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Abschied von Wachstum und Fortschritt - Technikgeschichte der ...

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Patrick Kupper: Umweltbewegung <strong>und</strong> Atomenergie ETH Zürich / <strong>Technikgeschichte</strong> / Preprint 2 / Seite 91<br />

verantwortbar <strong>und</strong> nicht mehr möglich […], den Energiebedarf zu decken, wenn er wie bisher<br />

ansteigt. Wir werden lernen müssen zu sparen.“ 401<br />

Der Vorstoss <strong>der</strong> SGANSB brachte das Thema wie<strong>der</strong> auf die Traktandenliste des Zentralvorstandes.<br />

In den Anträgen zuhanden <strong>der</strong> Sitzung am 5. Juli 1972 schrieb Sekretär Burckhardt,<br />

es bestehe ein „Dilemma“ zwischen dem „gedankenlosen Wunsch“ <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

nach unbeschränktem Energieangebot <strong>und</strong> <strong>der</strong> Angst vor den mit den Atomkraftwerken<br />

verb<strong>und</strong>enen Gefahren <strong>und</strong> Nachteilen. Zwar sei sich <strong>der</strong> SBN einig, den Bau hydraulischer<br />

Kraftwerke abzulehnen <strong>und</strong> den „Stromverschleiss“ zu drosseln, „aber in <strong>der</strong> Stellungnahme<br />

zu den Atomkraftwerken generell <strong>und</strong> zu den Standorten im Speziellen besteht keine Einigkeit.“<br />

So zeigten sich Unterschiede in den Auffassungen <strong>der</strong> Sektionen, was insbeson<strong>der</strong>e in<br />

<strong>der</strong> Region um Kaiseraugst, wo gleich drei SBN-Sektionen aktiv seien, stossend sei. Der Vorstand<br />

müsse deshalb gewisse Richtlinien festlegen, um Differenzen zu vermeiden. Dabei<br />

seien auch die möglichen Strahlungsschäden zu beurteilen. Da es den meisten Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n<br />

am nötigen Einblick in die komplexe Materie fehle, gelte es zunächst, die Bereiche<br />

festzulegen, über die Informationen einzuholen seien, sowie die Personen, die diese erteilen<br />

könnten. 402<br />

In <strong>der</strong> Sitzung vom 5. Juli 1972 öffnete sich sodann das Spektrum <strong>der</strong> Perspektiven. Das Protokoll<br />

fasst die Diskussion folgen<strong>der</strong>massen zusammen:<br />

„Der Vorstand behandelt, ausgehend <strong>von</strong> <strong>der</strong> Standortfrage für Atomkraftwerke, eingehend<br />

die mit Energiedeckung <strong>und</strong> Energiekonsum zusammenhängenden, für den<br />

Naturschutz wichtigen Fragen. Er beleuchtet ein grosses Spektrum <strong>von</strong> Problemkreisen<br />

wie unnötigen Energieverbrauch, Gefahren <strong>und</strong> Belastung <strong>der</strong> Umwelt durch<br />

Atomkraftwerke, mangelhafte <strong>und</strong> falsche Orientierung <strong>der</strong> Behörden über direkte<br />

o<strong>der</strong> indirekte Gefahren aus atomarer Energienutzung, einseitig auf quantitatives <strong>und</strong><br />

nicht qualitatives <strong>Wachstum</strong> zugeschnittene Energiepolitik, Problematik <strong>der</strong> Tätigkeit<br />

<strong>von</strong> Fachexperten, vom SBN unerwünschte <strong>und</strong> theoretisch mögliche Standorte <strong>von</strong><br />

Atomkraftwerken usw. Gleichzeitig beschäftigt sich <strong>der</strong> Vorstand mit den nötigen<br />

Schritten, um intern zu einer für den SBN verbindlichen <strong>und</strong> tragfähigen Stellungnahme<br />

zu kommen <strong>und</strong> nach Aussen durch Aufklärung <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Massnahmen im<br />

Sinne <strong>der</strong> Stellungnahme wirken zu können.“<br />

Der Vorstand beschloss, vorerst einen Katalog einfacher Massnahmen zusammenzustellen,<br />

wie unnötiger Stromverbrauch bekämpft <strong>und</strong> eingeschränkt werden könne <strong>und</strong> „in erster<br />

Linie auf die Hausfrau zugeschnittene praktische Hinweise“ laufend an die Massenmedien<br />

weiterzugeben. Das Traktandum wollte er an einer späteren Sitzung wie<strong>der</strong> aufnehmen <strong>und</strong><br />

„zu Ende“ beraten. Der Vorstand beschäftigte sich dann aber erst wie<strong>der</strong> im folgenden Jahr<br />

mit <strong>der</strong> Atomenergie. 403<br />

Im Sommer 1972 ging im Vorstand des SBN <strong>der</strong> Fächer <strong>der</strong> Argumente auf. Der AKW-Bau<br />

wurde nicht mehr länger vornehmlich als eine Frage <strong>der</strong> Standortwahl <strong>und</strong> des Landschaftsschutzes<br />

angeschaut, son<strong>der</strong>n man wurde nun einer ganzen Palette <strong>von</strong> Problemen gewahr.<br />

Mit <strong>der</strong> Option „Energiesparen“ wurde ein erster Lösungsansatz formuliert. Hauptsächlich<br />

bemühte man sich vorerst aber, die dem Problem angemessenen Fragestellungen <strong>und</strong> Interpretationsrahmen<br />

zu identifizieren <strong>und</strong> Wege (resp. Personen) zu finden, diese zu ergründen.<br />

In <strong>der</strong> Organisation akzeptierte Antworten hatte man noch keine ermittelt.<br />

401 ArSBN, B 1.2, Akte 74/72, Eingangsstempel vom 2.5.1972. Die Stellungnahme wurde am 3.5.1972 veröffentlicht.<br />

Annexe 1, S. 294.<br />

402 ArSBN, B 1.1, Anträge 30.6.1972, S.3. Die Sektion Basel-Stadt hatte sich als Mitglied <strong>der</strong> BASNU zu diesem<br />

Zeitpunkt bereits gegen das AKW Kaiseraugst ausgesprochen, die Sektion Aargau hatte die Einsprache gegen<br />

die Kühltürme gemacht, während sich die Sektion Basel-Land noch nicht öffentlich geäussert hatte.<br />

403 ArSBN, B 1.1, ProV 63/6, 5.7.1972, S. 4f.

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