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Abschied von Wachstum und Fortschritt - Technikgeschichte der ...

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Patrick Kupper: Umweltbewegung <strong>und</strong> Atomenergie ETH Zürich / <strong>Technikgeschichte</strong> / Preprint 2 / Seite 41<br />

zung <strong>von</strong> Luft <strong>und</strong> Wasser verhin<strong>der</strong>t werden müsse. „Diese Gefahren dürfen wir nicht verschweigen.“<br />

Abschliessend resümierte er aber:<br />

„[Die] Steigerung des Energiebedarfs um jährlich 5% ist eine Tatsache. Ebenso ist es eine<br />

Tatsache, dass die Nutzung <strong>der</strong> Atomenergie heute einen technischen Stand erreicht<br />

hat, <strong>der</strong> es uns erlaubt, diese Energiequelle zu verwenden.“ 167<br />

Die nach längerer Diskussion verabschiedete Stellungnahme hielt dann fest,<br />

„daß sich heute <strong>der</strong> Bau <strong>von</strong> neuen Wasserkraftwerken nicht mehr rechtfertigt. Zu dieser<br />

Überzeugung führen auch volkswirtschaftliche, technische <strong>und</strong> finanzielle Überlegungen.<br />

Der daraus erwachsende Gewinn steht in keinem Verhältnis zu den Schäden<br />

in bezug auf den Wasserhaushalt <strong>und</strong> die Landschaft, nicht zuletzt weil sich neue<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> Energiebeschaffung bieten. Der Naturschutzrat warnt ebenso eindringlich<br />

vor den Gefahren <strong>der</strong> Luftverunreinigung durch thermische Kraftwerke <strong>und</strong><br />

unterstützt die vom B<strong>und</strong>esrat mehrfach zum Ausdruck gebrachte <strong>und</strong> vom SBN seit<br />

Jahren vertretene Auffassung, direkt den Schritt zur Gewinnung <strong>von</strong> Atomenergie zu<br />

tun (…).“ 168<br />

Das Jahr 1966 brachte dann zwei wichtige Entscheide im Wasserkraftsektor: den Verzicht auf<br />

das Kraftwerk Koblenz-Kadelburg <strong>und</strong> den Baubeschluss für die Kraftwerke Neubannwil<br />

<strong>und</strong> Flumenthal. Ende Jahr bekräftigte <strong>der</strong> Naturschutzrat nochmals seine „gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Ablehnung weiterer Wasserkraftwerke“. 169 Die wegweisenden Entscheidungen <strong>der</strong> grossen<br />

Elektrizitätsunternehmen zugunsten <strong>der</strong> Atomenergie waren zu diesem Zeitpunkt aber bereits<br />

gefallen.<br />

In den folgenden Jahren verlor <strong>der</strong> Abschnitt „Erhaltung <strong>der</strong> Gewässer <strong>und</strong> <strong>der</strong> reinen Luft“<br />

deutlich an Gewicht. Die Lage hatte sich entspannt, sowohl im Bereich <strong>der</strong> Wasserkraftnutzung<br />

wie auch <strong>der</strong> thermischen Kraftwerke. Im Sommer 1966 reichten die NOK ein Gesuch<br />

ein für ein Atomkraftwerk anstelle <strong>der</strong> bisher geplanten thermischen Anlage in Rüthi/SG.<br />

Daraufhin wurde es auch um die Oppositionsbewegung ruhig, die für Naturschutzanliegen<br />

in den 60er Jahren die grössten Massen mobilisieren konnte. Eine kurze Phase des 'energiepolitischen<br />

Friedens' war eingeläutet. 170<br />

4.1.3. Der Rheinaub<strong>und</strong><br />

Der Rheinaub<strong>und</strong> vertrat in <strong>der</strong> Energiepolitik eine nahezu identische Position wie <strong>der</strong><br />

SBN. 171 Er propagierte die Atomenergie ebenfalls als Ersatz für die Wasserkraft. Den regionalen<br />

Oppositionsbewegungen gegen die thermischen Kraftwerksprojekte bot die Zeitschrift<br />

„Natur <strong>und</strong> Mensch“ eine Plattform. 172<br />

Anfangs 1964 warf Redaktor Arthur Uehlinger <strong>der</strong> Elektrizitätswirtschaft vor, sich allzulange<br />

gegen die Verwendung <strong>der</strong> Atomkraft gesperrt zu haben.<br />

„Sie behauptete, diese sei noch auf lange Zeit hinaus unwirtschaftlich, was durch <strong>der</strong>en<br />

Anwendung im Ausland bereits wi<strong>der</strong>legt ist. Der wahre Gr<strong>und</strong> des Hinauszögerns<br />

167 ArSBN, B6, ProN 56/4, 11.12.1965, S. 6-10.<br />

168 Stellungnahme des Naturschutzrates zur Energiepolitik vom 11.12.1965, in: SN, 1/1966, S. 14 (deutsche Fassung)<br />

<strong>und</strong> S. 26 (französische Fassung).<br />

169 Jahresbericht 1966, SN, 2/1967, S. 45.<br />

170 Siehe Abschn. 4.3.<br />

171 Auch die Schweizerische Vereinigung für Heimatschutz (SVH) begrüsste den Entscheid, Atomkraftwerke zu<br />

bauen. Siehe Sken<strong>der</strong>ovic 1992, S. 120. Zur Geschichte <strong>der</strong> SVH: ebd., S. 32-35. Ausserdem gab es Vorstösse in<br />

kantonalen <strong>und</strong> kommunalen Parlamenten, die entwe<strong>der</strong> den Einsatz <strong>der</strong> Atomenergie anstelle hydraulischer<br />

o<strong>der</strong> thermischer Kraftwerke verlangten o<strong>der</strong> die Exekutive auffor<strong>der</strong>ten, eine aktive Atomenergieför<strong>der</strong>ungspolitik<br />

zu betreiben. Siehe Annexe 1, S. 161f, 168f, 173-177.<br />

172 Siehe Sken<strong>der</strong>ovic 1992, S. 132-147.

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