Abschied von Wachstum und Fortschritt - Technikgeschichte der ...
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Patrick Kupper: Umweltbewegung <strong>und</strong> Atomenergie ETH Zürich / <strong>Technikgeschichte</strong> / Preprint 2 / Seite 46<br />
Sicherheitsprobleme immer noch nicht vollständig gelöst. 192 Schliesslich, wurde dargelegt,<br />
seien die hydraulisch verwertbaren Wasserläufe sowieso in wenigen Jahren ausgeschöpft.<br />
„Der Griff nach den letzten Naturschönheiten am Wasser sei nichts an<strong>der</strong>es als ein<br />
Ausverkauf am Ende einer Epoche.“ 193<br />
Die allgemeinen Vorbehalte wurden begleitet <strong>von</strong> einer Opposition gegen konkrete, sich in<br />
Bau o<strong>der</strong> Planung befindliche Werke. 194<br />
Haupteinwand gegen den Bau <strong>von</strong> neuen Wasserkraftwerken war aber, dass sich in Form<br />
<strong>der</strong> Atomenergie eine Alternative anbiete, die billiger <strong>und</strong> verkehrswirtschaftlich günstiger<br />
sei <strong>und</strong> welche Luft <strong>und</strong> Wasser nicht verschmutze, son<strong>der</strong>n Natur <strong>und</strong> Landschaft schone.<br />
195 Die erfor<strong>der</strong>lichen Brennelemente seien auf dem Weltmarkt leicht erhältlich, <strong>und</strong> Vorräte,<br />
die für Jahre reichten, liessen sich auf kleinstem Raume lagern; die Auslandabhängigkeit<br />
sei daher minimal. 196<br />
Von beson<strong>der</strong>em Interesse ist, dass Bächtold <strong>und</strong> Kraus auch Gefahren <strong>der</strong> Atomenergie<br />
diskutieren. 197 Diese Stellen zeigen nämlich, welche Risiken die Autoren sahen als auch wie<br />
<strong>und</strong> auf welchen Gr<strong>und</strong>lagen sie diese einschätzten. Beide Männer sprachen folgende Problemfel<strong>der</strong><br />
an:<br />
• die (Un-)Möglichkeit einer Reaktorexplosion,<br />
• die Gefahr einer radioaktiven Verseuchung,<br />
• die Beseitigung <strong>der</strong> radioaktiven Abfälle.<br />
Kraus bezog sich bei seinen Ausführungen auf Experten <strong>und</strong> Schriften verschiedener Institutionen<br />
<strong>der</strong> internationalen Atomforschung. 198 Bächtold stellte fest: „Durch Mitteilungen <strong>der</strong><br />
Vereinigung für Atomenergie sind wir schon seit Jahren gut informiert!“ <strong>und</strong> führte weiter<br />
aus, dass die Schweiz mit dem Atomreaktorbau kein Neuland betrete, son<strong>der</strong>n auf reiche<br />
Erfahrungen vor allem aus den USA <strong>und</strong> England zurückgreifen könne. 199 Für Kraus sprach<br />
hingegen gerade die Neuheit <strong>der</strong> Atomtechnik für ihre zukünftige Sicherheit:<br />
„Nachdem die Technik aber erst am Anfang dieser Entwicklung steht, dürfte kaum ein<br />
Zweifel darüber bestehen, dass das Problem <strong>der</strong> Sicherung vor Strahlungsschäden wie<br />
auch <strong>der</strong> risikofreien Beseitigung des Atommülls so gut wie vollkommen beherrscht<br />
werden wird.“ 200<br />
192 Der Rheinaub<strong>und</strong> wies in seiner Erklärung zur Gewässerschutz- <strong>und</strong> Energiepolitik zudem auf die konjunkturdämpfende<br />
Wirkung eines Ausbauverzichts hin. NuM, Mai/Juni 1965, S. 204.<br />
193 Kraus, S. 33.<br />
194 Bächtold 1, S. 64-66, Bächtold 2, S. 114. Bei den Projekten im Mittelland warfen die Naturschützer den Kraftwerksinitianten<br />
vor, es ginge ihnen hauptsächlich darum, die aus Sicht des Naturschutzes irrealen Binnenschiffahrtspläne<br />
zu verwirklichen. Ein Hauptproblem <strong>der</strong> Opposition insbeson<strong>der</strong>e in den Berggebieten war,<br />
dass sich die Standortgemeinden meist zugunsten des Kraftwerkbaus aussprachen, da dieser ihnen Arbeitsplätze<br />
<strong>und</strong> dauernde Mehreinnahmen aus Wasserrechten <strong>und</strong> Steuern versprach. Hier müssten neue Wege<br />
gef<strong>und</strong>en werden, welche die Entwicklung <strong>der</strong> Bergkantone nicht zu Lasten <strong>der</strong> Natur för<strong>der</strong>e, verlangten die<br />
Naturschützer. (Kreis, Uehlinger 2). Dieser Themenkomplex ist heute auf internationaler Ebene wie<strong>der</strong> aktuell<br />
- unter den Schlagwörtern „Umwelt <strong>und</strong> Entwicklung“.<br />
195 „Verkehrswirtschaftlich günstiger“ heisst, dass die Erzeugung <strong>der</strong> Elektrizität näher beim Ort des Verbrauchs<br />
stattfindet <strong>und</strong> die Elektrizität so weniger weit transportiert werden muss.<br />
196 Argumentelisten für die Atomenergie bei Kraus, Bächtold 1, 2, 3 <strong>und</strong> Ruchti. Das Argument <strong>der</strong> geringen<br />
Auslandabhängigkeit entkräftete einen Haupttrumpf in den Händen <strong>der</strong> Wasserkraftbefürworter - die autarke<br />
Energieproduktion - <strong>und</strong> schuf gleichzeitig einen Vorteil gegenüber den ölbetriebenen thermischen Kraftwerken.<br />
197 Kraus, S. 35f; Bächtold 1, S. 66f; Bächtold 2, S. 114; Bächtold 3, S. 2.<br />
198 Kraus zitierte Experten aus den USA <strong>und</strong> Schweden, das Deutsche Atomforum <strong>und</strong> einen Direktor <strong>von</strong> „Euratom“,<br />
<strong>der</strong> Europäischen Atomgemeinschaft.<br />
199 Bächtold 1, S. 65.<br />
200 Kraus, S. 35.