Ordnung und Chaos: Theorie dynamischer Systeme - Institut für ...
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Sie bringt neben der ψ-Abhängigkeit der kinetischen Energie eine andere ψ-<br />
Abhängigkeit ins Spiel, wenn der Schwerpunkt nicht auf der 3-Achse liegt.<br />
Sie bleibt auch dann noch bleibt, wenn der Körper vom Standpunkt der<br />
Trägheitsmomente symmetrisch ist, I 1 = I 2 . Das System dürfte also selbst<br />
dann chaotisch sein.<br />
Es gibt also mit Cardan-Rahmen noch eine Reihe von Problemen, die effektiv<br />
auf solche mit zwei Freiheitsgraden reduziert <strong>und</strong> mit ähnlichen Methoden behandelt<br />
werden können. Der reduzierte Konfigurationsraum ist dann jeweils<br />
ein 2-Torus. Als Poincaré-Schnittbedingung bietet sich wieder ds · γ/dt = 0<br />
an, wobei über eine sinnvolle Projektion auf zwei Kopien des Konfigurationsraums<br />
noch nachzudenken wäre. Leider wird man es hier nicht vermeiden<br />
können, mit den Euler-Cardan-Winkeln <strong>und</strong> daher auch mit Winkelfunktionen<br />
zu arbeiten. Die größere Herausforderung liegt aber zweifellos darin, die<br />
<strong>Systeme</strong> zu verstehen, die nicht auf effektiv zwei Freiheitsgrade reduziert<br />
werden können. Dort ist die Energiefläche 5-dimensional, <strong>und</strong> es ist nicht erkennbar,<br />
wie man invariante Mengen niederer Dimension identifizieren sollte.<br />
Eine Methode, die vielleicht Hilfe verspricht, stammt von dem Himmelsmechaniker<br />
J. Laskar, Frequency analysis for multi-dimensional systems. Global<br />
dynamics and diffusion, Physica D67 (1993) 257-281.<br />
Wenn man bedenkt, wie schwierig es ist, strenge Aussagen <strong>für</strong> <strong>Systeme</strong> mit<br />
nur drei Freiheitsgraden zu erzielen, mag es abenteuerlich erscheinen, das<br />
Verhalten von <strong>Systeme</strong>n verstehen zu wollen, bei denen es um Größenordnungen<br />
mehr relevante Freiheitsgrade gibt. Im Rahmen der makroskopischen<br />
Thermodynamik haben wir uns daran gewöhnt, dass das Gesetz der großen<br />
Zahlen dann doch nur wenige relevante Observablen übrig lässt (Temperatur,<br />
Druck, chemisches Potential). Aber wenn es um Turbulenz geht, um<br />
Wetter- <strong>und</strong> Klimageschehen, allgemein um <strong>Systeme</strong>, bei denen auf etlichen<br />
Skalen viele Observablen relevant sind (das Gehirn!), dann muss man wohl<br />
den Mut aufbringen, die sicheren Wege mathematischer Analyse zu verlassen<br />
<strong>und</strong> Erfahrung mit der Interaktion von Computersimulationen <strong>und</strong> Beobachtung<br />
der realen Welt zu sammeln. Man sollte versuchen, sich darin zu einem<br />
Künstler zu entwickeln, das (selbst)kritische Verhalten des Wissenschaftlers<br />
aber nicht zu verlieren.<br />
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