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Tagungsband Landespsychotherapeutentag 2005 (PDF, 4749 kb)

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Für diesen Entwicklungs- Bildungs- und Erziehungsprozess<br />

tragen nach unserer Verfassung die<br />

Eltern die primäre Verantwortung. Dabei macht<br />

die neuere Forschung zunehmend deutlich, dass<br />

Bildung und Erziehung nicht einseitige Vorgänge<br />

i. S. von Fremdbestimmung sind, sondern<br />

Kinder eigenaktiv sind und für ihre körperliche<br />

intellektuelle und emotionale Entwicklung die<br />

Erfüllung elementarer Bedürfnisse wesentliche<br />

Bedingung ist. Die primäre Erziehungsverantwortung<br />

der Eltern wird dadurch zunehmend zur<br />

Herausforderung, weil die Familie schon frühzeitig<br />

von weiteren Lernwelten und Bildungsorten<br />

flankiert wird und mit zunehmendem Alter begleitende<br />

Medienerfahrungen hinzutreten – Außeneinflüsse,<br />

die von Eltern nur noch bedingt<br />

und begrenzt wahrnehmbar und beeinflussbar<br />

sind.<br />

Aufgaben des „Staates“<br />

In welcher Weise trägt nun der „Staat „eine Mitverantwortung<br />

für das Aufwachsen von Kindern?<br />

Anzumerken ist, dass hier der Staat im weiteren<br />

Sinne gemeint ist und alle Aktivitäten einbezogen<br />

werden, die aus öffentlichen Mitteln gefördert<br />

werden, mögen sie auch von sog. freien<br />

Trägern bzw. deren Einrichtungen und Diensten<br />

erbracht werden.<br />

Soweit die Förderung der Entwicklung in den<br />

(primären) Verantwortungsbereich der Eltern<br />

fällt, ist es die vorrangige Aufgabe des Staates,<br />

den Entwicklungs- und Erziehungsprozess zu<br />

unterstützen und zu ergänzen, wenn der „erzieherische<br />

Bedarf“ nicht von den Eltern gedeckt<br />

werden kann. Wenn sie also nicht in der Lage<br />

sind die Bedürfnisse, die das Kinder oder der<br />

Jugendliche seinem Alters- und Entwicklungsstand<br />

entsprechend hat, zu decken. Worin der<br />

erzieherische Bedarf besteht, der nicht von den<br />

Eltern gedeckt wird, kann nur im Einzelfall gemeinsam<br />

mit der für die Hilfe verantwortlichen<br />

Fachkraft festgestellt werden.<br />

Erreicht das „Erziehungsdefizit“ die Stufe der<br />

„Gefährdung des Kindeswohls“, dann wird das<br />

so genannte „staatliche Wächteramt“ aktiviert:<br />

Die Kenntnis von Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung<br />

verpflichtet das Jugendamt<br />

zur Risikoabschätzung und zum Angebot von<br />

Hilfen an die Eltern und das Kind oder den Jugendlichen<br />

zur Abwehr der Gefährdung. Sind sie<br />

nicht bereit oder in der Lage, die Hilfe anzunehmen<br />

und damit die Gefährdung abzuwenden, so<br />

hat der Staat im Eilfall durch Inobhutnahme<br />

ansonsten durch Maßnahmen des Familiengerichts<br />

die Gefährdung durch Schutz des Kindes oder<br />

Jugendlichen abzuwenden.<br />

Die Eltern tragen zwar die primäre, aber nicht die<br />

ausschließliche Verantwortung für die Erziehung<br />

und Entwicklung ihrer Kinder und Jugendlichen.<br />

Soweit die Förderung der Entwicklung nicht in<br />

ihren Verantwortungsbereich fällt ist, wird die<br />

(Mit)Verantwortung des Staates auf folgende<br />

Weise ausgelöst:<br />

- durch den Erziehungsauftrag der Schule nach<br />

Artikel 7 GG als Ort des Erwerbs von Allgemeinbildung<br />

und spezifischen Kompetenzen<br />

- die Heilung von Krankheiten durch Ausübung<br />

von Heilkunde und<br />

- rehabilitative Maßnahmen durch medizinische,<br />

berufliche und soziale Rehabilitation.<br />

Diese verschiedenen „Fördersysteme“ verfolgen<br />

verschiedene Hilfeziele:<br />

- Förderung der Entwicklung von Kindern und<br />

Jugendlichen (durch die Jugendhilfe) bezieht<br />

sich auf die Unterstützung des von den Eltern zu<br />

verantwortenden interaktiven Erziehungsprozesses<br />

- Schulische Bildung und Erziehung: im Vordergrund<br />

steht der Bildungsprozess in der Schule,<br />

die Interaktion zwischen Schülern und Lehrern<br />

- Krankenbehandlung: sie bezieht sich auf die<br />

Behebung bzw. Milderung der Erkrankung einer<br />

Person, des leidenden Menschen („Patienten“).<br />

- Rehabilitation zielt auf die Förderung der<br />

Selbstbestimmung und der Teilhabe einer Person<br />

am Leben in der Gesellschaft, die wegen einer<br />

(seelischen) Störung beeinträchtigt ist, wobei<br />

bei Kindern und Jugendlichen Wechselwirkungen<br />

zwischen seelischer Störung und dem<br />

Erziehungsprozess bedeutsam sind.<br />

Ein Vergleich verschiedener Hilfesysteme zeigt<br />

ein Spezifikum der Förderung der Entwicklung im<br />

Bereich der Kinder- und Jugendhilfe: ihr Anknüpfungspunkt<br />

ist nicht eine einzelne Person, sondern<br />

die Eltern-Kind-Beziehung.<br />

Leistungen der Jugendhilfe mit Einsatzmöglichkeiten<br />

für psychotherapeutische Methoden<br />

Das Achte Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und<br />

Jugendhilfe beschreibt in seinen §§ 11 bis 41 ein<br />

breites Spektrum von „Leistungen“ der Kinderund<br />

Jugendhilfe, die von allgemeinen Angeboten<br />

der Freizeitgestaltung bis hin zu intensiven therapeutischen<br />

Einzelhilfen reichen. Zwar spricht das<br />

Gesetz an keiner Stelle von „psychotherapeutischen<br />

Leistungen“. Dennoch können im Hinblick<br />

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