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Tagungsband Landespsychotherapeutentag 2005 (PDF, 4749 kb)

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haltet sowohl psychoedukative als auch verhaltenstherapeutische<br />

Strategien und sollte im Laufe<br />

der Behandlung gemeinsam mit dem Patienten<br />

erarbeitet werden: Vermittlung von Basisinformationen<br />

zu Diagnose, Ursache, Verlauf und<br />

Behandlungsmöglichkeiten, Aufbau eines funktionalen<br />

Krankheitsmodells, Erkennen individueller<br />

Frühwarnsymptome und Verbesserung der<br />

Achtsamkeit, Identifikation von Belastungsfaktoren<br />

und Möglichkeiten, diese zu reduzieren,<br />

Möglichkeiten die Belastbarkeit zu steigern,<br />

Erarbeitung eines individuellen Krisenplanes.<br />

Ich würde dem Patienten empfehlen, seine Angehörigen<br />

in diesen Teil der Behandlung mit<br />

einzubeziehen.<br />

Auf jeden Fall sollten die ausgeprägten interpersonellen<br />

Konflikte von Anfang an bei der Beziehungsgestaltung<br />

zum Patienten berücksichtigt<br />

werden. Aus der Vignette („Neugier der Kollegen<br />

war bedrängend“, „man muss sich nicht<br />

alles bieten lassen und so habe er die Kollegin<br />

mit Schimpfwörtern auf Distanz gehalten“,<br />

„schimpft über die sadistischen Psychiater und<br />

Psychologen, die ihre Patienten und deren<br />

Krankheiten bräuchten, um ihre kaputten Seelen<br />

daran aufzurichten“) lassen sich erste Hypothesen<br />

bezüglich überdauernder kognitiver<br />

Schemata des Patienten auf der Beziehungsebene<br />

ableiten: Meine Grenzen werden nicht respektiert,<br />

ich werde nicht ernst genommen, wenn ich<br />

nicht ständig aufpasse, werde ich ausgenutzt und<br />

geschädigt, um meine Grenzen zu verteidigen,<br />

muss ich sofort massiv einschreiten.<br />

Die Überzeugung, mit der der Patient seine eigene<br />

Perspektive bezüglich der Wahrnehmung<br />

interpersoneller Beziehungen vertritt, verdeutlicht<br />

die Ich-Syntonie. Der Patient erlebt sein<br />

interpersonelles Verhalten aus der Eigenperspektive<br />

weder störend, abweichend noch normverletzend,<br />

hat also selbst kaum Möglichkeiten, die<br />

Unangemessenheit seiner Kognitionen und daraus<br />

resultierender Handlungen kritisch zu reflektieren.<br />

Die Suche nach Bestätigung und Verstärkung<br />

seiner Grundüberzeugungen durch den<br />

Therapeuten deutet jedoch darauf hin, dass der<br />

Patient seine Beteiligung an den Konfliktsituationen<br />

wahrnimmt und unter den negativen Konsequenzen<br />

seines Verhaltens leidet. Da er dies<br />

aber nicht zum Anlass nimmt, seine kognitiven<br />

Schemata zu hinterfragen bzw. sein Verhalten zu<br />

verändern, ist davon auszugehen, dass die permanente<br />

Kontrolle bezüglich der eigenen Grenzen<br />

und die aggressive Abwehr von Nähe als<br />

Selbstschutz zu verstehen sind.<br />

Zur Bildung von Hypothesen bezüglich der Entstehung<br />

und Aufrechterhaltung der Beziehungsstörung<br />

wären relevante anamnestische Daten, die<br />

in der Fallvignette nicht vorliegen, notwendig.<br />

Durch komplementäres Handeln zur Motivebene<br />

schafft der Therapeut als erstes eine vertrauensvolle<br />

Therapeut-Patient-Beziehung, die als<br />

wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der<br />

Behandlung betrachtet werden kann. Zur Vermeidung<br />

von Krisen in der Therapeut-Patient-Interaktion<br />

wird im Rahmen der kognitiven Therapie<br />

zunächst eine sensible Beachtung der ichsyntonen<br />

Vulnerabilitäts- und Selbstschutzeigenarten<br />

vorgenommen. Erst langfristig sollte eine<br />

Modifikation der dysfunktionalen kognitiven<br />

Schemata erfolgen.<br />

In der Fallvignette werden zwei kritischen Situationen<br />

auf der Beziehungsebene geschildert, die als<br />

Beziehungstests verstanden werden können. Der<br />

Patient unterstellt dem Therapeuten schädigende<br />

Absichten. Darauf sollte der Therapeut gelassen<br />

reagieren, dem Patienten eine korrigierende Erfahrung<br />

ermöglichen, ihm vermitteln, dass es nicht<br />

seine Absicht ist, ihn zu schädigen und ihn bittet<br />

darauf aufmerksam zu machen, wenn er Grenzen<br />

unabsichtlich überschreitet. Der Patient erwartet<br />

Bestätigung seiner dysfunktionalen Grundannahmen<br />

und Solidarität gegen vermeintliche Angreifer.<br />

Der Therapeut bleibt so neutral wie möglich,<br />

bestätigt weder die Grundannahmen noch solidarisiert<br />

er sich, weil dies einer positiven Verstärkung<br />

dysfunktionaler Kognitionen und Verhaltensweisen<br />

gleich käme. Der Therapeut zeigt sich<br />

solidarisch indem er dem Patienten anbietet, die<br />

Situation und die Sinnhaftigkeit seines Selbstschutzes<br />

genau zu analysieren, indem er seine<br />

Sichtweise respektiert und diese ggf. in die Lerngeschichte<br />

des Patienten einbettet und ihn vorsichtig<br />

motiviert, seine Grundannahmen zu prüfen.<br />

Neben einer guten Beziehungsgestaltung gilt es<br />

vor allem, mit dem Patienten eine gemeinsame<br />

Grundlage für das Verständnis der Erkrankung<br />

zu entwickeln und durch Aufstellen gemeinsam<br />

getragener Ziele zu einem Arbeitsbündnis<br />

zu gelangen.<br />

Der Patient hat offensichtlich Schwierigkeiten, die<br />

in hohem Maße stigmatisierende Diagnose paranoid-halluzinatorische<br />

Psychose anzunehmen,<br />

sodass es wichtig ist, ausgehend von der Analyse<br />

der von ihm geschilderten akuten Krisensituation<br />

ein funktionales Bedingungsmodell zu entwickeln,<br />

das von ihm als Erklärungsmodell angenommen<br />

werden kann. Der Therapeut bietet dem<br />

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