Steuern sparen mit dem Testsieger! - Haufe.de
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<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>m</strong>ografischen Wan<strong>de</strong>l befürworte<br />
sie lebenslanges Lernen, nicht aber Lernzeitkonten.<br />
Denn dafür gebe es noch<br />
viele Stolpersteine in <strong>de</strong>n Unternehmen:<br />
Frauen könnten teilweise aufgrund von<br />
Familien- und Pflegezeiten sowie Teilzeitjobs<br />
weniger <strong>sparen</strong> als Männer. Und<br />
nicht in je<strong><strong>de</strong>m</strong> Unternehmen wür<strong>de</strong>n<br />
Überstun<strong>de</strong>n systematisch gezählt.<br />
Entsprechend selten sind bisher noch<br />
Lang- und Lernzeitkonten in <strong>de</strong>r Praxis.<br />
Das IAB hat zuletzt 2008 Zahlen dazu im<br />
Betriebspanel erhoben. Studienleiter Lutz<br />
Bellmann erklärt: „Nur zwei Prozent <strong>de</strong>r<br />
Betriebe führen Konten <strong>mit</strong> einer Laufzeit<br />
von über einem Jahr. Von diesen gaben<br />
41 Prozent als möglichen Verwendungszweck<br />
Langzeitfreistellungen, 30 Prozent<br />
Lebensarbeitszeitverkürzung, 29<br />
Prozent Familien- und Pflegeauszeiten<br />
und 21 Prozent Weiterbildung an. Die<br />
tatsächliche Nutzung konnten wir nicht<br />
erheben.“ Aus einer Online-Umfrage <strong>de</strong>s<br />
Diplom-Soziologen Horan Lee von <strong>de</strong>r<br />
Technischen Universität München unter<br />
335 Betriebsräten geht für das Jahr 2008<br />
hervor, dass die Räte zum Teil fürchten,<br />
dass die Langzeitkonten hart erkämpfte<br />
Betriebsvereinbarungen zur Weiterbildung<br />
aufweichen und Mitarbeiter finanzielle<br />
Einbußen erlei<strong>de</strong>n.<br />
Mit Lernzeitkonten <strong>de</strong>n grundlegen<strong>de</strong>n<br />
Wan<strong>de</strong>l vorantreiben<br />
Dass es aber durchaus eines grundlegen<strong>de</strong>n<br />
Wan<strong>de</strong>ls im Weiterbildungssystem<br />
bedarf, erklärt Thomas Bartscher, HR-<br />
Professor an <strong>de</strong>r Hochschule Deggendorf:<br />
„Wir müssen uns fragen, wie Arbeitsphasen<br />
generell bewirtschaftet wer<strong>de</strong>n sollen.<br />
Es muss nach intensiven Phasen Entschleunigung<br />
geben. Gera<strong>de</strong> Leistungsträger<br />
disqualifizieren sich schleichend,<br />
wenn sie keine Zeit zur Neuorientierung<br />
haben. Und die Zeit, die man ihnen gewährt,<br />
muss man auch gewerblich-technischem<br />
Personal geben.“ Sie müssten<br />
lernen, ihr Arbeitsleben vorausschauend<br />
zu planen. Wenn man dies zulasse, stelle<br />
sich die Frage nach Lernzeitkonten von<br />
ganz allein, meint Bartscher.<br />
Und so gibt es auch einige Unternehmen,<br />
die sich an Lernzeitkonten herantrauen:<br />
Bei <strong>de</strong>n Stadtwerken Dinslaken dienen<br />
Lernzeitkonten Mitarbeitern dazu, sich<br />
für private Weiterbildungsinteressen freistellen<br />
zu lassen. Sind die Inhalte teilweise<br />
im Job anwendbar, wird <strong>mit</strong> Beteiligung<br />
<strong>de</strong>s Betriebsrats entschie<strong>de</strong>n, wie<br />
viel Guthaben <strong>de</strong>r Mitarbeiter einbringen<br />
sollte. Grundlage für die generelle Bedarfser<strong>mit</strong>tlung<br />
ist das jährliche Mitarbeitergespräch.<br />
Um bürokratischen Mehraufwand zu<br />
vermei<strong>de</strong>n, finanziert <strong>de</strong>r kommunale<br />
Dienstleister Guthaben vor, die <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
nach seiner Maßnahme zurückzahlt,<br />
so Personalleiter Andreas Heinrich.<br />
Die Ausnahme ist jedoch die Aufstiegsfortbildung<br />
– zum Beispiel Meisterkurse<br />
– welche im Betrieb nicht zwingend notwendig<br />
sind. Hier bringen Beschäftigte<br />
für rund 1.000 Freistellungsstun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n<br />
Jahresurlaub aus beispielsweise zwei Jahren<br />
und aus einem Arbeitszeitguthaben<br />
aus bis zu 250 Überstun<strong>de</strong>n ein.<br />
Eine geson<strong>de</strong>rte Betriebsvereinbarung<br />
gibt es zu <strong>de</strong>n Konten nicht, meint Heinrich.<br />
Allerdings hätte sich gezeigt, dass<br />
Führungskräfte inzwischen ihre Guthaben<br />
nicht mehr einlösen, da ihnen schlicht<br />
die Zeit fehle. Bei <strong>de</strong>n gewerblich-technischen<br />
Mitarbeitern sei ein Rückgang<br />
