />

für die Sicherung der Verfassung einzutreten (z.B. Artikel 20 Abs. 4, Artikel 56, Artikel<br />

64 Abs. 2 GG). In diese Kette gehört auch die institutionelle Verankerung der<br />

Länderaufgabe und der Bundesaufgabe »Verfassungsschutz« in Artikel 73 Nr. 10<br />

Buchstabe b GG. Länder und Bund haben auf dieser Grundlage (der Bund zusätzlich<br />

auf der Basis von Artikel 87 Abs. 1 Satz 2 GG) Nachrichtendienst-Behörden<br />

geschaffen.

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