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Abschied von Wachstum und Fortschritt - Technikgeschichte der ...

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Patrick Kupper: Umweltbewegung <strong>und</strong> Atomenergie ETH Zürich / <strong>Technikgeschichte</strong> / Preprint 2 / Seite 89<br />

<strong>der</strong> Baubewilligung die vorauszusehenden klimatischen Auswirkungen <strong>der</strong> Kühltürme<br />

[„Wind, Lufttemperatur, Feuchtigkeit (Nebelbildung!)“] durch unabhängige meteorologische<br />

Fachleute sorgfältig abklären zu lassen“, <strong>und</strong> bemängelte, dass <strong>der</strong> „unter <strong>der</strong> Voraussetzung<br />

eines mit Flusswasser gekühlten Kernkraftwerkes gewählte Standort in <strong>der</strong> Nähe<br />

grosser Wohnsiedlungen <strong>und</strong> eines Kurgebiets“ sich nun „als sehr unzweckmässig“ erweise.<br />

„Die überdiemensionierten [sic] Kühltürme würden das Landschaftsbild entscheidend entstellen.“<br />

Daher beantragte die Sektion ein Gutachten <strong>der</strong> Eidg. Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzkommission<br />

(ENHK) über die Zweckmässigkeit des Standorts unter den verän<strong>der</strong>ten Bedingungen.<br />

394<br />

Die Einsprache erschien auch im „Schweizer Naturschutz“, wobei sie mitten in einen längeren<br />

Artikel <strong>von</strong> Urs Hochstrasser geschaltet wurde, in welchem <strong>der</strong> vormalige Delegierte des<br />

B<strong>und</strong>es für Atomfragen die Leser <strong>und</strong> Leserinnen <strong>von</strong> <strong>der</strong> Notwendigkeit <strong>und</strong> Unbedenklichkeit<br />

<strong>der</strong> Atomenergie zu überzeugen suchte <strong>und</strong> den Bau <strong>von</strong> Atomkraftwerken als Beitrag<br />

zum Umweltschutz anpries. 395<br />

An <strong>der</strong> Vorstandssitzung vom 18. August konnte Präsident Plattner berichten, dass den Anträgen<br />

<strong>der</strong> Einsprache entsprochen werde. Daraufhin holte Jakob Bächtold zu einem längeren<br />

Monolog aus über die Arbeit <strong>der</strong> ENHK <strong>und</strong> die AKW-Frage allgemein. Die ENHK, die<br />

den Auftrag bekommen hatte, sowohl die Standortfrage wie auch die klimatischen Auswirkungen<br />

abzuklären, entsandte zu Studienzwecken eine Delegation ins Ruhrgebiet. Vom<br />

Standpunkt des Immissionsschutzes aus gebe es keine Argumente gegen die Kühltürme,<br />

erläuterte Bächtold. Neue Kühlsysteme hätten keine Nebelbildung mehr zur Folge, <strong>und</strong> zudem<br />

würden sie die Luft <strong>von</strong> Staub reinigen. Wichtig sei <strong>der</strong> Gesichtspunkt des Landschaftsbildes.<br />

Die Besichtigung im Ruhrgebiet habe gezeigt, „dass ästhetisch sehr schöne<br />

Lösungen möglich sind“, vor allem im Industriegebiet, während die Kühltürme in freier<br />

Landschaft als fremde Elemente sehr stark stören würden. Der im Falle Kaiseraugst vorgesehene<br />

Standort liege nun im durch die Zonenordnung klar bezeichneten Industriegebiet.<br />

„Kernkraftwerke werden kommen. Wichtig ist für den Naturschutz die Standortfrage. Im<br />

Sinne eines Testfalls wird <strong>der</strong> Entscheid <strong>von</strong> Kaiseraugst deshalb wichtig.“ Der Vorschlag,<br />

Atomkraftwerke in den Alpenraum zu verlegen, missachte die starken Belastungen <strong>der</strong><br />

Landschaft. Zur Zeit produziere die Schweiz zwar mehr elektrische Energie, als sie brauche,<br />

fuhr Bächtold fort, dies än<strong>der</strong>e sich aber mit dem steigenden Verbrauch sehr rasch. Zusammenfassend<br />

hielt er fest:<br />

„(…), dass die Standortfrage für den Natur- <strong>und</strong> Landschaftschutz entscheidende Bedeutung<br />

zukommt, <strong>und</strong> dass jedes neue Projekt sehr sorgfältig in dieser Hinsicht geprüft<br />

werden muss. Der SBN kann aber nicht gr<strong>und</strong>sätzlich gegen Atomkraftwerke<br />

auftreten. Kein technisches Werk ist absolut vollkommen. Auch bei einem Atomkraftwerk<br />

können Unglücksfälle vorkommen. Nur kennen wir die Gefahren <strong>und</strong> haben<br />

eine Vielzahl <strong>von</strong> Vorkehren <strong>und</strong> Sicherungen getroffen, die eine Gefährdung nahezu<br />

ausschliessen.“ 396<br />

In <strong>der</strong> folgenden Vorstandssitzung vom 8. September griff Regine Käser, die an <strong>der</strong> Augustsitzung<br />

gefehlt hatte, das Thema nochmals auf <strong>und</strong> erk<strong>und</strong>igte sich, wie man sich in offiziellen<br />

Kreisen „das Problem <strong>der</strong> Deckung des Energiebedarfs vorstelle, wenn <strong>der</strong> Bedarf um<br />

jährlich 4,5% zunimmt. Die Zahl <strong>der</strong> Kühltürme kann nicht ins unendliche [sic] gesteigert<br />

werden.“ Jakob Bächtold unterstrich die Wichtigkeit dieser Frage:<br />

394 SN, 4/1971, S. 118.<br />

395 SN, 4/1971, S. 114-119. Zum Inhalt des Hochstrasser-Artikel siehe Abschn. 5.2.1. Die Publikation des Aufsatzes<br />

<strong>von</strong> Hochstrasser zeigt, dass <strong>der</strong> SBN zu diesem Zeitpunkt noch hinter <strong>der</strong> Atomenergie stand.<br />

396 ArSBN, B 1.1, ProV 62/8, 18.8.1971, S.4f.

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