Publikation downloaden - MIK NRW
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50 Jahre Verfassungsschutz und politischer Extremismus in Nordrhein-Westfalen 37<br />
Feindbild ist allerdings geblieben, ebenso wie die pantürkischen Vorstellungen, alle<br />
Turkvölker in Asien wieder unter der Hegemonie der Türkei zu vereinen. Gerade<br />
jetzt - 1999 - rücken sie wieder mehr in den Blickpunkt, weil sie im Hinblick auf die<br />
Kurdenpolitik der Türkei eine harte Linie vertreten und mit Auseinandersetzungen<br />
zwischen ihnen und linken türkischen und kurdischen Gruppierungen verstärkt zu<br />
rechnen ist.<br />
Die linksextremistischen türkischen Organisationen waren in den letzten 20 Jahren<br />
von einer Vielzahl von Spaltungen, neuen Zusammenschlüssen und erneuten<br />
Spaltungen geprägt. Dabei spielten weniger ideologische Gegensätze eine Rolle,<br />
als vielmehr persönliche Rivalitäten unter den einzelnen Führern. Obwohl ihr Ziel<br />
der revolutionäre Sturz des türkischen Staatssystems ist, »bekriegen« sie sich -<br />
zunächst - untereinander unerbittlich. Insbesondere die Nachfolgeorganisationen<br />
der 1983 nach einer gewaltsamen Besetzung des türkischen Generalkonsulats in<br />
Köln verbotenen »Devrimci Sol« tragen ihre Auseinandersetzungen in Deutschland<br />
auch mit Schusswaffen aus. Zahlreiche versuchte und einige vollendete Morde<br />
an jeweiligen Gegnern belegen dies. Aber auch andere linksextremistische türkische<br />
Gruppen haben durch sog. »Parteigerichte« ausgesprochene Todesurteile<br />
gegen Abweichler oder Verräter vollstreckt.<br />
Seit Ende der 80er Jahre Islamismus und PKK im Vordergrund<br />
Seit Ende der 80er Jahre konzentriert sich die Beobachtung des Ausländerextremismus<br />
auf zwei Schwerpunkte, die sich auch in den <strong>NRW</strong>-<br />
Verfassungsschutzberichten seit 1977 widerspiegeln:<br />
• islamisch-extremistische türkische und arabische Organisationen, die unter<br />
den extremistischen Ausländergruppen<br />
• über die weitaus stärkste Anhängerschaft in Deutschland verfügen und<br />
• die in Deutschland zumindest bis 1996 terroristisch operierende Arbeiterpartei<br />
Kurdistans (PKK).<br />
Islamisch-extremistische (islamistische) Organisationen haben nicht nur in<br />
Deutschland, sondern weltweit fast unbemerkt an Bedeutung gewonnen. Zunächst<br />
wurden sie auch in den Heimatländern oft stillschweigend als Gegengewicht zu<br />
sozialrevolutionären oder revolutionär-marxistischen Organisationen geduldet.<br />
Spätestens seit Mitte der 80er Jahre haben sich jedoch ihre Strukturen verfestigt,<br />
während viele ehemals orthodox-kommunistische Gruppen an Bedeutung verloren<br />
oder sich demokratischen Spielregeln angepasst haben.<br />
Islamistische Gruppierungen sind keineswegs homogen, auch wenn sie sich in ihrer<br />
Ideologie, einer religiös doktrinierten und angeblich durch den Islam legitimierten<br />
Politik, nur unwesentlich unterscheiden. In der Wahl ihrer Mittel unterscheiden<br />
sie sich jedoch deutlich. Sie reichen von Terror der algerischen GIA, der palästinensischen<br />
HAMAS oder libanesischen Hizb Allah, über Verbalradikalismus bis zu<br />
gewaltfreier Indoktrination. Allen gemeinsam ist das Ziel oder die Utopie, einen islamistischen<br />
Gottesstaat, zunächst im Heimatland, später weltweit zu errichten.<br />
Als Vorbild dient seit 1979 die Islamische Republik Iran, deren strikt islamistische<br />
Ausrichtung allerdings aufzuweichen beginnt. Gewaltfrei agierende Islamisten finden<br />
in Deutschland ein ideales Umfeld. Die freie Religionsausübung, auf die sie<br />
sich nach außen ausschließlich berufen, ist durch das Grundgesetz garantiert.<br />
Nicht von ungefähr äußerte ein hoher IGMG-Funktionär kürzlich, er könne mit dem<br />
Grundgesetz gut leben. Diese Äußerung belegt das taktische Verhältnis zu unse-