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Tagungsband Landespsychotherapeutentag 2005 (PDF, 4749 kb)

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wissen und ihre therapeutische Kunst unter Beweis<br />

stellen zu müssen.<br />

Borderlinetypische Abwertungsmuster implizieren<br />

ein „entweder – oder“, ein „schwarz – oder<br />

weiß“ anstatt Zwischentöne zu erlauben im Sinne<br />

eines „sowohl – als auch“. Die therapeutische<br />

Kunst erfordert einen sensiblen Umgang mit den<br />

schnell oszillierenden „Entweder – oder – Mustern“<br />

auf der Ebene des inneren Erlebens, der<br />

Beziehungsgestaltungen im Alltag und im therapeutischen<br />

Rahmen – im unmittelbaren Kontakt<br />

mit der Therapeutin, dem Therapeuten. Gelingt<br />

der sensible therapeutische Umgang mit den<br />

genannten Oszillationen, wird ein Perspektivenwechsel<br />

möglich und Musterveränderungen werden<br />

wahrscheinlich. Wie kann ein „entweder –<br />

oder“ zum „sowohl – als auch“ führen? Wie<br />

kann beides umgesetzt werden? Wenn nicht<br />

gleichzeitig, wie ist es nacheinander möglich?<br />

Systemtherapeutisch sinnvoll erscheint ein längeres<br />

Verbleiben bei der einen und anschließend<br />

bei der anderen Option. Dies setzt die Entscheidung<br />

der Klientin, des Klienten voraus, eine<br />

Rangfolge zu bilden und benötigt Zeit und Geduld.<br />

Verlieren die ambivalenten Momente ihre<br />

damit einhergehenden Belastungen, ist bereits<br />

einiges erreicht. Systemtherapeutisch geht es um<br />

das Erkennen von vielseitigen Bedürfnissen und<br />

um die Möglichkeiten diese angemessen leben<br />

zu können.<br />

Bezogen auf die hier vorgestellte Fallbeschreibung<br />

würde ich Frau A. zu Beginn einer systemtherapeutischen<br />

Einzeltherapie befragen, welche<br />

Fragen sie selbst mitgebracht hat. Was möchte<br />

sie über mein therapeutisches Angebot wissen<br />

und was möchte sie über sich selbst erfahren?<br />

Was denkt sie über sich? Wie erklärt sie sich<br />

das? Mein professionelles Interesse, meine therapeutische<br />

Aufmerksamkeit würde ich auf das<br />

Neue beziehen, auf die Anregung von Neugier<br />

bei Frau A.<br />

Eine Fokussierung mittels dieser und ähnlicher<br />

Fragen bewirken häufig einen überraschenden,<br />

irritierenden Effekt. Nicht ich, nicht wir, systemische<br />

Therapeutinnen und Therapeuten haben<br />

die Antworten. Gemeinsam beginnt ein Suchprozess<br />

nach möglichen Lösungen und passenden<br />

Ideen. Diese Form der Kooperation bewirkt eine<br />

Enthierarchisierung der psychotherapeutischen<br />

Beziehung und etabliert ein Zusammenwirken von<br />

Expertin und Experten.<br />

Die Skepsis, die ambivalenten Gefühle von Frau<br />

A. würden mich im therapeutischen Dialog dazu<br />

einladen ihre Wünsche zu erkunden: Was genau<br />

möchte Frau A.? Und was möchte sie auf gar keinen<br />

Fall? Was soll alles nicht passieren und was<br />

stattdessen? Ihre Skepsis als ihr spezifisches Erfahrungswissen<br />

wertzuschätzen und Frau A. mit<br />

dieser Haltung als Expertin ihrer Situation und<br />

ihres Lebens zu respektieren, erscheint mir besonders<br />

sinnvoll zu sein.<br />

Der wertschätzende Blick, die respektvolle Perspektive,<br />

lädt Frau A. dazu ein, sich mit der eigenen<br />

Geschichte auszusöhnen und eine Lösung von<br />

den „Symptomatiken“ zu ermöglichen. Was denkt<br />

Frau A. wofür ihre „Symptomatik“ sorgt? Wofür<br />

ist diese gut? Was denkt Frau A., was weiß sie<br />

wofür es gut ist so zu leben, wie sie lebt? Welchen<br />

Sinn gibt sie dem?<br />

Meiner Erfahrung nach ist die Arbeit mit Lösungshypothesen<br />

und Visionen oft besonders effektvoll.<br />

Den<strong>kb</strong>ar ist aus meiner Sicht, Frau A.<br />

einen Zeitsprung anzubieten:“ Frau A., mal angenommen<br />

weitere Jahre sind vergangen. Wie sieht<br />

ihr Leben im Jahr 2015 aus?“<br />

Wird dieses visionäre Angebot angenommen,<br />

passt der Blick aus der Zukunft heraus, dann sind<br />

häufig beeindruckende Veränderungen in der Haltung,<br />

in der Art wie Geschichten erzählt werden,<br />

beobachtbar.<br />

Daran anschließend könnte Frau A. danach befragt<br />

werden, wie aus ihrer Sicht ein erster Schritt<br />

aus der Zukunft in die Gegenwart aussehen könnte:<br />

Der Ausgangspunkt dabei ist die Lösungsfokussierung.<br />

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