bei <strong>de</strong>r Nutzung <strong>de</strong>r Lernzeitkonten zu<br />
verzeichnen.<br />
Fokus <strong>de</strong>s Instruments auf<br />
bestimmte Mitarbeiter lenken<br />
Beim Prüfungs- und Beratungsunternehmen<br />
Deloitte dienen Lernzeitkonten Mitarbeitern<br />
<strong>de</strong>r Sparte Wirtschaftsprüfung<br />
dazu, sich für die Vorbereitung und Prüfungen<br />
ihrer Berufsexamina freistellen zu<br />
lassen. „Für die wenigen erfor<strong>de</strong>rlichen<br />
Wochen müssen sie nicht lang <strong>sparen</strong>,<br />
zumal Deloitte einen Grundstun<strong>de</strong>nsatz<br />
finanziert, <strong>de</strong>r durch Überstun<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>s Mitarbeiters erweiterbar ist. Diesen<br />
Satz han<strong>de</strong>ln wir gera<strong>de</strong> neu <strong>mit</strong> <strong>de</strong>r Geschäftsleitung<br />
aus“, erklärt Jens Landwehr,<br />
Manager Human Capital Advisory<br />
Service.<br />
Als Berater kann er zu<strong><strong>de</strong>m</strong> berichten, dass<br />
Deloitte aktuell einen Kun<strong>de</strong>nauftrag für<br />
<strong>de</strong>n Aufbau von Lernzeitkonten für Teilzeitkräfte<br />
vorliegt. Das künftige Mo<strong>de</strong>ll<br />
soll die Attraktivität <strong>de</strong>r Arbeitsplätze und<br />
Entwicklungschancen steigern. Dies täte<br />
auch im gewerblichen Bereich not, meint<br />
Landwehr. Allerdings seien Mitarbeiter<br />
schwer zu motivieren, weil sie auf je<strong>de</strong>n<br />
Cent schauen müssten. Eine Möglichkeit<br />
sieht Landwehr trotz<strong><strong>de</strong>m</strong>: Der Abbau von<br />
Überstun<strong>de</strong>n könnte vom Vorgesetzten<br />
zweckgebun<strong>de</strong>n genehmigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Beim Langzeitkonto auch<br />
für Weiterbildung werben<br />
Das Beispiel <strong>de</strong>s Klinikums Stuttgart wie<strong>de</strong>rum<br />
zeigt einen sehr praktikablen Weg<br />
auf, <strong>de</strong>r das Ziel <strong>de</strong>s eigenständigen Weiterlernens<br />
zwar nicht im Fokus hat, aber<br />
es immerhin <strong>mit</strong>bedacht hat. Das Klinikum<br />
hat Langzeitkonten für seine 7.000<br />
Mitarbeiter zum 1. Januar 2012 eingeführt<br />
und möchte da<strong>mit</strong> seine Arbeitgeberattraktivität<br />
erhöhen.<br />
Den Verwendungszweck hat das Klinikum<br />
zwar offengelassen, aber immerhin<br />
die Option, die Auszeit <strong>mit</strong> Weiterbildung<br />
zu füllen, an die Mitarbeiter herangetragen:<br />
„In unserer Infokampagne haben wir<br />
aber auch ein Fallbeispiel zur Weiterbildung<br />
aufgeführt. Ärzte haben ja ohnehin<br />
drei Tage im Jahr und Krankenschwestern<br />
zehn Tage im Jahr Anspruch auf Bildungsurlaub.<br />
Dieser ist nebst Mehrstun<strong>de</strong>n und<br />
allen an<strong>de</strong>ren Lohnbezügen einbringbar“,<br />
so Schimandl.<br />
Aussetzungen bei <strong>de</strong>r Einzahlung seien<br />
möglich. Mitarbeiter könnten ihr Konto<br />
parallel zur betrieblichen Altersvorsorge<br />
freiwillig führen. Die Min<strong>de</strong>stentnahme<br />
betrage einen Monat. Bei vorzeitiger<br />
Beendigung <strong>de</strong>s Dienstverhältnisses sei<br />
das Guthaben auf die Deutsche Rentenversicherung<br />
Bund übertragbar. Die Insolvenzsicherung<br />
gestalte sich für <strong>de</strong>n<br />
kommunalen Betrieb weniger brisant, so<br />
Schimandl. Aufgesetzt wur<strong>de</strong> das Mo<strong>de</strong>ll<br />
<strong>mit</strong> einem externen Berater.<br />
Welches ein gangbarer Weg ist, <strong>de</strong>r die<br />
praktischen und gesetzlichen Hür<strong>de</strong>n<br />
überwin<strong>de</strong>t, muss je<strong>de</strong>s Unternehmen<br />
also – wie so oft – für sich selbst entschei<strong>de</strong>n.<br />
Die positiven Beispiele zeigen,<br />
dass das Lernzeitkonto als Instrument im<br />
lebenslangen Lernen durchaus nützlich<br />
sein kann. Schließlich ist es ein starkes<br />
Symbol, <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Unternehmen sich attraktiver<br />
machen und zeigen, dass ihnen<br />
an <strong>de</strong>r beständigen Fortbildung <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
gelegen ist – auch außerhalb <strong>de</strong>s<br />
Korsetts von Pflichtseminaren.<br />
Stefanie Heine<br />
04_2012 wirtschaft + weiterbildung 33